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Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou

Titel: Das marokkanische Mädchen. Ein Fall für Jacques Ricou
Autoren: Ulrich Wickert
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d’Arc« bis zum Bistro »La Petite Reine« waren es knapp fünfzehn Kilometer immer an der Seine entlang. Vierzig Minuten.
    Als Tagesziel hatte sich der Major die Gärten von Monet in Giverny vorgenommen, sie lagen noch weitere siebzig Kilometer entfernt. Er würde dort zu Mittag essen und wäre gegen sechs Uhr abends wieder im Hotel.
    Major Glen Stark, immer noch durchtrainiert aus seiner Zeit bei der Royal Air Force, leitete den Sicherheitsdienst der National Gallery in London, wo ihn eine große Ausstellung des französischen Landschaftsmalers Jean-Baptiste Corot ein Jahr zuvor so stark beeindruckt hatte, dass er seine heutige Strecke über die »Étangs de Corot« – über die Teiche von Ville-d’Avray – geplant hatte, die Corot so häufig gemalt hatte, dass sie auch seinen Namen trugen.
    »Da geht mein Weg auch lang«, sagte Monsieur Philippe und machte sich startklar. »Wollen wir zusammen fahren?«
    »Danke für die Einladung«, sagte Major Glen Stark, »aber ich will eben ein Glas Wasser trinken und mich für den Aufstieg ausruhen.«
    Bei seiner Aussage vor der Polizei gab er dann an, Monsieur Philippe sei wohl gegen Viertel vor neun losgefahren, fünfzehn Minuten vor ihm.

Die alte Waffe
    E ine Patrone hatte Gao Qiu in den Lauf geschoben. Das Achtermagazin steckte im Griff der Pistole. Zwei weitere Magazine lagen rechts und links in den Jackentaschen.
    Heute müsste er mit einem Magazin auskommen.
    Es ging ja nur um ein einziges Ziel.
    Bei diesem Auftrag hatte sich Gao Qiu für eine deutsche Luger P 06 entschieden. Die war 1929 in Bern für die Schweizer Armee in Lizenz hergestellt worden, die Eidgenossen wollten damals ihre Unabhängigkeit von Deutschland beweisen.
    Im Internet hatte er im Blog über die Luger P 06 folgenden Dialog gelesen: Carbone 14 schrieb: Super, du schießt damit? Wenn man von den Resultaten hört, sind die von guter Qualität.
    Bosco antwortete: Mit dem Ding machst du nur Zehner!
    Zehn Punkte zählt ein Treffer ins Herz der Zielscheibe.
    Von einem Auftragskiller erwartete man eine moderne Waffe, eine Heckler & Koch, eine Sig-Hämmerli, eine Walter PPK , eine Mauser oder eine Magnum, eine 9  mm Parabellum, Munition, die genau trifft und tötet, aber doch keine 7 , 65  Millimeter, wie seine Luger!
    Gao Qiu handelte bewusst anders als erwartet, weil er voraussah, welches Verhalten die Polizei einem Killer zuordnete. Wahrscheinlich würden die Ballistiker gar nicht herausfinden, womit er geschossen hatte. Und sollten sie es doch tun, würden sie sich sehr viele Fragen stellen. Wer schießt heute noch mit einer Pistole aus dem Jahr 1929 ?
    Außerdem würden sie über die Herkunft der Luger nie etwas erfahren, denn er setzte eine Waffe nur einmal pro Auftrag ein. Und die Herkunft war sowieso nicht nachzuverfolgen, weil er sich sein Gerät mal in Bulgarien, mal in Rumänien, manchmal sogar in Südamerika besorgte. Dazu kam, dass er erst zahlte, nachdem er mindestens vier Magazine auf eine Zehner-Ringscheibe abgefeuert hatte. Aus zehn Meter Entfernung. Mit keinem Schuss aus der Luger hatte er schlechter als die Acht geschossen.
    In Mladost, einem Stadtteil von Sofia, wo er mit dem Wagen hingefahren war, hatte Gao Qiu letzte Woche den Preis für diese Luger auf 370  Leva runtergehandelt und dann mit Euro gezahlt. Großzügig aufgerundet 200  €. Die beiden zusätzlichen Magazine forderte er vom Verkäufer kostenlos obendrauf.
    Gao Qiu schaute auf die Uhr.
    Kurz vor neun.
    Das Ziel würde mit einem großen alten Citroën kommen, hatte der Auftraggeber ihm durchgegeben. Zwischen den beiden Teichen würde der alte Citroën auf dem Waldweg nach oben fahren und an der kleinen Lichtung halten.
    Von hier aus fiel der Weg wieder ab in das Tal.
    Dort unten stand seine Vespa.
    Als Gao Qiu ein Auto den Weg entlangfahren hörte, warf er einen Blick in den Wald. Ein großer alter Citroën. Niemand sonst war zu sehen. Er versteckte sich hinter dem Stamm einer alten Buche und wartete. Das Motorengeräusch war jetzt ganz nah. Dann erstarb es.
    Eine Wagentür wurde geöffnet und fiel mit einem dumpfen Geräusch wieder zu.
    Im Kies hörte er Schritte. Dann war Ruhe.
    »Ist da jemand?«, rief Mohammed. »Hallo?«
    Eine kurze Pause. Die Stimme kam näher.
    »Monsieur? Ich bin’s, Mohammed!«
    Die Pistole mit ausgestrecktem Arm bereit zum Schuss, trat Gao Qiu hinter dem Baum hervor, wurde aber durch ein mechanisches Geräusch abgelenkt.
    Mohammed stand mitten auf dem Weg.
    Er schaute nach links den
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