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Das Maedchen und der Luegner

Das Maedchen und der Luegner

Titel: Das Maedchen und der Luegner
Autoren: Sophia Bjenlund
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liebte und mit dem sie zusammen alt werden wollte.
    Doch der Park lag gar nicht so verlassen da, wie sie gedacht hatte. Eine junge Frau, die sie noch nie zuvor hier gesehen hatte, saß auf einer der Bänke und blickte ihr erwartungsvoll entgegen. »Sie müssen Tanja sein«, grüßte sie freundlich, und in ihren grauen, stark geschminkten Augen blitzte es. »Möchten Sie sich eine Weile zu mir setzen?«
    Tanja hätte am liebsten abgelehnt, doch die Frau hatte ein so selbstsicheres Auftreten, dass sie es nicht wagte, die Einladung abzulehnen. Nach einem kurzen Gruß ließ sie sich auf der Bank nieder. »Ich habe Sie hier noch nicht gesehen«, sprach sie ihre Gedanken laut aus. »Wer sind Sie?«
    »Oh, hat Severin noch nicht von mir gesprochen?«
    »Sollte er?«
    »Ich hätte ihm wichtig genug sein müssen, um Ihnen von mir zu erzählen«, antwortete die Frau. »Übrigens, mein Name ist Gloria von Borgsen. Ich bin Severin von Tarltons Verlobte.«
    Sie streckte Tanja die Hand, hin, auf der ein Brillantring funkelte. »Sie sind Tanja, Lavinias Gesellschafterin, nicht wahr?« Severin hat mir von Ihnen erzählt.«
    Tanja lächelte höflich und ergriff die Hand der fremden Frau. Die Vorstellung, dass ihr unbekannter Arbeitgeber und diese fremde Frau ebenfalls auf Gut Dreieichen leben würden, trübte Tanjas Freude ein wenig.
    Diese Gloria von Borgsen war ihr jedenfalls auf Anhieb unsympathisch. Doch das zeigte Tanja ihr natürlich nicht. Immerhin würde sie eines Tages die Ehefrau ihres Arbeitgebers sein. »Bis jetzt hatte ich noch nicht das Vergnügen, Herrn von Tarlton persönlich kennenzulernen«, antwortete sie wahrheitsgetreu.
    »Das gibt es doch nicht!« Gloria begann zu lachen. »Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Das kleine Spielchen, das mein Verlobter so gern zu spielen pflegt. Es ist ein regelrechter Sport für ihn. Er gibt sich als Gärtner aus, um die Leute besser beobachten zu können. Es ist nicht das erste Mal, dass er mit jemandem auf diese Weise seinen Schabernack treibt. Das dürfen Sie nicht so tragisch nehmen. Er meint es ganz bestimmt nicht böse, und ich weiß, dass er mit Ihnen hoch zufrieden ist. Lavinia ist jedenfalls ganz vernarrt in Sie. Sie können sich etwas darauf einbilden, Tanja. Ich darf Sie doch so nennen, nicht wahr? Schließlich werden wir ja bald unter einem Dach leben.«
    Im ersten Augenblick glaubte Tanja, sich verhört zu haben. Dann jedoch wurde das Bild vor ihrem geistigen Auge immer klarer. Severin von Tarlton und der Gärtner, in den si e sich verliebt hatte, waren ein- und dieselbe Person! Also hatte Severin die ganze Zeit mit ihr und mit ihren Gefühlen nur gespielt. Er hatte ihr eine Liebe vorgeheuchelt und sich insgeheim über sie amüsiert.
    Die junge Frau überlegte fieberhaft, wie sie sich verhalten sollte. Sie wollte nicht, dass diese Gloria merkte, wie sehr sie das alles getroffen hatte. Hastig erhob sie sich. »Ich wußte wirklich nicht, dass der Gärtner und der Besitzer von Dreieichen eins sind.« Sie rang sich ein Lachen ab. »Doch es ist ihm ausgezeichnet gelungen, mich hinters Licht zu führen. Jetzt bin ich froh, dass Sie mir die Wahrheit gesagt haben. Ich mag es nicht sonderlich, wenn man sich hinter meinem Rücken über mich amüsiert. Sie entschuldigen mich?« Hoch erhobenen Hauptes ging Tanja zum Haus zurück.
    Sie fühlte Glorias Blicke in ihrem Rücken, doch sie drehte sich nicht mehr um. Dann sah sie Severin au s dem Pferdestall herauskommen. Vor Entsetzen hätte sie am liebsten kehrt gemacht und wäre davongerannt, doch das durfte sie nicht. Nein, sie wollte nicht das Gesicht verlieren.
    Das einzige, was sie jetzt noch tun konnte war, ihre Sachen zu packen und so schnell wie möglich abzureisen. Sie wollte niemandem mehr begegnen. Nur von Lavinia würde sie sich verabschieden. Die alte Frau war ihr ans Herz gewachsen wie eine eigene Großmutter.
    Vor Tränen blind stolperte die junge Frau über die Schwelle und wäre fast gestürzt, wäre Berta nicht zufällig in der Halle gewesen, um Staub zu wischen.
    Im letzten Moment konnte die mütterliche Frau Tanja auffangen. »Was ist denn, Mädchen? Sie sehen aus, als wäre Ihnen der Leibhaftige begegnet.«
    Tanja schluchzte verhalten auf. »Es ist alles so furchtbar, so schrecklich!« flüsterte sie.
    »Sie sind Gloria begegnet, nicht wahr? Was hat diese Frau denn wieder angerichtet?« Ehrlich Sorge schwang in den Worten der Hausfrau wider. Sie kannte Glorias böse Zunge nur zu gut, war auch schon des
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