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Das Maedchen und der Luegner

Das Maedchen und der Luegner

Titel: Das Maedchen und der Luegner
Autoren: Sophia Bjenlund
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ahnte und was während des eben stattgefundenen Gesprächs noch hinzugekommen war.
    » Du machst mir Angst, Lavinia. Ich hab das Gefühl, du kannst nicht nur Gedanken lesen sondern auch in die Zukunft sehen. Dann sag mir, wie es weitergeht . «
    Die alte Dame schmunzelte. »Da hat das Schicksal doch wieder einmal die Weichen gestellt. Man sollte es nicht für möglich halten. Es kommt stets so, wie es kommen muss. Da kann man sich wehren dagegen, kann planen, Entscheidungen treffen, und doch kommt es ganz anders, wenn es einem so nicht bestimmt ist.«
    »Wie recht du hast , Lavinia.« Severin seufzte unglücklich auf. »Wenn ich nur wüsste, ob mir eine Zukunft mit Tanja bestimmt ist oder eine mit Gloria. Die zweite Möglichkeit wäre entsetzlich!« Er zog eine Grimasse. »Stell dir nur vor: Gloria, du und ich zusammen in diesem Haus. Gloria wäre immer dabei. Eine furchtbare Vorstellung.« Er schüttelte sich.
    »Ich weiß noch, wie froh wir waren, als sie endlich ihren letzten Besuch beendete. Ich war richtig glücklich, während ich ihre Koffer im Auto verstaute. Und jetzt will sie schon wiederkommen. Himmel!« Er schlug sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Und diese Frau wollte ich heiraten? Wo habe ich nur meinen Verstand gehabt?«
    »Es bringt nichts, wenn du dich jetzt mit sinnlosen Fragen herumquälst«, sagte Lavinia nüchtern. »Überlege lieber, wie du alles wieder zurechtbiegen willst. Es ist jetzt höchste Zeit dazu. Immerhin ist Gloria im Augenblick noch überzeugt davon, dass ihr beiden heiraten werdet. Auch wenn ich sie nicht sonderlich leiden kann, so hat sie doch ein Recht darauf, dass du ihr die Wahrheit sagst.«
    »Jetzt ist Tanja im Haus.« Severin wandte si ch vom Fenster ab. »Ich werde rasch nach unten gehen und nachsehen, ob ich ihr helfen kann.« Er wartete gar nicht die Antwort seiner Großmutter ab.
    Tanja war wieder da, und mit ihr war auch die Freude wieder auf Gut Dreieichen eingekehrt. Sie war kaum drei Stunden weg gewesen, und doch war e s Severin vorgekommen wie eine kleine Ewigkeit.
    Wenn er sich vorstellte, dass sie ihn vielleicht für immer verließ, wenn sie seine wahre Identität kannte, dann wurde ihm der Hals eng. So etwas durfte niemals geschehen. Er musste einen Weg finden, um ihr schonend seine sinnlose Lügerei zu beichten.
    »Geh nur, Junge. Ich werde eine Weile ruhen, und vielleicht wird es ja heute Nachmittag wieder ein wenig besser, so dass ich mit Tanja eine Weile in den Park kann. Mit zunehmendem Alter wird man immer bescheidener, was die Unterhaltung anbetrifft.« Lavinia lächelte und gähnte dann hinter vorgehaltener Hand.
    Severi n hauchte seiner Großmutter einen liebevollen Kuss auf die Wange, dann stürmte er nach draußen. Gerade rechtzeitig, um Tanja noch abzufangen, ehe sie ihre kleine Wohnung betrat. »Da sind Sie ja wieder«, begrüßte er sie überschwänglich. »Ich habe schon gedacht, Sie würden gar nicht mehr wiederkommen.«
    Überrascht blickte die junge Frau ihn an. Eine sanfte Röte überzog ihr Gesicht. »Haben Sie mich etwa vermisst?« fragte sie und blickte ihn hoffnungsvoll an.
    Der Mann nickte. »Sehr sogar. Der Himmel war so dunkel wie kurz vor dem Weltuntergang«, gestand er leise und lächelte dabei, obwohl seine Augen ernst blieben.
    Ein wenig verlegen öffnete die junge Frau die Tür zu ihrer Wohnung. »Möchten Sie hereinkommen? Ich sollte meinen Einkauf verstauen, sonst taut mir das Gefrorene auf, und Sie haben, scheint mir, das Bedürfnis nach einer Unterhaltung. Kann das sein?«
    Der Mann nickte ein wenig verlegen. Er musste wieder daran denken, was seine Großmutter zu ihm gesagt hatte. »Mach Nägel mit Köpfen, Junge.«
    Und genau das wollte er jetzt tun. »Seit Sie hier sind, Tanja«, begann er zögernd, »kann ich an nichts anderes mehr denken als an Sie. Tagsüber, wenn ich arbeite, sehe ich Ihr Gesicht vor mir, und nachts geistern Sie durch meine Träume.«
    Verlegen schob er die Hände in die Hosentasche. Dabei hielt er hartnäckig den Blick gesenkt. »Ich glaube, ich habe mich in Sie verliebt. Eigentlich dürfte ich das gar nicht sagen, aber ...
    »Sprechen Sie weiter, Severin. Ich erteile Ihnen hiermit die Erlaubnis,« versuchte sie einen Scherz, um die Spannung, die mit einem Mal in der Luft lag, etwas zu mildern. Tanja stellte ihre beiden Taschen achtlos hin und versuchte dann, in Severins Gesicht zu lesen, doch es gelang ihr nicht, denn noch immer blickte er starr zu Boden.
    »Ist es wirkl ich wahr, was Sie sagen?
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