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Das Maedchen und der Luegner

Das Maedchen und der Luegner

Titel: Das Maedchen und der Luegner
Autoren: Sophia Bjenlund
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zu sehen war. »Wie lange wirst du bleiben?«
    »Das ist aber einmal ein frostiger Empfang«, spöttelte Gloria. »Mir scheint , du bist nicht sehr erfreut darüber, dass ich komme.«
    »Du hast mein Verhalten ganz falsch interpretiert. Ich bin lediglich überrascht. Außerdem habe ich in der nächsten Zeit eine Menge zu tun. Ich denke, du wirst dich sehr langweilen, Gloria. Vielleicht solltest du deinen Besuch auf einen anderen Zeitpunkt verlegen.«
    »Besuch? Ich höre immer nur Besuch. Eigentlich dachte ich ja, dass ich hier so gut wie zu Hause bin, oder sollte ich mich da geirrt haben?«
    »Ich habe mit dir zu reden, Gloria«, begann Severin. »Vielleicht ist es ganz gut, dass du jetzt da bist. Natürlich habe ich nichts dagegen, wenn du hier eine Zeitlang wohnen bleibst, aber ...
    »Aber?« Gloria f urchte die Stirn. »Ich hab das Gefühl, dass sich während meiner Abwesenheit hier eine
    Menge getan hat. Sag bloß nicht, du hast dich in eine andere Frau verliebt. Du weißt, ich würde jeder Rivalin die Augen auskratzen.« Sie lachte hell auf, doch ihr Blick signalisierte, dass sie es ehrlich meinte.
    »Gloria, bitte, ich ...
    »Du brauch st dich gar nicht so zu winden, mein Lieber. Ich erwarte, dass du deine Karten offen auf den Tisch legst. Außerdem hast du mir bis jetzt noch keinen Begrüßungskuss gegeben. Wie wäre es, wenn du ihn jetzt nachholst?«
    »Nich t, Gloria. Das stimmt schon, es hat sich eine Menge geändert während deiner Abwesenheit. Überhaupt hast du mit allem Recht. Ich will nur nicht hier draußen mit dir über dieses Thema sprechen. Lass uns unsere Unterhaltung drinnen fortsetzen. Ich will mir nur rasch die Hände waschen und mich umziehen. Vielleicht kannst du ja einstweilen in den Wintergarten gehen. Ich habe einige neue Kakteen erstanden, die dich sicherlich interessieren könnten.«
    »Im Augenblick interessiert mich etwas ganz anderes. Ich hoffe nur, wir werden rasch auf einen gemeinsamen Nenner kommen. Ich habe nämlich nicht vor, mich so leicht geschlagen zu geben. Wo hast du dieses Pflänzchen denn aufgegabelt?«
    »Hör bitte auf, so abfällig über jemanden zu sprechen, den du gar nicht kennst«, bat Severin, mühsam beherrscht.
    »Also gibt es sie.« Gloria lächelte boshaft. »Ich habe dir gesagt, mein Lieber, dass ich mich nicht so einfach verdrängen lasse. Bitte richte dich danach. Und beeil dich. Du weißt, dass ich nicht gerade die Geduld in Person bin.«
    Severin zwang sich zur Ruhe, während er in seinem kleinen Badezimmer stand und sich die Hände gründlich abseifte. So lange hatte er dazu no ch nie gebraucht, doch er brauchte diesen kleinen Aufschub, um erst wieder zu sich selbst zu finden. Wieder stellte er fest, dass er mit seiner Entscheidung viel zu lange gezögert hatte. Dass Gloria ausgerechnet heute aufgetaucht war, hatte ihm einen regelrechten Schlag versetzt. Instinktiv ahnte er, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war, an dem der ganze Schwindel auffliegen würde.
    Wenig später ging er mit gemischten Gefühlen in den Wintergarten, um mit Gloria zu reden. Vorher noch hatte er Berta gefragt, wo sich seine Großmutter und Tanja befanden, und Berta hatte ihm geantwortet, dass Lavinia schlief und Tanja sich in ihre eigenen Räume zurückgezogen hatte, um ein wenig zu lesen.
    Darüber war Severin sehr erleichtert, denn so brauch te er nicht fürchten, dass ihm die geliebte Frau unerwartet über den Weg laufen würde. Bevor er mit Tanja redete, musste er zunächst mit Gloria alles ins Reine bringen.
    Als er den Wintergarten betrat, kam eine seltsam veränderte Gloria von Borgsen auf ihn zu. »Ich bin so froh, dass ich dich wiedersehe, Severin. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr du mir gefehlt hast.« Ihre Stimme klang honigsüß.
    Severin schüttelte sich innerlich. »Was soll das, Gloria? Vorhin noch hatte es den Anschein, du hättest verstanden, weshalb ich mit dir reden will. Mach es mir nicht schwerer, als es ohnehin ist. Du hattest recht, ich habe eine andere Frau kennengelernt, und ich gedenke sie zu heiraten.«
    Er dachte an die Ringe, die er heute in der Stadt erstanden hatte. Eigentlich hatte er Tanja heute Abend bei Kerzenschein das kleine Kästchen überreichen wollen.
    Zum ersten Mal in seinem Leben liebte er. Ja, er liebte wirklich. Dieses Gefühl hatte er bis jetzt nicht gekannt, und es war so groß und unendlich in ihm, dass ihm manchmal fast die Luft wegblieb, wenn er darüber nachdachte. Das mit Gloria, das sah er inzwischen ein, war ein
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