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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman
Autoren: Sophie Benning
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Hände an den Hosenbeinen ab und glotzte erneut auf die Frage.
    Bummbumm-bummbumm ...
    »Ich will mal ganz ehrlich sein«, versuchte ich, mich stotternd aus der Affäre zu ziehen. »Ich habe keine Ahnung!«
    Ungerührt schüttelte mein Gegenüber den Kopf. »Das stimmt nicht, Charlotte. Sie wissen ganz genau, was Sie wollen. Nur wenn Sie Farbe bekennen, bekommen Sie das Geld.«
    Ich überlegte fieberhaft. »Ich habe doch noch einen Joker, oder?«
    »Für diese Frage brauchen Sie keinen Joker, Charlotte.«
    Ich blickte ein weiteres Mal zu meinen Eltern. Sie strahlten um die Wette. Krause streckte den rechten Daumen in die Luft.
    »Ich entscheide mich für ... «, begann ich. »Ich ... «
    Bummbumm-bummbumm ... Bummbumm-bummbumm ...
    »Meine Tochter wird eine berühmte Professorin für Marketing mit drei wunderbaren Kindern!«, schrie meine Mutter plötzlich. »Und nun geben Sie ihr endlich das Geld!« Sie wollte auf mich zu-rennen, aber ein Sicherheitsmann hielt sie zurück.
    »Stimmt das? Charlotte?« Der Quizmaster ließ sich nicht von ihrem Geschrei beeindrucken, sondern sah mir tief in die Augen.
    »Nein«, stotterte ich. »Ich meine natürlich ja, ich wollte ...« Weiter kam ich nicht, denn im Studio brach Tumult aus. Die Leute verließen ihre Plätze und rannten wütend auf mich zu. Ich riss den Mund auf und schrie – bis ich schweißgebadet aufwachte.
    Es dauerte eine Weile, bis ich mich von diesem Horrorszenario erholt und mein Herzschlag sich normalisiert hatte.
    Ich rieb mir die Augen und sah mich vorsichtshalber im Schlafzimmer um: Viele Kisten, aber weit und breit kein Quizmaster und auch diese Herzfrequenz war nicht mehr zu hören. So weit alles in Ordnung.
    Was ich aber gar nicht in Ordnung fand, war die Tatsache, dass meine Mutter nun schon im Traum anfing, sich in mein Leben einzumischen.
    Während des Examens hatte ich Ruhe vor ihr gehabt, aber die Schonzeit war anscheinend vorbei. Ab sofort würde sie wieder alles daran setzen, mich mit einem repräsentativen Mitglied des männlichen Geschlechts zu verkuppeln.
    Bei meinem letzten Freund war sie mit diesem Vorhaben ziemlich weit gekommen. Ich hatte Julian auf einer Party bei meiner Schwester kennengelernt. Ein hübscher Jurist, den Theresa angeblich vom Studium her kannte und es fing vielversprechend an. Julian war sehr charmant. Er las mir jeden Wunsch von den Lippen ab, kannte meine Lieblingsfilme, hatte genau die Bücher gelesen, die ich neben dem Bett liegen hatte und auch im Bett war es wunderbar mit ihm.
    Meine vorherigen Freunde waren ziemlich enttäuschend gewesen, aber schon nach der ersten Nacht mit ihm war ich der Meinung, einem Märchenprinzen begegnet zu sein und glaubte an eine kosmische Fügung.
    Nach drei Monaten musste ich leider feststellen, dass der Kosmos mich verarscht hatte und Julian sich weder etwas aus Büchern, noch aus Kinofilmen machte, sondern genauestens von meiner Mutter gebrieft worden war.
    Sie wollte einen vorzeigbaren Schwiegersohn und Julian eine nette, nicht komplett beschränkte Frau, die in der Lage war, hin und wieder in der Kanzlei auszuhelfen, ansonsten aber brav zu Hause saß und seine Kinder erzog. Für meine Mutter und ihn wäre es der perfekte Deal gewesen.
    Ich gab Julian den Laufpass und geigte meiner Mutter wütend die Meinung, was unsere Kommunikation für einen Monat unterbrach, bis sie mir hoch und heilig versprach, sich künftig aus meinem Leben herauszuhalten.
    Aber nun war das Haltbarkeitsdatum dieses Versprechens wohl überschritten und der Spuk ging von vorne los.
    Vor Kurzem war sie mit dieser neuen Wohnung angekommen und hatte gefragt, ob es nach dem Studium nicht an der Zeit sei, meine »Studentenbude« aufzugeben. Keine Ahnung, ob sie überhaupt wusste, was man darunter versteht.
    In dem Viertel, wo ich jetzt wohnte, war alles ordentlich und anonym. Die Grünanlagen wurden wöchentlich gepflegt, die Autos geputzt und meine Nachbarn waren grundsolide Menschen aus der gehobenen Mittelschicht, die jeden Tag zur Arbeit gingen und an den Wochenenden ihre Ruhe haben wollten. Man begegnete sich ab und zu im Treppenhaus, grüßte freundlich und nahm auch mal ein Paket für jemanden in Empfang, aber das war dann auch schon das Höchste der Gefühle. Es gab keine wilden Partys bis in die Morgenstunden und keine Drogen. Nur ab und zu ein gepflegtes Feierabendbierchen für ihn und ein Gläschen halbtrockenen Weißwein für sie.
    Aber was hatte ich gemacht? Natürlich hatte ich mir die Wohnung brav
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