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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman
Autoren: Sophie Benning
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Schreibversuche unternommen?
    »Weil wir Wert darauf legen, dass du etwas Ordentliches lernst. Etwas, das Zukunft hat!«
    Der Mann, bei dem meine berufliche Zukunft demnächst ihren Lauf nehmen würde, hatte vor lauter Gequatsche mit meinen Eltern das miesepetrige Gesicht seines Mitarbeiters noch nicht bemerkt. Er verkündete, dass Elfriedes Lammbraten der Beste! Weit! Und! Breit! war.
    »Essen Sie, Wiedemeier«, rief Krause. Seine Wangen leuchteten, vom Wein befeuert, jetzt im herrlichen Burgunderrot. »Essen Sie und genießen Sie das Leben!«
    Daniel verzog säuerlich das Gesicht. Ob er das im Bett auch so machen würde? Die Idee, Sex mit ihm zu haben, erschien mir auf einmal ziemlich absurd.
    »Ja, es geht nichts über ein gutes Essen und einen edlen Tropfen, Helmut«, bestätigte mein Vater. »Herr Wiedemeier, Sie haben ja nur Wasser im Glas! So geht das nicht. Wir wollen doch noch auf Charlottes Examen anstoßen. Mit Wasser bringt das Unglück!«
    Bevor Daniel bis drei zählen konnte, hatte mein Vater ihm ein großes Glas Rotwein hingestellt und hob das eigene. »Jawohl! Auf Charlotte. Und auf ihren erfolgreichen Berufsstart!«
    Als Elfriede mit einer reich bestückten Käseplatte ins Esszimmer kam, sackte Daniel förmlich in sich zusammen. Wenn ich die geflüsterten Erklärungen richtig deutete, waren tierische Fette der ultimative Overkill für seinen Verdauungstrakt. Und Käse am Abend wäre nur noch zu toppen von einer Salamipizza. Die würde ihm, ratzfatz, alle Mineralstoffe aus dem Körper entziehen.
    Zum Glück dudelte in diesem Augenblick mein Handy los.
    »Ja, Charli«, meldete ich mich.
    Meine Mutter verdrehte die Augen und ich verschwand mit einer entschuldigenden Geste auf die Terrasse.
    »Was ist passiert?«, fragte ich, als mich niemand mehr hören konnte.
    »Nur wer die Sehnsucht kennt, weiß, wie ich leide«, sagte meine Freundin Luise mit Grabesstimme.
    »Komm, Süße«, versuchte ich sie aufzumuntern. »Die letzten Wochen ohne ihn wirst du auch noch rumkriegen.«
    »Das sagst du so einfach«, seufzte sie. »Christian hat mir heute Nachmittag gemailt, dass sein Vertrag um drei Monate verlängert wird und ich drehe voll am Rad!«
    »Oh nein, du Arme!«
    Luises Freund war Biologe und seit zwei Monaten auf Feldforschung auf einer schottischen Insel weit draußen im atlantischen Ozean. Und bei Luise herrschte akuter Notstand. Gestern hatte sie mir erzählt, sie wäre kurz davor, sich am Briefträger zu vergreifen.
    »Warum besuchst du Christian nicht?«
    »Charli, um diesen verdammten Ort zu erreichen, brauche ich Tage! Außerdem müsste ich jemanden organisieren, der sich um Dr. Oetker kümmert und in der Zeit meinen Garderobenjob übernimmt.«
    Luise hatte alles Mögliche studiert und nie einen Abschluss gemacht. Sie jobbte abends als Garderobiere im Opernhaus. Und tagsüber saß sie meistens am Computer und schrieb einen Roman. Aber daraus machte sie ein großes Geheimnis. Weder Marie noch ich hatten bisher eine Zeile davon lesen dürfen.
    »Luise!«, rief jemand im Hintergrund. Anscheinend war sie auch jetzt gerade im Opernhaus. Kurz darauf meldete sie sich zurück.
    »Bin wieder da. Meine Kollegin hatte eine Frage zu ihrem Kreuzworträtsel: Festgesetzte Anteile mit sechs Buchstaben. Hast du eine Ahnung, was das sein könnte?«
    »Quoten?«, tippte ich.
    Ich hörte, wie Luise meinen Vorschlag weitergab und gleich darauf einen begeisterten Ausruf.
    »Du hast Mechthilds Abend gerettet«, sagte sie. »Wo waren wir stehen geblieben?«
    »Bei deinem unerreichbaren Schatz.«
    Wieder gab Luise einen dramatischen Seufzer von sich. »Ich weiß echt nicht, was ich machen soll.« Und etwas leiser: »Beatles.«
    »Was?«
    »Legendäre Popband aus Liverpool mit sieben Buchstaben, dritter Buchstabe ein A.«
    »Ich habe jetzt keine Zeit mehr«, sagte ich. »Ich bin gerade bei meinen Eltern zum Essen und meine Mutter macht mir dauernd Zeichen, dass ich wieder hereinkommen soll. Sie hat den alten Krause und einen seiner Angestellten eingeladen. Der Typ ist äußerlich ein echter Hottie ...«
    »Na, dann aber husch!«, rief Luise. »Nichts wie rein und losgebaggert. Es ist doch Jahrzehnte her, dass du einen Kerl im Bett hattest. Oder hast du mir in der Zwischenzeit einen verschwiegen?«
    »Zehn Monate sind kein Jahrzehnt«, sagte ich beleidigt.
    »Also, ich wäre schon tot.« Luise lachte. »Also sieh zu, dass du dein Sex-Konto wieder in die grünen Zahlen bringst. Das soll sehr gesund sein, habe ich
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