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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman
Autoren: Sophie Benning
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Locken würden meine Wange streifen, wenn er in meine Computertastatur griff...
    »Charlotte Bruckmann?«
    Diese bescheuerte Frage riss mich aus meinen Tagträumen und ließ mich auch gleich an seinem IQ zweifeln, denn Krause hatte meinen Namen schließlich laut herumposaunt. Aber ich wollte ihm eine Chance geben, daher nickte ich freundlich.
    »Daniel Wiedemeier«, stellte er sich vor. Eine gepflegte Hand schüttelte die meine.
    »Mir kommt die schöne Aufgabe zu, Ihnen in der Firma helfend zur Seite zu stehen.«
    A-ha! Schlagartig erwachte meine gute Laune aus ihrem Schönheitsschlaf. Anscheinend war die Entscheidung für die elterlich vorgesehene Karriere doch nicht so falsch, wie sie sich in letzter Zeit angefühlt hatte. Dieser Daniel sah so gut aus, wie Krause es von sich selbst gerne glauben wollte, und machte auch einen ziemlich zuverlässigen Eindruck. Und meinen Eltern brauchte ich ihn auch nicht mehr vorzustellen.
    Elfriede, unsere Köchin, stellte ein paar Platten mit leckeren Crostini auf den Gartentisch. Ich langte beherzt zu und Daniel brachte mir ein Glas Champagner.
    »Sind Sie schon lange bei Dr. Krause angestellt?«, fragte ich ihn.
    »Seit drei Jahren«, sagte er. »Wir haben ein sehr angenehmes Geschäftsklima, das wird Ihnen gefallen.«
    Er schwafelte von irgendwelchen Projekten, aber ich hörte nicht richtig zu. Wie er wohl mit nacktem Oberkörper aussah? Anscheinend blieb ihm neben der vielen Arbeit noch genügend Zeit für das Fitnesscenter, denn sein Hemd spannte über einer ausgeprägten Brustmuskulatur. Meine Knie wurden weich, als ich mir vorstellte, wie ich ihm langsam die Krawatte vom Hals ziehen und dann einen Hemdknopf nach dem anderen öffnen würde. Einen nach dem anderen. Immer. Tiefer. Und tie...
    »Ich habe gehört, Sie nehmen sich noch ein paar Wochen Auszeit?«
    Die Frage brachte mich in die Gegenwart zurück.
    »Unbedingt«, sagte ich und nahm zur Beruhigung einen großen Schluck Champagner. »Im Augenblick werde ich schon nervös, wenn ich das Wort Projekt höre.«
    Er lachte. »Ach, das wird sich wieder geben. Ich freue mich jedenfalls schon auf die Zusammenarbeit mit Ihnen.«
    Zusammenarbeit. Vielleicht auch unter dem Schreibtisch? Nach Feierabend ...
    »Ich freue mich auch darauf«, sagte ich und das war kein bisschen gelogen.
    Kaum saßen wir zu Tisch, begann Helmut Krause von seinen neuesten Begegnungen mit Ganz! Wichtigen! Menschen! zu erzählen. Dieses Mal war es eine Unglaublich! Tolle! Marketingfachfrau aus New York, die ihm bestätigt hatte, dass er mit seiner Firma auf dem Gold! Richtigen! Weg war.
    Er wurde nicht müde zu wiederholen, wie großartig diese Frau doch ausgesehen hatte. Und wie intelligent sie trotzdem gewesen war.
    Diese beknackten Sprüche werde ich nun ein ganzes Jahr erdulden müssen, dachte ich. Zum Glück wurde in diesem Moment der erste Gang aufgetragen und Krause verstummte.
    Die Vorspeise war ein köstlicher Spargelsalat mit Himbeervinaigrette. Während ich mit Genuss aß, beobachtete ich Daniel Wiedemeier, der die grünen und weißen Spargelstücke auf seinem Teller von links nach rechts schob. Nachdem er sie der Größe nach verteilt hatte, machte er sich daran, ein neues Muster zu legen.
    »Mögen Sie keinen Spargel?«
    »Doch ... « Er stierte auf die Gemüseanordnung vor sich.
    »Aber?«
    »Ich leide unter einer Essigunverträglichkeit.«
    »Ach herrje! Und wie äußert sich das?«
    »Ausschlag«, murmelte er.
    Ich nickte mitfühlend, fragte jedoch nicht weiter nach. Ich wollte auf keinen Fall die ganze Leidensgeschichte hören und schon gar nicht wissen, wo sich die Pusteln bildeten und wie sie nach einer gewissen Zeit zu nässen und zu jucken begannen. Diesen Fehler hatte ich einmal bei einem Empfang gemacht, als ich mich im Gespräch mit einer Kollegin meiner Mutter nichts ahnend nach ihrem Ekzem erkundigt hatte. Die detaillierten Schilderungen waren schrecklich gewesen und ich hatte anschließend noch nächtelang von eiternden Hautflächen geträumt.
    »Das tut mir aber leid für Sie«, sagte ich. Stimmte auch.
    »Aber Ihnen schmeckt es, oder?« Er schenkte mir ein strahlendes Lächeln, bei dem er nette Fältchen um die Augen bekam.
    »Oh ja«, sagte ich. »Ich esse für mein Leben gern!«
    Nicht zuletzt, weil ich an gutes Essen so einfach herankam, ganz im Gegensatz zu attraktiven Sexpartnern.
    »Das sieht man Ihnen aber nicht an«, sagte Daniel.
    »Wie bitte?« Dass ich schon lange keinen Sex mehr hatte?
    »Dass Sie so gerne essen.
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