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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman
Autoren: Sophie Benning
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hängt.«
    »Darüber kann sie doch entscheiden, wenn sie eingezogen ist«, sagte meine Mutter streng. »Elfriede hat extra Mousse au Chocolat für dich gemacht.«
    Mir lief das Wasser im Mund zusammen. Aber es gab kein Zurück. Neben Azidose-Daniel hielt ich es einfach nicht länger aus!
    »Wenn man etwas vereinbart hat, muss man sich auch daran halten«, half mein Vater mir unerwartet. »Elfriede kann ihr sicher etwas mitgeben.«
    »Genau.« Erleichtert winkte ich in die Runde. »Es tut mir wirklich sehr leid, aber wir sehen uns ja bald öfter.«
    In diesem Augenblick wurde mir schlagartig bewusst, dass das keine Floskel war. Bald würde ich an fünf oder gar sechs Tagen in der Woche mit Krause und Wiedemeier im selben Büro sein. Acht Stunden täglich.
    Eine grässliche Vorstellung.
    Meine Mutter begleitete mich zur Tür. »Das war wirklich ungeschickt von dir«, sagte sie in bekanntem vorwurfsvollem Ton. »Wo Herr Wiedemeier dich so gerne etwas näher kennenlernen wollte.«
    Ich kannte meine Mutter und bezweifelte daher stark, dass die Initiative von ihm ausgegangen war.
    »Ist er nicht ein entzückender Kollege?«
    »Wenn du seine Krankheitsgeschichten kennen würdest, wärst du weit weniger entzückt«, sagte ich, während ich in meiner Handtasche einen Platz für die Tupperwaredose mit der Mousse suchte.
    »Ich finde ihn sehr charmant.« Meine Mutter war stur wie immer, wenn sie etwas im Visier hatte. »Und sehr kultiviert.«
    »Er hat eine Essigallergie.«
    »Das haben mehr Leute, als du glaubst. Er ist ein richtiger Überflieger, sagt Helmut.«
    »Aber die Kombi von Eiweiß und Kohlehydraten bringt ihn an den Rand des Todes.« Endlich hatte ich den Behälter zwischen Schuhe und Jeans geklemmt und betete, dass nichts auslaufen würde.
    »Er hat ein ausgezeichnetes Examen gemacht und eine vielversprechende Zukunft vor sich!« Meine Mutter war nun richtig in Fahrt.
    »Das glaube ich dir gerne. Aber die meiste Zeit dieser Zukunft wird er in diversen Kliniken und Spezialeinrichtungen verbringen.«
    »Helmut Krause liebt ihn.«
    »Die Chefärzte werden ihn auch lieben, Mama. Aber bei mir wird es wohl keine Entwicklung in diese Richtung geben.«
    »Man darf seine Mitmenschen nicht ablehnen, nur weil sie ein paar harmlose Wehwehchen haben!«
    Wehwehchen? Hallo?
    »Mam, dieser Mann hat mehr Beschwerden, als in einem medizinischen Wörterbuch aufgelistet sind. Wenn er die vierzig schafft, darf er froh sein!«
    Meine Mutter ließ einen dramatischen Seufzer los. »Wenn du nicht bald auf dem Boden der Tatsachen landest, wirst du nie einen Mann finden, Charlotte. In einer Partnerschaft muss man Kompromisse machen!«
    Nun, wenn diese Kompromisse darin bestünden, dass ich Krankenschwester spielte, würde ich lieber noch eine Weile auf eine Beziehung mit einem Mann aus Fleisch und Blut verzichten und mir stattdessen ein paar schöne Träume gönnen.

2
    »So ... Und nun zur letzten Frage. Sind Sie bereit, Charlotte?« Der Quizmaster sah mich erwartungsvoll an.
Meine Hände wurden feucht und mein Deo hatte längst versagt. Wenn ich diese Frage richtig beantwortete, war ich um eine Million reicher. Eine Million!
    Ich holte tief Luft und schaute kurz zu meinen Eltern, die zusammen mit Dr. Krause und Daniel Wiedemeier in der ersten Reihe saßen.
    Bisher hatte ich unverschämtes Glück gehabt und alle Fragen gelöst. Hatte gewusst, dass das Horn von Afrika eine Halbinsel ist, das Orchester sich während einer Opernaufführung im Graben befindet und richtig geraten, dass der Buddhismus keine Schutzengel kennt.
    Ich nickte ihm zu. Ja, ich war bereit. Bereit, das Geld einzusacken und dann sofort zu Krause zu stiefeln und ihm zu erklären, dass er mich mal gernhaben konnte.
    Im Hintergrund hörte ich den sonoren Ton, der von einem regelmäßigem Bummbumm-bummbumm überlagert wurde. Wie eine überlaute, ruhige Herzfrequenz. Mein eigenes Herz schlug mir währenddessen bis zum Hals, und ich spürte, wie sich Schweißtropfen auf meiner Stirn bildeten.
    Das Licht wurde gedämmt und der Quizmaster räusperte sich.
    »Die letzte Frage lautet: Was wollen Sie wirklich werden, Charlotte:
Marketingfachfrau
Mutter von drei Kindern
Professorin für Betriebswirtschaft oder
Autorin.«
    Völlig verwirrt starrte ich auf den Bildschirm vor mir.
    Bummbumm-bummbumm ...
    »Sind Sie sicher, dass diese Frage hierher gehört?«, stammelte ich.
    Der Mann sah mich mit ausdruckslosem Gesicht an. »A, B, C oder D?«
    Bummbumm-bummbumm ...
    Ich wischte meine
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