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Das Katastrophenprinzip.

Das Katastrophenprinzip.

Titel: Das Katastrophenprinzip.
Autoren: Stanislaw Lem
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Ereignis entstehen usw., dann wird, wie man sieht, eine Gewißheit, dieüber den Bereich der Wahrscheinlichkeiten hinausgeht, zu einer Unbekannten, über die man lediglich noch sagen kann, daß »etwas überaus Sonderbares geschehen ist«.
    Deshalb sagte ich zu Anfang, daß die Welt eine Anhäufung von zufälligen Katastrophen sei, die von strengen Gesetzen bestimmt sind.
    Die Frage, wie oft im Kosmos das geschieht, was mit der Sonne und mit der Erde geschehen ist, kann man bislang nicht beantworten, denn man weiß nicht, in welche Kategorie von Ereignissen man diesen Fall einordnen soll. Durch Erkenntnisfortschritte in Astrophysik und Kosmogonie wird sich das Problem nach und nach klären. Vieles von dem, was die Fachleute 1971 auf der CETI-Konferenz in Bjurakan sagten, ist nicht mehr aktuell oder hat sich als eine falsche Vermutung erwiesen. Demnach kann man sicher sein, daß viele Probleme, die heute noch ein Rätsel darstellen, in zehn und um so mehr in zwanzig Jahren, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, eine Erklärung finden werden.
    Eine gewaltige, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle bei der Entstehung des Lebensauf der Erde hat der Mond gespielt. Es hat nur in wäßrigen Lösungen bestimmter chemischer Verbindungen entstehen können, und zwar nicht in den Tiefen des Ozeans, sondern in ufernahen Untiefen; auf den Uranfang des Lebens in diesen Lösungen hat beschleunigend der Umstand eingewirkt, daß sie häufig (aber nicht übermäßig) durchmischt wurden, und das besorgten Ebbe und Flut, deren Ursache nun aber der Mond war.
    Über die Entstehungsweise der Monde sämtlicher Planeten wissen wir übrigens sehr viel weniger als über die Entstehungsweise der Planeten selbst. Vorläufig können wir nicht ausschließen, daß die Entstehung von planetaren Satelliten etwas »Außergewöhnliches« ist, so daß sie der Geschichte mit der Flasche und dem Aquarium entsprechen würde. Es scheint, daß der normale Aufprall der Explosionswelle einer Supernova genügt, um eine protosolare Nebelscheibe ringförmig zu fragmentieren, aber um die Kondensation von Monden um die Planeten auszulösen, war es möglicherweise notwendig, daß sich zwei Kugelwellen überkreuzten, wie sie sich auf der Oberfläche eines Gewässers ausbreiten, wenn man gleichzeitig und nicht weit voneinander entfernt zwei Steine hineinwirft. Mit anderen Worten: vielleicht bedurfte es für die Entstehung von Monden nach einer ersten, nahen Supernova einer zweiten, ebenfalls in nicht allzu großer Entfernung vom Ursonnensystem. Wenn nicht all diese Fragen eine Antwort erhalten werden, so werden doch auf jeden Fall Antworten kommen, und damit wird die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Leben im Kosmos (auch als dessen biogenetische Ergiebigkeit oder Frequenz bekannt) einen angenäherten quantitativen Wert erhalten. Es könnte sich herausstellen, daß dies ein beträchtlich hoher Wert ist, so daß wir es als wahrscheinlich betrachten dürfen, daß es auf den zahlreichen Planeten jener Billionen Galaxien, die uns umgeben, Leben in unzähligen, vielfältigen Gestaltungen gibt. Doch selbst, wenn das der Fall sein sollte, werden Bücher mit den von mir vorhergesagten Titeln erscheinen. Warum das geschehen wird, will ich nun erklären. Ich möchte die bedrückende Tatsache mit zehn Worten andeuten:Ohne globale Katastrophe des Lebens gäbe es den Menschen nicht.

IV
    Wodurch unterscheidet sich die neue Vorstellung über das Leben im Kosmos von der bisherigen? Es war seit langem bekannt, daß der planetaren Geburt des Lebens eine lange Serie bestimmter Ereignisse vorausgehen muß, angefangen mit der Entstehung eines langlebigen und ruhig strahlenden Sterns vom Typ der Sonne, und daß dieser Stern eine Planetenfamilie bilden muß. Dagegen war nicht bekannt, daß die Spiralarme einer Galaxie abwechselnd Geburtsstätten und Guillotinen des Lebens sind (oder sein können), je nachdem, in welchem Entwicklungsstadium die sternbildende Materie durch die Spirale hindurchwandert und an welcher Stelle des Arms diese Passage erfolgt.
    Bei dem erwähnten Symposion in Bjurakan hat außer mir niemand die Auffassung vertreten, daß die Verteilung der Himmelskörper, auf denen Leben entsteht, in spezifischer Weise abhängig sei von Vorgängen, dieüber die Größenordnung von Planeten und Sternen hinausweisen, weil sie nämlich von galaktischen Ausmaßen sind. Natürlich habe auch ich nicht gewußt, daß die Bewegung der sternbildenden Wolke auf dem Korotationskreis zur Kette
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