Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt
Autoren: Werner Schmitz
Vom Netzwerk:
und Käse auf den Tisch gestellt und Brot
geschnitten.

    Steinkamp strich sich eine Schnitte. »Hast du die Butter
aus Bukarest geholt, Misch?«

    »Wieso, Chef?«

    »Weil du um Mitternacht noch nicht zurück warst.«

    Der Merresmisch sah ihn über die Kaffeetasse an. »Hab
einen alten Bekannten getroffen.«

    »Wo denn?«, fragte Schreiber. »Zwischen den Augen?«

    Hubertus Steinkamp hielt mitten im Kauen inne. Der
Merresmisch sagte nichts. Schreiber steckte sich umständlich eine Zigarette an.
Er zog den Rauch, so tief er konnte, und ließ ihn nur widerwillig wieder frei. »Neulich
ist doch schon ein alter Bekannter von Ihnen getroffen worden. Soll auch ’n
Kopfschuss gewesen sein.«

    Merres schwieg weiter. Er trank seinen Kaffee und kaute
sein Brot, als ginge ihn das alles nichts an.

    Also sprach Schreiber. Erzählte dem Merresmisch dessen
eigene Geschichte. Hoffte auf ein Geständnis. Wurde enttäuscht. Der Sachse
verzog keine Miene. Er stand einfach auf und ging raus. »Ich warte im Wagen«,
war alles, was er zu sagen hatte.

    Steinkamp und Schreiber sahen sich an. Hubertus zuckte
mit den Achseln. Hannes schnaubte. Sie standen auf und machten sich fertig für
die Jagd. Sobald sie eingestiegen waren, gab Merres Gas. Er heizte über die
Pisten von Ma gura und
stürzte sich in die Spitzkehren der S chotterstraße nach Za rnesti. Hannes und Hubert schaukelten
auf der Rückbank, die Gewehre klemmten ungeladen zwischen ihren Knien.

    »Mach halblang«, brüllte Steinkamp und legte Merres eine
Hand auf die Schulter. Der Fahrer ignorierte ihn. Er ließ den Dacia über die
Schlaglöcher von Za rnesti
fliegen.

    Draußen huschten heruntergekommene Wohnblocks vorbei. Auf
den Brachen Richtung Rasnov bummelte eine Schafherde den Bahndamm entlang. Ra c a d a u
lag am anderen Ende von Brasov. Sie quälten sich quer durch die Stadt, e he
der Dacia in die grünen Hügel beim Ragodatal eintauchte. Auf einer Lichtung
stellte Merres den Motor ab. Sie waren die Ersten am Treffpunkt. Steinkamp und
Schreiber stiegen aus und vertraten sich die Beine. Merres blieb hinter dem
Steuer sitzen und rauchte.

    Schreiber hoffte inständig, dass keiner vom Forstpersonal
ihn als den zweiten Mann aus Teddys Waldversteck erkannte. Seine Glatze hatte
er mit einem breitkrempigen Hut kaschiert. Mehr Verkleidungsmöglichkeiten gab
sein Koffer nicht her.

    Nach einer Minute hörten sie Motorenlärm. Eine Fahrzeugkolonne
tauchte auf der Lichtung auf, altertümliche Kastenwagen in Jagdgrün mit dem romsilva -Wappen an den Türen. Auf einem
Anhänger randalierte ein halbes Dutzend Hunde. Hannes hatte gehofft, eine der
seltenen Siebenbürger Bracken darunter zu finden. Er wurde enttäuscht.
Reinrassig war kein einziger Fiffi in der Meute. Ihr struppiges, stumpfes Fell
sprach für schlechtes Futter und wenig Pflege.

    Die Treiberwehr, die den Autos entstieg, passte zu den
Hunden. Sie erinnerte eher an eine Partisaneneinheit als an eine
Jagdgesellschaft. Um den Bauch geschlungene Patronengurte, filterlose
Zigaretten im Mundwinkel, Stoppelbärte, speckige Hosen, Mützen lässig überm
Ohr. Eine Plastikflasche mit t uic a ging von Mund zu Mund. Di e
Männer redeten nicht viel. Sie wussten, was vor ihnen lag: für eine Handvoll
Lei durch Dickungen dringen, in denen es von Bären wimmelte. Es herrschte eine
Stimmung wie am Abend vor der Schlacht.

    Hinter dem Hundeanhänger hoppelte ein Kleinbus auf die
Waldwiese. Fünf oder sechs Männer stiegen aus. Naturkautschukstiefel, Tattersall-Check -Hemden und Barbour -Jacken verrieten sie als
zahlende Kundschaft. Die Männer sprachen Italienisch, ihr Dolmetscher hatte
Mühe, den Wortschwall in rumänische Bahnen zu lenken. Der Jagdleiter, ein
grobschrötiger Mann im Försterblouson, nahm den Hut ab und kratzte sich am
Kopf.

    Schreiber hatte vor Jahren an Wildschweinjagden in
Italien teilgenommen, er ahnte, was von dieser Truppe zu erwarten war: eine
fröhliche Ballerei mit wenig Treffern. Hoffentlich stellten sie ihn nicht in
der Nähe der Italiener ab! Es würde aufregend genug werden, auch ohne freundliches
Feuer aus mediterranen Mündungen.

    In Deutschland hätten sie vor der Jagd ein ziemliches
Brimborium veranstaltet. Jagdhornbläser wären angetreten, um – Hand in die
Hüfte gestemmt – zackige Weisen zu schmettern. Der Jagdleiter hätte über
Sicherheitsauflagen und freigegebenes Wild referiert, ehe die Schützen aufgerufen,
in Gruppen eingeteilt und von den Förstern zu ihren Ständen gebracht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher