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Das Karpaten-Projekt

Das Karpaten-Projekt

Titel: Das Karpaten-Projekt
Autoren: Werner Schmitz
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Schöneres, als mit ihm zur Brunft durch die Wälder zu strolchen.«

    Schreiber konnte sich vorstellen, was es für den alten
Steinkamp bedeutete, seinen Leibjäger ans Messer zu liefern. »Meinetwegen
müsste Merres nicht in den Knast«, sagte er. »Ich bin nicht die Polizei. Was er
getan hat, könnte er von mir aus mit sich selbst ausmachen. Aber die Rumänen
haben jemand anderen für den Mord eingesperrt, eine Unschuldige. Ich kenn die
Frau noch nicht lange, Hubert. Dass sie mir das Leben gerettet hat, hab ich dir
erzählt. Ich glaub, es gibt nur einen Weg, sie bald freizubekommen: Ich muss
denen den Täter auf dem Silbertablett präsentieren. Wär schön, wenn du mir
dabei helfen würdest. Das Mädchen geht sonst vor die Hunde. Sie hat gerade eine
Messerattacke mit Mühe und Not überlebt.«

    Steinkamp nahm seinen Jägerhut ab und strich mit den Fingern
über die Spitzen des Gamsbarts. »Es hilft nichts«, sagte er, mehr zu sich
selbst, »wenn er gleich wiederkommt, sprechen wir ihn darauf an.«

    Sie warteten bis Mitternacht. Aber der Merresmisch kam
nicht wieder.

     

34

    Katharinas Wunde heilte ganz gut. Sie durfte sich nur nicht
auf die linke Seite drehen. Im Schlaf hatte sie es einmal getan und vor Schmerz
aufgeschrien. Diese verdammte Hexe hätte sie beinahe umgebracht. Fünf
Zentimeter mehr nach rechts, und das Messer wäre in ihrem Unterleib gelandet.

    Katharina wollte nicht jammern. Alles Schlimme hat auch
sein Gutes, sagte sie sich. Die Messerattacke hatte ihr aus der Zelle geholfen,
in der die dicke Floria immer noch lag. Elena besuchte Katharina einmal am Tag
nach der Arbeit. Sie erzählte, dass der Alten außer einem Verhör nicht viel
passiert sei.

    Bei Katharina war die Polizei auch gewesen. Anfangs hörte
es sich so an, als ob sie ihr die Schuld an der Messerstecherei in die Schuhe
schieben wollten. »Als die Aufseherin in die Zelle kam, hatten Sie das Messer
in der Hand, doamna Orend. Und die alte Frau hat
genauso eine Fleischwunde wie Sie.«

    Von Elena wusste sie, dass Florias Verletzung verglichen
mit ihrer ein Kratzer war, und das sagte sie den Polizisten auch. »Außerdem war
es Notwehr. Die Alte ist zu meinem Bett geschlichen. Wenn ich nicht wach
gelegen hätte, wäre ich heute tot.«

    Lustlos protokollierten die Beamten Katharinas
Schilderung, ließen sie den Text lesen und unterschreiben. »Und was ist mit
meinem Fall?«, fragte sie. »Wie lange wollen Sie mich hier noch unrechtmäßig
festhalten?«

    »Für den Hulanu-Mord sind wir nicht zuständig. Den
untersuchen andere Kollegen.«

    »Dann richten Sie Ihren Kollegen aus, dass die deutsche
Botschaft und das Außenministerium in Berlin über meinen Fall informiert sind, inspector. Die werden in Bukarest intervenieren.
Und grüßen Sie comisar sef Samabul
von mir, er kennt mich. Sagen Sie ihm: Wenn er seine schicke Uniform noch eine
Weile tragen will, sollte er, statt unschuldige Ausländer einzusperren, lieber
den wirklichen Täter ermitteln.«

    Sie hatte richtig auf den Putz gehauen in ihrer Wut. Ob
es nur leere Drohungen waren, wusste sie selbst nicht. Katharina klammerte sich
daran, dass Hannes Schreiber ihr helfen würde. Manchmal, wenn sie an den
Reporter dachte, wurde sie ruhig und gelassen. Manchmal aber auch nicht. Dann
schoss das Blut in ihren Kopf und sie war froh, dass es niemand sah.

     

35

    Es war eine schöne Waffe. Das Schaftholz glänzte in warmen
Brauntönen, das Schloss hatte ein Graveur mit Arabesken verziert. »Ich hab mir
die Browning für die Drückjagd zugelegt«, hatte Steinkamp gesagt, als er
Schreiber das Gewehr übergab. »Aber irgendwie bin ich mit dem modernen Ding
nicht warm geworden. Ich bleib lieber bei meinem alten Gewehr. Vielleicht
kommst du besser damit zurecht.«

    Hannes empfand die halbautomatische Büchse als praktisch.
Sie erlaubte schnelle Schussfolgen, ohne repetieren zu müssen, ihr
Rotpunktvisier war speziell für das Zielen auf Wild in Bewegung entwickelt
worden. Wenn Treiber und Hunde eine Rotte Wildschweine aus dem Unterholz
drückten, hatte man mit der Browning BAR gute Chancen, gleich mehrere Sauen zu
schießen.

    Die Schachtel Munition, die Steinkamp ihm dazu gegeben
hatte, enthielt Dreizehn-Gramm-Geschosse im Kaliber .30-06. »Merres hat sie auf
fünfzig Meter eingeschossen«, versicherte ihm der Alte. »Er sagt, sie haut den
stärksten Bären um. Wenn man ihn sauber trifft.«

     
    Zum Frühstück war der Merresmisch wieder aufgetaucht,
hatte Kaffee gekocht, Butter, Wurst
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