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Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt
Autoren: Philip Kerr
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Feuerzeug an mich. «Wo sind die Wagenschlüssel?», fragte ich.
    Aaron griff in die Tasche und warf sie mir zu. Sie waren blutverschmiert. «Er steht ganz unten an der Zufahrt», sagte er.
    «Ich nehme euer Auto, und ich nehme die Waffe von eurem Boss mit», sagte ich. «Also versuche nicht, mir zu folgen. Ich kann ziemlich gut mit dem Ding umgehen. Wenn ich dich nochmal zu Gesicht kriege, werde ich die Sache sehr wahrscheinlich zu Ende bringen.» Ich zündete zwei Zigaretten an, steckte eine davon Aaron zwischen die Lippen und wollte mich an den Abstieg zum Haus machen.
    «Gunther», sagte er. Ich drehte mich um. Er saß aufrecht, sah aber sehr blass aus. «Falls es Sie interessiert», sagte er. «Ich glaube Ihnen.»
    «Danke.» Ich blieb stehen. Sein Bein blutete heftiger, als ich gedacht hatte. Wenn er hier blieb, würde er verbluten oder erfrieren.
    «Können Sie laufen?»
    «Glaube nicht.»
    Ich hievte ihn auf die Beine und half ihm zum Haus hinunter. Dort suchte ich mir ein Bettlaken und machte mich daran, ihm einen Druckverband anzulegen. «Tut mir leid, das mit deinen beiden Freunden», sagte ich. «Ich wollte sie nicht töten. Aber mir blieb nichts anderes übrig. Entweder sie oder ich.»
    «Zwi war in Ordnung», sagte er. «Aber Schlomo war schon ziemlich verrückt. Er hat auch die beiden Frauen erwürgt. Ich glaube, er wollte jeden Nazi auf der Welt umbringen.»
    «Kann ich ihm auch nicht wirklich übelnehmen», sagte ich, während ich letzte Hand an den Verband legte. «Es laufen immer noch zu viele Nazis frei und ungeschoren herum. Aber ich bin eben keiner von denen, verstehst du? Grün und Henkell haben meine Frau ermordet.»
    «Wer ist Henkell?»
    «Noch so ein Naziarzt. Aber das ist eine zu lange Geschichte. Ich muss jetzt hinter ihnen her. Ich werde das nämlich für euch erledigen, wenn ich kann, Aaron. Wahrscheinlich bin ich aber schon zu spät. Wahrscheinlich wird es am Ende mich erwischen. Aber ich muss es versuchen.» Ich wischte mir mit dem Rest des Lakens übers Gesicht und ging zur Tür, kontrollierte aber unterwegs noch kurz das Telefon. Es war tot.
    «Das Telefon ist kaputt», sagte ich. «Ich versuche, von unterwegs einen Krankenwagen zu rufen, sobald ich kann, klar?»
    «Danke», sagte er. «Und viel Glück, Gunther. Ich hoffe, Sie kriegen sie.»
    Ich ging hinaus und die Zufahrt hinunter und fand den Wagen. Auf dem Rücksitz lag ein warm aussehender Ledermantel. Ich zog ihn an und setzte mich ans Steuer. Es war eine schwarze Mercury-Limousine. Der Tank war noch fast voll. Mit dem Fünflitermotor war das ein ordentlicher Wagen, der auf über hundert kam. Was ungefähr die Geschwindigkeit war, die ich halten musste, wenn ich die Rhein-Main Air Base noch vor Mitternacht erreichen wollte.
    Ich fuhr noch beim Labor in Garmisch-Partenkirchen vorbei. Die Aktenschränke hatte Jacobs ausgeräumt. Aber mir ging es auch gar nicht um die Akten. Ich eilte in den Keller und griff mir zwei von den Paketen und ein paar von den Begleitpapieren, um mir damit – hoffentlich – Zutritt zu dem Militärflughafen zu verschaffen. Es war kein besonders ausgereifter Plan. Aber mir war wieder eingefallen, was Timmermann, der Stars-and-Stripes - Fahrer , über die lausigen Sicherheitsvorkehrungen der Amis gesagt hatte. Darauf würde ich setzen. Und auf eine dringende Eilsendung für Major Jacobs.
    Nachdem ich noch telefonisch einen Krankenwagen für Aaron gerufen hatte, fuhr ich nordwestwärts, Richtung Frankfurt. Über diese Stadt wusste ich kaum etwas, außer dass sie fünfhundert Kilometer entfernt und voll von Amis war. Frankfurt schienen die Amis noch lieber zu mögen als Garmisch. Und Frankfurt mochte die Amis ebenfalls. Wer hätte es den Frankfurtern verdenken können? Die Amis hatten ihnen Arbeit und Geld gebracht, und die – einst nicht besonders angesehene – Stadt galt jetzt als eine der reichsten in der gesamten Bundesrepublik. Die Rhein-Main Air Base nur wenige Kilometer südlich von Frankfurt war der wichtigste Militärflughafen der Amerikaner in Europa. Von hier aus war Berlin während der berühmten «Luftbrücke» von Juni ’48 bis September ’49 versorgt worden. Ohne die Luftbrücke wäre es jetzt einfach nur eine weitere Stadt in der sowjetischen Zone gewesen. Wegen der strategischen Bedeutung der Rhein-Main Air Base waren alle Straßen von und nach Frankfurt nach dem Krieg sehr schnell repariert worden und jetzt die besten im ganzen Land. Und ich kam auch prima vorwärts, bis Stuttgart, wo
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