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Das Janusprojekt

Das Janusprojekt

Titel: Das Janusprojekt
Autoren: Philip Kerr
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Ebensee?»
    «Ja.»
    «Und der Tipp kam von Jacobs?»
    «Woher wissen Sie das?»
    «Haben Sie je von Friedrich Warzok gehört?»
    «Ja», sagte Zwi. «Er war stellvertretender Leiter des Konzentrationslagers Janowska.»
    «Hören Sie, ich bin mir ziemlich sicher, dass der Mann, den Sie erschossen haben, nicht Eichmann war, sondern Warzok», sagte ich. «Aber das dürfte wohl nicht schwer zu überprüfen sein. Sie brauchen nur nochmal nach Ebensee zu gehen und sich den Leichnam genauer anzusehen. Dann wissen Sie, dass ich die Wahrheit sage und Eichmann lebt.»
    «Warum hat Warzok dann nicht gesagt, dass er nicht Eichmann ist?», fragte Zwi.
    «Was hätte ihm das genützt?», sagte ich. «Um das zu beweisen, hätte er beweisen müssen, dass er Warzok ist. Und dann hätten Sie ihn doch auch erschossen.»
    «Stimmt. Aber warum hätte uns Jacobs einen falschen Mann unterschieben sollen?»
    «Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass Eichmann sich keine hundert Kilometer von hier aufhält. Jetzt, in diesem Moment. Er hält sich versteckt, und ich weiß, wo. Ich kann Sie hinbringen.»
    «Er lügt», sagte Schlomo.
    «Man könnte fast meinen, Sie wollen Eichmann gar nicht finden, Schlomo», sagte ich.
    «Eichmann ist tot», sagte Schlomo. «Ich habe ihn erschossen.»
    «Können Sie’s wirklich riskieren, sich da womöglich zu täuschen?», fragte ich.
    «Wir würden doch wahrscheinlich nur in irgendeine Falle gehen», sagte Schlomo. «Wir sind ja nur zu dritt. Und mal angenommen, wir finden Eichmann. Was sollten wir dann tun?»
    «Schön, dass Sie das ansprechen, Schlomo», sagte ich. «Dann lassen Sie mich laufen. Das tun Sie. Wenn Sie ihn ganz nett bitten, wird Eichmann Ihnen sogar sagen, wie ich wirklich heiße. Und auch bestätigen, dass ich vor dem Krieg in Palästina war. Einen Unschuldigen laufenzulassen, dafür dass er Ihnen hilft, Eichmann zu finden, ist doch wohl kein übertriebener Preis.»
    Aaron fragte: «Und was ist mit diesen Fotos? Sie waren doch bei der SS. Sie kannten Heydrich und Himmler. Und Nebe. Wollen Sie das abstreiten?»
    «Nein, will ich nicht. Aber es ist nicht so, wie es aussieht. Hören Sie, das zu erklären, würde lange dauern. Vor dem Krieg war ich Polizist. Nebe war der Chef der Kriminalpolizei. Das ist alles.»
    «Überlassen Sie ihn mir mal fünf Minuten, Zwi», sagte Schlomo. «Ich kriege schon raus, ob er die Wahrheit sagt oder nicht.»
    «Dann geben Sie also zu, dass die Möglichkeit besteht?»
    «Wie kommen Sie darauf, dass der Tote in den Stollen Friedrich Warzok sein muss?», fragte Zwi.
    «Ein Priester, der für die alten Kameraden arbeitet, hat mir erzählt, dass Warzok aus einem Versteck in der Nähe von Ebensee verschwunden ist. Er sollte nach Genua gebracht werden und von dort ein Schiff nach Südamerika nehmen. Dorthin, wo Eichmann auch hinwill. Die alten Kameraden gehen davon aus, dass Sie Warzok auf die gleiche Art getötet haben wie Willy Hintze.»
    «Hm, das mit Hintze stimmt immerhin», räumte Zwi ein. «Ich habe damals für die CIA gearbeitet. Oder den OSS, wie wir sagten. Und Aaron war beim britischen Militärgeheimdienst. Wir haben Willy Hintze erschossen. Im Wald bei Thalgau. Ein paar Monate nach Eichmann – dem Mann, den wir für Eichmann hielten, jedenfalls. Eichmanns Bruder fuhr oft in ein kleines Dorf in den Bergen bei Ebensee. Und seine Frau auch. Wir waren im Dunkeln dort und haben das Haus observiert. Ein Chalet im Wald in der Nähe des Dorfs, vier Männer wohnten dort. Der, den wir getötet haben, entsprach genau der Beschreibung, die wir von Eichmann hatten.»
    «Wissen Sie, was ich glaube?», sagte ich. «Ich glaube, Eichmanns Familie hat Sie auf eine falsche Fährte gelenkt, damit er woanders in Sicherheit war.»
    «Ja», sagte Zwi, «so was ist schon vorgekommen.»
    Ich hatte gesagt, was ich zu sagen hatte. Ich war fix und fertig. Ich bat um eine Zigarette, und Zwi gab mir eine. Ich bat um einen weiteren Kaffee. Aaron goss mir eine Tasse ein. Ich machte Fortschritte.
    «Was machen wir jetzt, Boss?», fragte Aaron.
    Zwi seufzte unwirsch. «Sperrt ihn irgendwo ein, während ich nachdenke», sagte er.
    «Wo denn?» Aaron sah Schlomo an.
    «Im Bad», sagte Schlomo. «Das hat kein Fenster, und die Tür kann man abschließen.»
    Mein Herz tat einen Satz. Das Bad – dort hatte ich doch die Pistole versteckt, die mir Engelbertina gegeben hatte. Angeblich, damit ich sie verwahrte, um zu verhindern, dass Erich Grün sie gegen sich richtete. Ob sie noch dort
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