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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder?
Autoren: Jenny Lawson
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zurückgebracht. Rambo haben wir als Haustier behalten, er konnte den Hahn des Waschbeckens im Bad anmachen. Dort hat er dann wie in einem privaten Bach die ganze Zeit Sachen gewaschen. Wäre ich schlauer gewesen, hätte ich ihm Waschmittel und meine Schmutzwäsche zum Waschen hingestellt, aber auf die Idee, seinen zahmen Waschbären zur Haushaltshilfe auszubilden, kommt man erst, wenn es zu spät ist. Einmal beim Nachhausekommen saß Rambo im Waschbecken und wusch ein kleines Stückchen Seife, das am Morgen noch ganz neu und groß gewesen war. Er wirkte erschöpft, als wollte er von seiner Arbeit befreit und ins Bett gebracht werden, aber als wir ihm den Seifenrest wegnehmen wollten, knurrte er, also ließen wir ihn zu Ende waschen. Vermutlich führte er eine Art persönlicher Fehde gegen die Seife, falls es so was bei Waschbären gibt. Manchmal, wenn ich an einem aussichtslosen Projekt arbeite und weiß, dass ich eigentlich aufgeben sollte, knurre ich auch, wenn jemand es mir wegnehmen will, und schreie: »ES KANN NUR EINEN GEBEN!«, (was keinen Sinn ergibt und auch überhaupt nicht passt). Vermutlich hat sich Rambo mit seiner Seife und den kleinen, vom vielen Radonwasser runzligen Fingern genauso gefühlt, und das macht mich traurig. Aber dann lache ich, weil ich daran denken muss, wie meine Mom gleich nach dem Vorfall mit der Seife dafür sorgte, dass Rambo nach draußen in den Hühnerstall kam, »um ihn vor sich selbst zu schützen«. Ich hatte ihn auf den Stall gesetzt, um ihn zu streicheln, und meine kleine Schwester Lisa, die damals sieben war, gab ihm einen Klaps auf die Nase (sie war damals ein ziemliches Arschloch), und da flippte Rambo einfach aus, stellte sich auf die Hinterbeine, machte eine Grimasse und sprang meiner Schwester direkt ins Gesicht. Er hängte sich an ihre Ohren wie eine grässliche Waschbärenmaske, fauchte und sah ihr in die Augen, als wollte er sagen: »ICH MACH DICH FERTIG, BLÖDE TUSSI«, und meine Schwester brüllte und schlug um sich, es war der volle Wahnsinn.
    Fotos als Beweis für Rambo in seinen Shorts. Ebenfalls im Bild: das Magazin Teen Beat. Auf dem Titelbild Kirk Cameron, Platten und Videokassetten, als hätten die Achtzigerjahre sich über diesen Waschbären erbrochen. Das konnte nicht einmal ich mir ausdenken, Leute.
    Am nächsten Tag brachte mein Dad Rambo zur Farm meines Großvaters und ich glaubte das damals wirklich. Bei näherem Nachdenken wird mir klar, er hat ihn wahrscheinlich nicht zur Farm gebracht, sondern um die Ecke. Und jetzt bin ich wieder traurig. Aber dann stelle ich mir vor, dass mein Dad wahrscheinlich nur mit dem Gewehr auf Rambo gezielt hat und Rambo seine bunten Shorts getragen und ganz süß aus der Wäsche gekuckt hat und dass mein Dad daraufhin ganz down 5 war und irgendwas gebrummt hat wie: »Ach verdammt, dann geh eben. Hier sind zehn Dollar und ein Stück Seife.« Denn tief im Innern ist mein Vater ein totaler Softie. Wenn er nicht gerade versehentlich die Mutter von einem Wurf Waschbären erschießt. Dann sollte man sich wirklich von ihm fernhalten oder man saut sich total mit Blut ein.
    NR. 6
    DIE MEISTEN MENSCHEN GEHEN NICHT IN DEN WALD, UM GÜRTELTIERE ZU FANGEN, MIT DENEN IHR VATER PROFESSIONELLE RENNEN BESTREITET.
Und wenn man eins findet und am Schwanz rauszieht, schreien die Väter der meisten Mädchen auch nicht:
»Vorsicht, die Zähne! Das sieht bissig aus!«
Wahrscheinlich, weil die meisten Väter ihre Töchter nicht so lieben wie mein Vater mich. Oder vielleicht, weil sie ihre Töchter nicht dazu aufgefordert haben, lebende Gürteltiere aus Baumstümpfen zu ziehen. Schwer zu sagen. Aber diese Mädchen versäumen etwas, ehrlich, denn es ist schon einzigartig zu sehen, wie der eigene Vater und fünf weitere erwachsene Männer auf dem Boden knien und schreien und mit den Händen auf den Boden schlagen, damit ihre Gürteltiere erschrocken loslaufen und als Erste die Ziellinie überqueren. Und mit »Es ist schon einzigartig« meine ich »Ach du liebe Scheiße, die sind ja total bekloppt«.
    Wenn ich erzähle, mein Vater wäre texanischer Meister im Gürteltierrennen, glauben die Leute meistens, ich übertreibe. Aber dann hole ich seinen silbernen Gürteltierrennenmeisterschaftsring heraus (der natürlich wie ein Gürteltier geformt ist) und alle sagen sofort: »Verdammte Scheiße, das ist ja wirklich wahr.« Und meist gehen sie dann schnell. Den goldenen Meisterschaftsring würde ich ja noch lieber zeigen, aber den haben wir nicht mehr,
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