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Das ist nicht wahr, oder?

Das ist nicht wahr, oder?

Titel: Das ist nicht wahr, oder?
Autoren: Jenny Lawson
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Bilder zeigen oder meine Mom ans Telefon holen, damit sie es bestätigt. Dann werden sie sehr schweigsam. Wahrscheinlich aus Respekt. Vielleicht auch aus Mitleid. Deshalb muss ich immer klarstellen, dass meine Kindheit zwar beschissen war, aber auch irgendwie voll der Hammer.
    Wenn man von Menschen umgeben ist, die genauso arm sind wie man selbst, kommt einem ein solches Leben gar nicht mehr so abartig vor. Eine Freundin von mir ist zum Beispiel in einem Haus aufgewachsen, in dem der Boden nur aus Erde bestand. Man kann sein kleines Asbesthäuschen nicht mehr so schlimm finden, wenn man so privilegiert ist, einen Teppich zu besitzen. Außerdem muss ich zur Verteidigung meiner Eltern sagen, dass mir nie bewusst war, wie arm wir wirklich waren, weil Mom und Dad nie sagten, wir könnten uns etwas nicht leisten, sondern nur, wir bräuchten es nicht. Sachen wie Ballettunterricht. Oder Ponys. Oder Leitungswasser, das einen nicht umbringt.
    NR. 10
    DIE MEISTEN MENSCHEN LEGEN WILDE TIERE NICHT BEI DEN AKTEN AB.
Als ich ungefähr sechs war, beschlossen meine Eltern, dass sie Hühner halten wollten; allerdings konnten wir uns kein richtiges Hühnerhaus leisten. Stattdessen stellten wir einige Aktenschränke in die Garage und zogen die Schubladen wie Treppenstufen heraus, damit die Hühner darin nisten konnten. Einmal, als ich dort beim Eiersammeln war, stellte ich mich auf die Zehenspitzen, um an die oberste Schublade zu kommen. Dort spürte ich eine Art unförmiges Ei, was daran lag, dass es
im Bauch einer riesigen verfluchten Klapperschlange steckte, die gerade im Begriff stand, ein zweites Ei zu schlucken.
Ich rannte kreischend ins Haus zurück und meine Mom schnappte sich ein Gewehr aus dem Waffenschrank und schoss der Schlange (die gerade fliehen wollte und sich die Einfahrt hinunterschlängelte) in die Beule, in der das Ei war, und das Ei explodierte in alle Richtungen wie bei einem ekelhaften Feuerwerk. Später fanden wir heraus, dass es sich in Wirklichkeit um eine Bullennatter handelte, die nur so tat, als wäre sie eine Klapperschlange, und es tat meiner Mutter ein wenig leid, dass sie sie erschossen hatte, aber vor einer bewaffneten Mutter so zu tun, als wäre man eine Klapperschlange, ist ungefähr so, als würde man einem Polizisten mit einer falschen Pistole vor der Nase herumfuchteln: In beiden Fällen wird man so was von erschossen. Immer wenn ich diesen Abschnitt Leuten vorlese, die nicht im Süden leben, regen sie sich darüber auf, dass wir eigene Schränke nur für Waffen hatten, aber in Texas hat auf dem Land praktisch jeder so was. Es sei denn, er ist schwul. Dann hat er einen Waffen
sekretär
.
    NR. 11
    DIE MEISTEN MENSCHEN MÜSSEN NICHT WEGEN EINES ZEHNMINÜTIGEN KINDHEITSERLEBNISSES EIN GANZES JAHR LANG IN THERAPIE.
Drei Wörter: Stanley, das magische Eichhörnchen. Gut, eigentlich vier, aber »das« zählt nicht mit, es besteht ja nur aus drei Buchstaben. Wenn ihr das lest, hat meine Lektorin alles noch mal überprüft, deshalb kann ich hier im Grunde schreiben, was ich will. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Angelina Jolie die Juden hasst? Also wirklich. (Anm. d. Lektorin: Angelina Jolie hasst die Juden überhaupt nicht, das ist vollkommen frei erfunden. Wir entschuldigen uns bei Ms. Jolie und der jüdischen Gemeinde.)
    Ich wollte hier unter Elftens eigentlich über Stanley, das magische Eichhörnchen berichten, aber die Geschichte ist viel zu verworren, deshalb habe ich daraus das ganze nächste Kapitel gemacht. Denn ich bin mir ziemlich sicher, wenn man ein Buch verkauft, wird man nach Kapiteln bezahlt. Aber vielleicht irre ich mich auch, denn ich irre mich oft. Nur nicht darin, dass Angelina Jolie die Juden hasst, das stimmt wahrscheinlich absolut. (Nein, überhaupt nicht. Lass das, Jenny. – Lektorin.)

STANLEY, DAS MAGISCHE SPRECHENDE EICHHÖRNCHEN
    Wenn ich erzähle, dass mein Vater ein totaler Spinner ist, lachen die Leute und nicken wissend. Ihre Väter wären das auch, versichern sie, das wäre eben »typisch Vater«.
    Und sie haben vermutlich recht, wenn der typische Vater hauptberuflich als selbstständiger Tierpräparator arbeitet und mit einem Miniaturesel und einem Teddy-Roosevelt-Imitator in der örtlichen Bar auftaucht und die
anderen
für verrückt hält, weil sie ein solches Theater darum machen. Wenn der typische Vater Sachen sagt wie »Alles Gute zum Geburtstag! Hier hast du eine Badewanne voller Waschbären!« oder »Wir müssen dein Auto nehmen. In meinem ist zu viel Blut«, ja,
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