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Das Herz meines Feindes

Das Herz meines Feindes

Titel: Das Herz meines Feindes
Autoren: Rexanne Becnel
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hagelten.
    Sir Corbett of Colchester konnte seinen Abscheu über das Verhalten seines Bruders nicht verbergen. Sein Gesicht ver düsterte sich, und sein Stirnrunzeln zusammen mit der schlimmen Narbe, die ihm über Stirn und Augenbraue lief, gaben ihm ein grimmiges Aussehen. Mit drei schnellen Schritten hatte er die Halle betreten und war zu Hughe hin übergegangen.
    »Hast du etwa Ärger mit der Dienerschaft? Ich erinnere mich nicht daran, dass es in der Verga n genheit ähnliche Schwierigkeiten gegeben hat.«
    Hughe riss sich sogleich zusammen. Als er sich seinem Bruder zuwandte, war auf seinem Gesicht keine Spur von Zorn zu entdecken. Aber dem Lächeln, das er hervorbrachte, fehlte jede Wärme. Corbett wappnete sich gegen die Abnei gung, die er für seinen Bruder empfand, war er doch der ein zige seiner Angehörigen, der noch am Leben war.
    »Er ist faul«, erklärte Hughe mit einem Schulte r zucken. »Wie viele von ihnen. Ich sollte sie eigentlich alle auf die Fel der schicken. Dann wüssten sie meinen Großmut zu schät zen, den sie im Augenblick noch für selbstverständlich hal ten.« Mit einer flüchtigen Handb e wegung befahl er dem unglücklichen Diener, sich zurückzuziehen.
    Auf den ersten Blick war nichts Ungewöhnliches gesche hen: ein achtloser Diener, der von seinem Herrn getadelt wurde. Aber Corbett hatte schon zu viele unliebsame Zwi schenfälle auf Colchester erlebt, um diesen Vorfall einfach ignorieren zu können. Auf den ersten Blick sah das Schloss prächtiger aus denn je; Teppiche, Wandbehänge und sogar Fensterglas machten Colchester zu einem sehr beein druckenden Gebäude. Doch abgesehen von den feinen De kor a tionen war keineswegs alles so, wie es sein sollte. Cor bett war erst seit drei Tagen wieder daheim, doch es war unmöglich gewesen, diese Tatsache zu übersehen.
    Die Unterhaltung der beiden Brüder, während sie ge meinsam auf den Außenhof der Burg zugingen, verlief ge zwungen. Hughe sprach von unwichtigen Dingen, von der Jagd und von seinen preisg e krönten Falken. Doch Corbett hatte das unbehagliche Gefühl, dass Hughe irgend etwas zu verbergen suchte. Auf den Stufen, die in die Halle führten, wandte sich Corbett um, um seinem Bruder in die Augen zu blicken. Trotz seiner Besorgnis achtete er darauf, sich nichts anmerken zu lassen.
    »In den nördlichen Grafschaften Londons hört man nur wenig. Und du hast auch noch nicht allzu viel erzählt. Bedeu tet das, dass sich in den Jahren meiner Abwesenheit nichts verändert hat?«
    Hughe verengte die Augen und betrachtete das Gesicht seines hochgewachsenen jüngeren Bruders aufmerksam. Dann schürzte er die Lippen und wandte den Blick ab. »Wir kommen zurecht, wenn man bedenkt, dass der König sich nicht sonderlich um uns kümmert.«
    Corbett fand den seltsamen Tonfall in der Stimme seines Bruders befremdlich. »Edward will für England nur das Be ste. Als loyaler Untertan kannst du das wohl kaum bezwei feln. Wenn er sich hinsichtlich seiner Rückkehr aus dem Osten auf keinen genauen Zeitpunkt festlegen will, dann müssen wir darauf vertrauen, dass seine Entscheidung wohl überlegt ist.«
    Hughe warf Corbett einen scharfen Blick zu. Aber als sein Bruder ihm offen ins Gesicht sah, wandte Hughe seine dunklen Augen schnell wieder ab. Seine Lippen wurden schmal, und seine Stimme klang scharf vor Sarkasmus, als er antwortete. »Es gibt Menschen, die behaupten, dass England ohne seine Anwesenheit besser dran wäre. Ich hoffe nur, dass die verrückten Schotten im Norden ebenso geduldig auf sei ne Rückkehr warten, wie wir ›loyale Untertanen‹ es müs sen!«
    Ein unbehagliches Schweigen senkte sich auf sie herab, als sie in den Außenhof hinabschritten. Erst jetzt vermochte Hughe wieder ein Mindestmaß an Liebenswürdigkeit aufzubringen.
    »Wirst du nun, da du Colchester verlässt, nach London fahren? Oder willst du vielleicht in den Osten zurückkeh ren?«
    Es war eine höfliche Frage, vielleicht gezwungen, aber nichtsde s totrotz höflich. Eigentlich wäre es das Natürlichste von der Welt gewesen, wenn Corbett seinem Bruder die Wahrheit gesagt hätte. Aber zwischen ihnen herrschte eine unbehagliche Spannung, und Corbett antwortete so vorsich tig, wie er es sich seinem eigenen Fleisch und Blut gegenüber niemals hätte träumen lassen.
    »London hat keinen Reiz für mich. Und ich habe keine Lust mehr, Kriege gegen die Türken zu führen.«
    »Man erzählt sich, dass Edward sehr in deiner Schuld steht. Er hat sich offensichtlich in die
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