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0077 - Das Phantom der Insel

0077 - Das Phantom der Insel

Titel: 0077 - Das Phantom der Insel
Autoren: Dieter Saupe
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Jetzt hatte Marun Cofales den Rand der Klippen erreicht. Er sah den kleinen Leuchtturm, der sich über der Neptunsgrotte erhob. Er sah zurück über die dunklen bewaldeten Hügel der Insel, hier im Nordwesten Sardiniens.
    Die Wälder von Nurr, unheimlich, wie ihr Name klang.
    Die Straße, die zur Stadt hinüberführte. Nach Alghero.
    Und dann nichts als die schwarze Gestalt, die bedrohlich näher kam.
    Lo Sardo war dicht hinter dem Spanier.
    Marun Cofales schrie in Todesfurcht.
    Dann sprang er, noch ehe der Unheimliche ihn berühren konnte.
    Der Körper zerschellte beim Sturz auf den tückischen Klippen.
    ***
    Der Tote wurde erst am Morgen darauf gefunden.
    Es waren Touristen, die sich an der Riviera del Corallo aufhielten.
    Einem der schönsten Badestrände, die Urlauber sich denken konnten. Ein Geheimtip unter vielen, die noch Sinn für die unberührten Schönheiten der Natur hatten. Die Ruhe und Abgeschiedenheit dem Rummel der großen Modebäder vorzogen.
    Sie kamen zu Fuß die Küstenstraße entlang, oder sie fuhren in Booten auf die Neptunsgrotte zu, einem der Anziehungspunkte von Capo Caccia.
    Nichtsahnend nahmen sie ihren Weg auf die Grotte zu.
    Hundert Meter vor dem steinernen Tor, das ins Innere des Felsens führte, schrie jemand auf.
    »Da liegt einer!« rief eine Frau.
    Und da sahen es alle.
    Ein Mann, der reglos am Fuße der Klippen lag. Und jeder wußte sofort, daß dieser Mann tot war.
    Einer der Touristen machte ein Handzeichen. Darauf hielten sich die übrigen zurück. Der andere ging auf den leblosen Körper des Marun Cofales zu.
    Der Tote lag auf dem Bauch. Und was den Touristen am meisten erstaunte, waren die beiden seltsamen Buchstaben auf dem Rücken des Toten.
    Da war zunächst ein »M«, hingemalt mit einer unbestimmbaren Mischung aus Farbe und Lehm. Und dieser Buchstabe war dick durchgestrichen. Darunter war ein großes »S« zu lesen.
    Der Mann, der den Toten entdeckt hatte, konnte sich keinen Reim darauf machen.
    »Wir sollten ihn so liegen lassen«, schlug er dann vor. »Vielleicht begleitet mich jemand. Ich glaube, wir müssen nach Alghero fahren, um die Polizei zu benachrichtigen. Der Mann hier ist keines natürlichen Todes gestorben, wie mir scheint.«
    Entsetztes Schweigen folgte diesen Worten.
    Dann fand sich eine kleine Gruppe von Männern zusammen. Sie nahmen ein Boot, um an der Küste entlang zur Stadt zu fahren.
    Die anderen blieben zurück, verängstigt die einen, die anderen in einer Mischung aus Neugier und Befangenheit. Niemand konnte sich die Hintergründe des seltsamen Falles erklären.
    Sie mußten fast zwei Stunden warten, bis das Küstenboot mit drei sardinischen Beamten eintraf.
    ***
    Zwei Beamte stiegen aus, der dritte wartete im Boot.
    Der erste, der auf die Gruppe von Touristen zukam, war an seinen Schulterstücken als Offizier zu erkennen.
    »Mandrino«, stellte er sich vor. »Kommissar Mandrino.«
    Schweigend trat er zu dem Toten.
    Er untersuchte die Buchstaben auf dem Rücken des Spaniers.
    »Hat jemand von Ihnen diesen Mann schon einmal gesehen?« fragte er dann.
    Ein allgemeines Kopfschütteln folgte.
    »Das ist Nummer vier«, sagte der Kommissar, und niemand verstand ihn sofort.
    »Der vierte Tote innerhalb von drei Wochen«, erklärte Mandrino.
    »Viermal ein Mann mit dem Zeichen ›M‹ auf dem Rücken. Wir wissen nicht, was das bedeutet. Keiner der Männer hatte einen Namen, der mit diesem Buchstaben beginnt. Es ist ein großes Rätsel für uns.«
    »Und der andere Buchstabe?« fragte einer der dabeistehenden Männer.
    »Auch dieses ›S‹ gab uns zunächst große Rätsel auf«, gab der Kommissar zur Antwort. »Zuerst war es eine Vermutung – aber dann wurde es zur Gewißheit, daß es sich um Lo Sardo handelt.«
    »Lo Sardo?« fragten einige wie aus einem Munde.
    »Ein ebenso geheimnisvolles wie unheimliches Wesen«, sagte der Kommissar. »Es ist sozusagen der Urgeist Sardiniens.«
    »Das klingt ja geradezu dämonisch?« fragte jemand. »Sie wollen doch nicht sagen, daß mitten im zwanzigsten Jahrhundert noch Dä- monen existieren?«
    Mandrino sah ernst und ein wenig bekümmert auf die Touristen.
    Da war sie wieder, die alte Frage.
    Und sie war nur sehr schwer zu beantworten.
    »Wir sind in Sardinien, Signor«, sagte Mandrino. »Hier ist das Dä- monische so natürlich wie der ganze Fortschritt dieses Jahrhunderts. Hier ist alles dunkel und unbegreiflich. Hier hausen die Geister der alten Völker, die diese Insel einmal bewohnt haben. Hier öffnen sich die
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