Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz der Wueste

Das Herz der Wueste

Titel: Das Herz der Wueste
Autoren: Meredith Webber
Vom Netzwerk:
wieder Gauner auf, die bei Medikamenten gutes Geld wittern. Sie stehlen sie, verkaufen sie, und die ahnungslosen Käufer wissen nicht, dass sie mehr als eine Schachtel brauchen, um geheilt zu werden. Unsachgemäße Medikation ist auch ein Grund, warum sich Tuberkulose so schnell ausbreitet.“
    Jenny kniete sich neben den Verletzten, um ihn an den Tropf zu legen. Marij, ihre zweite Assistentin, reichte Kamid das Blutdruckgerät, ehe sie sich mit ihrer Kollegin daranmachte, das Gewand aufzuschneiden.
    Je mehr Stoff sie entfernten, umso deutlicher wurde das Ausmaß seiner Verletzungen. Besorgt fragte sich Jenny, ob sie ihm überhaupt würden helfen können.
    „Wie konnten sie ihm so etwas antun?“, flüsterte sie, entsetzt von so viel Grausamkeit.
    „Wahrscheinlich haben sie ihn für einen Dieb gehalten oder, schlimmer noch, einen Spion“, antwortete Kamid grimmig. „Ich weiß, dass dies eine Tuberkulose-Station ist, aber haben Sie chirurgische Instrumente da? Wenn wir einen Teil der betroffenen Hautfetzen entfernen, dämmen wir vielleicht die Infektionsgefahr ein.“
    Jenny dachte an das Sammelsurium, das sie in den letzten drei Jahren zusammengetragen und in ihrem ramponierten Koffer zwischen der Unterwäsche verstaut hatte.
    „Ich hole Ihnen, was ich habe.“ Insgeheim wunderte sie sich, dass Kamid Rahman sich nicht entsprechend ausgerüstet hatte, ehe er herkam. Wenn er wirklich von Aid for All kam, um die medizinische Versorgung der Flüchtlinge in Zusammenhang mit dem TB-Projekt sicherzustellen, müsste er eigene Vorräte und Geräte mitgebracht haben.
    Sie warf ihm einen verstohlenen Blick zu, aber Kamid hatte den Ausweis unters T-Shirt gesteckt. Jenny nahm sich vor, sich das Logo auf seinem Wagen genauer anzusehen.
    Besser, als auch nur daran zu denken, die Hände unter sein T-Shirt zu schieben, um die Plastikkarte herauszufischen …

2. KAPITEL
    Warum traute sie ihm nicht über den Weg? Weil er für einen Entwicklungshelfer viel zu gut aussah? Hatte sie auch diese Vorurteile, dass sie langhaarig waren, Sandalen trugen und nicht wie ein englischer Prinz redeten? Jenny schüttelte den Kopf, legte die Instrumente, die sie vorher in kochendem Wasser sterilisiert hatte, auf ein Tablett und trug es hinüber.
    „Ein interessante Kollektion“, sagte er, nachdem sie Marij gebeten hatte, frisches Wasser zu bringen.
    „Demütig in drei Jahren zusammengebettelt“, scherzte sie, aber der lockere Spruch kam nicht an. So wie er die Lippen zusammenpresste, fand er es gar nicht lustig.
    Was es im Grunde auch nicht war, aber in diesem Lager gab es kaum etwas zu lachen. Kamid Rahman gewöhnte sich lieber an den kläglichen Humor, sonst würde er mit seinem ständigen Stirnrunzeln in eine Depression geraten.
    „Nahtmaterial?“
    „Hier.“ Davon hatte sie reichlich. Es war das Erste, was man ihr in die Hand drückte, wenn sie zu Hause in den großen Krankenhäusern um Spenden bat.
    „Wie wollen wir vorgehen? Sie schneiden und tupfen, und ich nähe, oder möchten Sie das übernehmen?“
    Jenny schluckte, während sie den armen Kerl betrachtete. An manchen Stellen waren die Wunden sehr tief, er musste schreckliche Schmerzen haben.
    „Ich schneide und säubere die Stellen.“ Ihre Stimme klang nicht ganz so fest, wie Jenny es sich gewünscht hätte.
    „Er wird es schaffen“, sagte er sanft, als ahne er, wie ihr zumute war. „Es sieht viel schlimmer aus, als es ist, und wenn ich ihn zusammenflicke, wird man kaum Narben sehen.“
    „Aha, ein Chirurg“, neckte sie. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass man einen Spezialisten in dieses Lager geschickt hatte.
    „Warum nicht?“, kam die gelassene Antwort, und Jenny fragte sich schon wieder, was es mit diesem Mann wirklich auf sich hatte …
    Jetzt sprach er den Patienten an. Die gutturalen Worte klangen sanft und tröstend, exotische Laute, denen Jenny unwillkürlich nachlauschte. Schläfrig öffnete der Mann die Augen, schloss sie wieder, und Kamid nickte, sichtlich zufrieden damit, dass die Betäubung wirkte.
    „Fangen wir an.“
    Jenny begann am Nacken, versuchte, so viel Haut wie möglich zu erhalten, und schnitt nur dort etwas weg, wo sie zerfetzt und keine saubere Naht mehr möglich war. Sand bedeckte die verkrusteten Wundränder, und die Arbeit ging langsam voran. Kamid nähte, sobald Jenny eine Stelle behandelt hatte, irgendwann bedeckten feine Nähte kreuz und quer den Rücken des Verletzten.
    Einmal ließ Jenny sich auf die Fersen zurücksinken, und Kamid
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher