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Das Herz der Wueste

Das Herz der Wueste

Titel: Das Herz der Wueste
Autoren: Meredith Webber
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achten, dass sie regelmäßig eingenommen werden. Am besten wäre es, die Erkrankten zu isolieren, aber sie von ihrer Familie zu trennen würde ein neues, nicht zu unterschätzendes Problem heraufbeschwören. Körperliche Symptome können wir kurieren, aber nicht die seelischen Schmerzen, den Kummer, unter dem sie seit ihrer Flucht leiden.“
    Er starrte sie an, als würde sie plötzlich eine andere Sprache sprechen.
    „Und Sie sorgen sich darum?“
    „Und ob ich das tue. Deshalb sind Sie doch auch hier, oder ist es nur ein Täuschungsmanöver? Spionieren Sie für die Regierung, um herauszukriegen, was in diesem Lager abläuft, oder will Aid for All sichergehen, dass ich die TB-Medikamente nicht an den Meistbietenden verscherbele?“
    „Ich habe Ihnen gesagt, warum ich hier bin“, erwiderte er kühl. Wieder dieser überhebliche Unterton. Vielleicht lag es an seiner Ausdrucksweise, seinem Englisch.
    Gepflegtes Oberschicht-Englisch.
    War sein Vater ein ausländischer Ölbaron und Kamid deshalb hier aufgewachsen? Oder floss das Blut einer langen Ahnenreihe Wüstenkrieger durch seine Adern? Sie kannte die Einheimischen inzwischen gut genug, um zu wissen, dass sie ein stolzes Volk waren. Dieser Stolz würde sich in jeder Sprache niederschlagen.
    Fragen über Fragen tauchten in ihrem Kopf auf, aber Jenny zog es vor, sie zu ignorieren. Und den hochgewachsenen dunkelhaarigen Mann ebenfalls. Sie setzte Rosana auf eine Bodenmatte und nickte einer der Frauen zu, eine stumme Bitte, auf das Kind aufzupassen.
    Ehe sie Kamid auffordern konnte, sich die Einrichtung genauer anzusehen, war draußen vor dem Zelt ein Tumult zu hören, begleitet von Schreien und hysterischem Wehklagen.
    Jenny wollte um ihren Besucher herumgehen, um nach draußen zu eilen, da packte er sie und zog sie hinter sich, während er ihr gleichzeitig befahl zu bleiben, wo sie war.
    Da kannte er sie aber schlecht! Sie drängte sich neben ihn, sodass sie gleichzeitig das Zelt verließen. Draußen hatte sich eine aufgeregte Menge versammelt, mehrere Männer trugen einen reglosen Körper, Frauen stießen schrille Laute aus.
    „Ein paar Reiter haben ihn über den Zaun geworfen. Es ist Lias Mann Akbar, sie haben ihn ausgepeitscht“, erklärte Mahmoud, einer der Flüchtlinge, die ein bisschen Englisch sprachen.
    Jenny trat beiseite, damit sie Akbar ins Zelt tragen konnten, und hörte, wie Kamid Rahman nach einem Blick auf ihn leise fluchte.
    Sie führte die Männer in einen abgetrennten Bereich und bedeutete ihnen, ihre Last auf einer plastikbedeckten Matratze abzulegen. Dann kniete sie sich neben den Unglücklichen, sah die blutgetränkten, zerrissenen Reste seines Gewandes. Viele Hände packten an, um ihn auf die Seite zu drehen, da die Verletzungen auf der Brust, am Rücken und an den Knöcheln waren.
    Der Mann stöhnte, doch als Kamid ihn ansprach, antwortete er stockend.
    „Wir sollten erst die Schmerzen lindern, bevor wir ihn untersuchen“, sagte Kamid. „Was haben Sie?“
    „Ein bisschen Pethidin, aber wir sollten es über den Tropf verabreichen, damit es schneller wirkt.“ Außerdem hatte er viel Blut verloren, die Flüssigkeit würde helfen, seinen Kreislauf stabil zu halten.
    Jenny bat Aisha, eine ihrer Assistentinnen, Tücher und eine Schüssel Wasser zu bringen. Dann verschwand sie in dem schmalen Bereich, der ihr als Schlafzimmer diente, und wühlte in einer Ecke im Sand, wo sie ihre kostbaren Vorräte versteckt hatte.
    „Sie vergraben die Sachen?“
    Über die Schulter gewandt entdeckte sie Kamid neben dem Teppich, den sie aufgehängt hatte, um ein bisschen Privatsphäre zu haben.
    „Um sie vor Dieben zu schützen, ja.“
    Er schüttelte den Kopf und ging wieder.
    Die Instrumente waren an einer anderen Stelle verborgen, und sie grub auch sie aus, streifte den Sand von den Plastikbeuteln.
    „Viel ist es nicht“, sagte sie, als sie zurückkehrte. Jenny ärgerte sich, dass es sich wie eine Entschuldigung anhörte, doch er nickte kaum merklich. Sandkörnchen rieselten zu Boden, während sie die Utensilien auspackte, woraufhin Kamid die Stirn runzelte.
    Nicht zum ersten Mal in den letzten Minuten. Ein zorniger Mann, der sich nur mit Mühe beherrschte.
    Dann kam’s.
    „Und das Wenige müssen Sie verstecken? Finden Sie das nicht übertrieben? Glauben Sie, Sie können den Menschen hier nicht trauen? Wie wollen Sie helfen, wenn Misstrauen die Atmosphäre vergiftet?“
    „Ich tue es nicht aus Angst vor den Flüchtlingen. Aber hier tauchen immer
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