Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das helle Gesicht

Das helle Gesicht

Titel: Das helle Gesicht
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Mississ Carson hatte mit Unterstützung von Miss Bilkins diese Errungenschaft als Abschiedsgeschenk vor ihrer Pensionierung bewirkt. Rons Braut und das junge Ehepaar Tom Bighorn mit Frau waren schon eingezogen und hatten eine lebhafte Kunsthandwerksarbeit für das Hotel in den Black Hills aufgenommen. Tom war gleichzeitig für die Sommermonate dort als »showman« angestellt; man mußte für die Touristen einen Indianer vorweisen können, der gut aussah und in Kunst und Geschichte der Prärie-Indianer Bescheid wußte. Tom sammelte schon fleißig geschichtliche Fakten, Anekdoten und Kuriositäten, um seinen alternden Vorgänger mit Würde abzulösen.
    Joan Howell war bereits in Kanada gewesen und hatte ihre beiden Kinder beim Großvater abgeholt. Sie wohnten mit Sarah Bighorn, mit deren kleinen Kindern und vorläufig auch mit Ron im alten Boothhaus, das Ite-ska-wih in der denkwürdigen Nacht der Siegesfeier zum erstenmal besucht hatte.
    Percival war noch nicht zurück. Darum machte sich niemand Sorgen. Er konnte Vater Beaver noch einmal besuchen und sich auf der Heimreise das Land ansehen.
    Eine einzige schlechte Nachricht fand sich an.
    Kingsley wollte die King-Büffel entweder billig kaufen oder nicht mehr auf seiner Weide behalten. Hanska sollte sich noch vor Einbruch des bevorstehenden Winters entscheiden. Whirlwind hatte bereits die Lippen gespitzt, um anzudeuten, daß er sie nehmen könne, aber bis dahin noch nichts gesagt, um den Preis nicht etwa in die Höhe zu treiben. Hanska hatte keine Lust, sie ihm zu lassen, er wollte sie überhaupt nicht verkaufen. Aber Büffelhaltung machte Arbeit und Kosten. Ja, er wollte die Büffel trotzdem zurücknehmen. Sechsunddreißig waren es jetzt. Viele Kälber hatte Kingsley als Bezahlung für sich behalten. Aber auch für die verbleibende Zahl von sechsunddreißig Büffeln vermochte Hanska in der kurzen Spanne Zeit bis zum Beginn des gefürchteten Präriewinters nicht die notwendigen Vorbereitungen zu treffen. Sicherheit, daß nicht noch einmal ein tödlicher Unfall geschah wie mit Mary Booth, hätte er der Verwaltung geben müssen und auch dem Killerchief. Solange der Killerchief die Macht in der Hand hatte, konnte von Büffeln keine Rede sein. Verkaufte Hanska aber für den Spottpreis, den Kingsley bot, so konnte er dafür höchstens zwölf Büffel wieder erwerben. Kingsley schien sich geändert zu haben. Gegen Joe Inya-he-yukan hatte er sich noch wie ein Gentleman verhalten – oder was war damals in ihm vorgegangen?
    Mit Percival hatte Hanska eine Adresse verabredet, an der er ihn auf der Durchfahrt telegraphisch erreichen konnte. Hanska telegraphierte von New City aus. Die Verwaltung und Whirlwind brauchten nichts davon zu erfahren. Damals, als Inya-he-yukan die Büffel von der Reservation wegschaffen mußte, hatte Whirlwind nicht geholfen. Also schied er jetzt als Bewerber endgültig aus.
    Eine Woche später kam ein Antworttelegramm von Percival, aufgegeben auf einer Reservation von Stammesverwandten.
    »Sehe Möglichkeit.«
    Hanska wurde unruhig, sehr gespannt. Mit zwölf Jahren hatte er geholfen, die Büffel wegzutreiben. Den Leitstier hatte Inya-he-yukan erschießen müssen. Es war ein schwarzer Tag, die schwärzeste Nacht auch für Hanska gewesen.
    Endlich kam Percival zurück. Er ritt eine schwarze Stute. Wie hätte es auch anders sein können.
    Als ob er nie ein anderes Pferd unter sich gehabt habe, ritt er beim Booth-Bighorn-Ranchhaus des Abends vor, hängte das Tier an und ging ins Haus.
    Im großen Raum am großen Tisch saßen Sarah und Joan, Ron und die jüngeren Kinder, Tom und seine junge Frau, ein junges Mädchen, auch Harry und Mary, die oft bei den Nachbarn zu Gast waren. Percival wurde eingeladen, sich in Isaacs Patriarchenstuhl zusetzen, was er nur sehr ungern tat. Er, ein Twen, in diesem Stuhl? War es nicht lächerlich? Schließlich verstand er sich doch dazu.
    »Seid ihr alle von der Ranch oder nur auf Besuch bei Tom?« fragte er geradezu. In der Zeit, in der er nur schwer hatte sprechen können, hatte er es sich ganz und gar abgewöhnt, viele Worte zu machen.
    »Von der Ranch hier«, antwortete Sarah für alle.
    »Gut. Wo soll ich nun bleiben, bei euch oder droben im Blockhaus bei Hanska?«
    »Wo du willst«, sagte Joan, »aber nötiger bist du hier. Tom ist immer noch eine Wackelfigur, eine Art Hampelmann, und je nachdem, wer ihn anstößt, hampelt er nach dieser oder jener Seite, ist es nicht wahr, Tom? Deine Frau steht allerdings grade.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher