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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen
Autoren: Evelyn Sanders
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war Otto wieder an die Oberwelt gestiegen, sein Blitzlicht hatte versagt, und er glaubte nicht, daß die matten Glühbirnen in den Gängen ausgereicht hätten.
    »Na, laß man, Trudchen, so wichtig ist das ja auch nicht, bloß alte Mauern mit Nischen drin. Versäumt haste gar nichts.«
    Trudchen war nämlich oben geblieben, weil sie sich in Kellern immer so grault.
    Über die Via Appia Antica fuhren wir südwärts. Plötzlich hielt der Bus an, und der Fahrer wies auf etwa dreißig Meter Kopfsteinpflaster, die sich in der Asphaltdecke etwas seltsam ausnahmen.
    »Hier hat man den ursprünglichen Zustand der alten Heerstraße beibehalten«, erläuterte Hannelore, »da sind schon Cäsars Legionen drübermarschiert.«
    »Na, dann wollen wir das mal nachvollziehen«, beschloß der Bürgermeister und gab damit das Startsignal. Trudchen mußte mit, weil Otto ihren söckchenbestrumpften Fuß neben einem besonders großen Stein im Bilde festgehalten haben wollte. Frau Moll pflückte am Straßenrand Margeriten. Sie waren sicherlich für den Grafen bestimmt.
    »Da drüben steht übrigens das Haus von Italiens Nationalheiliger.« Hannelore zeigte auf einen von wildwuchernden Hecken durchwachsenen Maschendrahtzaun. Von einem Haus war nichts zu sehen.
    »Und wer soll das sein?« fragte ich.
    Hannelore grinste. »Na, wer wohl? Gina Lollobrigida natürlich.«
    Aha. Otto suchte die Eingangspforte, vielleicht konnte man von dort mehr sehen. Enttäuscht kam er wieder zurück. »Da ist bloß ein Weg mit Bäumen. Nicht mal ein Namensschild steht an der Tür. Ich glaube gar nicht, daß die Lollo wirklich hier wohnt.« Er knipste trotzdem. Die Hecke sah ja auch ganz malerisch aus.
    Weiter ging es den Albaner Hügeln zu, und endlich kurvte der Bus in eine Parklücke zwischen vielen anderen Bussen. Die Restbesteigung erfolgte zu Fuß. Wir kamen auf einen rechteckigen Platz, in der Mitte der übliche Brunnen, an drei Seiten Kitsch- und Kramläden, an der vierten ein Gebäude, dessen rosa Fassade dringend einen neuen Anstrich nötig hatte.
    »Das ist Castel Gandolfo?« Frau Moll war entsetzt. Einen Palast hatte sie erwartet oder wenigstens ein Schlößchen mit Türmen dran und einem großen Portal, aber doch nicht diesen schäbigen Kasten, der so gar nichts hermachte. »Der Papst kann sich doch wirklich was Besseres leisten!«
    Auf die leibliche Anwesenheit des Hausherrn mußten wir natürlich verzichten, aber wir konnten ihn in sechs verschiedenen Größen nicht nur bewundern, sondern sogar kaufen. Echt Gips. Trudchen wollte den zweitkleinsten. »Der kommt aufs Vertiko neben das Foto vom Frings.«
    Am Nemi-See machten wir eine längere Pause. Hier schoß ich auch ein paar Fotos. Hauptsächlich für Stefanie, damit sie endlich mal wußte, wie der »Kratersee südlich von Rom« aussieht, den sie immer in ihre Kreuzworträtsel schreibt.
    Eine Bauersfrau bot Körbchen mit frischen Walderdbeeren an. »Die nimmst du nicht, Trudchen! Denk an Tschernobyl!« mahnte Otto, aber diesmal zeigte Trudchen Widerspruchsgeist. »Bis hierhin ist die Wolke ja gar nicht gekommen!« Sie steckte ein paar Beeren in den Mund. »Die schmecken kein bißchen nach Becquerel.«
    Der Busfahrer hupte uns wieder zusammen. Auf zur letzten Etappe! Müdigkeit machte sich breit. Frau Klinger schnarchte dezent, Frau Moll beträufelte ihre Margeriten mit Mineralwasser. Trudchen aß Erdbeeren. Die Quadriga studierte eine auseinandergefaltete Landkarte. »Wenn wir auf dieser Straße weiterfahren, kommen wir direkt nach Neapel.«
    »Wollen wir denn dahin?« fragte Trudchen kauend.
    Hannelore bemühte sich, uns die Schönheit der vorüberhuschenden Landschaft nahezubringen, wies auf Besonderheiten hin, auf scheinbar an Felsen geklebte Häuschen, auf ein winziges Dörflein hoch oben auf dem Berg, sah aber nur in gähnende Gesichter und schaltete das Mikrofon wieder ab.
    »Haben Sie diesen Job nicht manchmal satt bis obenhin?« fragte ich leise.
    »Damit verdiene ich mir mein Studium. Diese kunsthistorischen Führungen mache ich eigentlich recht gern, weil ich selber immer wieder etwas dazulerne, aber von den Ausflügen bin ich weniger begeistert.«
    Ich warf einen Blick auf die dösende und sanft vor sich hin schnorchelnde Busbesatzung und konnte Hannelore verstehen.
    Irgendwann bogen wir von der Straße ab auf einen besseren Feldweg, und nach wenigen Kilometern standen wir auch schon vor einer Barriere. »Endstation! Alles aussteigen!« sagte Frau Marquardt.
    Auf einen Schlag waren
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