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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen
Autoren: Evelyn Sanders
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ungefähr«, lachte sie.
    Wie auf Kommando schritt der Graf durch die Tür, ließ fragen, ob alle zufrieden gewesen wären, was ihm lautstark bestätigt wurde, und erbat sich zum Abschluß des Abends eine Kostprobe deutschen Liedguts. Gesättigt und hinreichend mit Landwein abgefüllt, wurde diesem Wunsch stattgegeben. Der Brunnen war’s mal wieder, der vor dem Tore stand. Unter leutseligem Winken verließ uns der Gastgeber, worauf wir uns ebenfalls erhoben und auf mehr oder weniger schwankenden Beinen die gastliche Stätte räumten. Neben dem Ausgang war inzwischen ein Tisch aufgebaut worden, bestückt mit den flüssigen Produkten der gräflichen Weinberge, zum Teil schon transportfertig verpackt. Sehr schnell füllte sich die Zigarrenkiste mit Barem, selbst große Scheine wurden ohne Zögern entgegengenommen, es war genügend Wechselgeld vorhanden.
    Die Rückfahrt verlief schweigend. Ein paar Sangesbrüder, die auf den Geschmack gekommen waren, wurden niedergezischt. Bald schlief der ganze Bus. Ich auch.
    LETZTER TAG: Ausgang bis zum Mittagessen. Dem Instinkt der Herde folgend, sammelte sich der größte Teil der Gruppe zu einem Marsch ins Stadtzentrum, obwohl die Ziele der einzelnen weit auseinander lagen. Der Bürgermeister wollte sich die berühmte Statione Termini ansehen, von der er sich vielleicht Anregungen für den in seiner Stadt geplanten Busbahnhof erhoffte. Die Quadriga hatte im Stadtführer festgestellt, daß das offizielle Programm die Villa Medici ausgespart hatte, und die mußte man ja auch gesehen haben.
    Frau Moll und Frau Klinger suchten Mitbringsel für die Mitglieder des Seniorenclubs, na, und Otto hatte bei Durchsicht seiner fotografischen Aufzeichnungen entdeckt, daß ihm noch Bilder vom Denkmal Viktor Emanuel II. fehlten. Was er an diesem geschmacklosen Monument für fotografierenswert hielt, wußte nur er allein. Mich erinnerte das Ding an eine altmodische Schreibmaschine, die Amerikaner bezeichnen es als »weddingcake«, was aber nicht stimmt, weil die Hochzeitskuchen hübscher aussehen.
    Mutterseelenallein bummelte ich durch Straßen, die wir auf den Besichtigungstouren im Eilmarsch durchschritten hatten, kam auf der Piazza Navona endlich zu meinem Eiskaffee und hatte Zeit genug, den phantastischen Blumenschmuck an den Häusern rund um den Platz zu bewundern: Wahre Kaskaden von verschiedenfarbigen Geranienblüten fielen aus fast jedem Fenster und vereinten sich zu einem Blumenflor, wie ich ihn in dieser Fülle an Häuserfronten noch nie gesehen hatte. Und das im Mai! Meine Blumenkästen zu Hause standen noch im Keller, weil sich die Eisheiligen mal wieder verspätet hatten.
    Als ich ins Hotel zurückkam, stapelten sich bereits die Koffer in der Halle, und ich hatte meinen noch nicht mal gepackt! Wozu hatte ich eigentlich die dicken Pullover mitgenommen? Nicht einen davon hatte ich gebraucht, aber für die Rückreise würde ich wohl besser einen draußen lassen. Zehn Grad sollten wir in Deutschland haben, nachts immer noch Bodenfrost. Ich hätte vielleicht doch einen Südländer heiraten und mich jenseits der Alpen ansiedeln sollen. Es mußte ja nicht gerade Rom sein, da waren die Überlebenschancen zu gering.
    Trotzdem brachte uns der Busfahrer ein letztes Mal ungeschoren durch den brodelnden Verkehr. Erst nachdem wir schon alle ausgestiegen waren, krachte es, aber die Delle im Lieferwagen, der etwas zu schwungvoll die Kurve genommen hatte, war größer als die Beule im Bus.
    Der Bürgermeister schleppte meinen Koffer, ich seine Tasche, die erheblich schwerer geworden war als zu Beginn der Reise, und mit einem letzten Blick zum strahlendblauen Himmel trotteten wir ins Terminal. Dort kam uns mit allen Anzeichen des Entsetzens Hannelore entgegen. »Irgendwas ist schiefgelaufen, die Maschine ist überbucht.«
    »Was heißt das?« fragte Frau Moll.
    »Acht Plätze sind doppelt verkauft worden.«
    »Dürfen die denn so was machen?«
    Das durften sie natürlich nicht, aber es war nun mal geschehen. Fehler des Computers.
    »Irren ist menschlich«, feixte der Bürgermeister, »aber ein richtig schönes Chaos bringt nur ein Computer zustande. Was passiert denn jetzt?«
    Genau das versuchte Frau Marquardt zu klären. Wir hockten derweil auf unseren Koffern und warteten. Jeder von uns hätte seinen Aufenthalt in Rom gern noch ein bißchen ausgedehnt, aber diese Galgenfrist hätten wir lieber im Caffe Greco oder sonstwo verbracht statt in diesem ungemütlichen Flughafengebäude, wo wir nicht mal was
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