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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen
Autoren: Evelyn Sanders
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konnten, ob man das Geld nun über die linke oder die rechte Schulter zu werfen habe.
    Im übrigen hat mich die Fontana di Trevi tief enttäuscht! Ich hatte einen riesigen freistehenden Brunnen erwartet, wie es in Rom Hunderte gibt, statt dessen sah ich ein paar nicht sonderlich schöne Figuren, die an der Fassade eines grauen Gebäudes klebten. Im halbkreisförmigen Becken schwammen Fahrscheine, Eislöffel, Plastiktüten sowie eine Baseballmütze mit der Aufschrift »Boston-Rangers«.
    Die Spanische Treppe sah sehr italienisch aus, war dreckig und hatte abbröckelnde Stufen.
    »Soll ich Sie fotografieren?« Probehalber hielt Frau Marquardt ihre Kamera ans Auge.
    Erschrocken winkte ich ab. »Sehe ich so aus? Nachher kaufe ich mir eine Ansichtskarte, darauf sind dann wenigstens die Blumenkübel bepflanzt. Jetzt wuchert doch bloß Unkraut drin. Verstehe ich gar nicht, wir haben doch schon Mai.«
    »Eben! Die offizielle Touristensaison beginnt erst im Juni.«
    In einer kleinen Trattoria aßen wir Omelette mit Pilzen, tranken einen wunderbaren Barolo dazu, danach schlenderten wir über die Via del Corso, bestaunten gleichermaßen die illustren Namen über den Geschäften wie die horrenden Preise und landeten schließlich im Caffe Greco, weil man als informierter Romreisender dort seinen Espresso getrunken haben muß. Welch eine Blamage, wenn man zu Hause beim nächsten Smalltalk nicht beiläufig erzählen kann, man habe im Greco Marcello Mastroianni vor seinem Aperitif getroffen und die kleine – na, wie heißt sie doch gleich? – Ornella Dingsda. Wir haben allerdings keine Prominenz gesichtet, nur gelangweilt herumstehende Kellner, und den Kaffee habe ich woanders auch schon besser bekommen. Als die Quadriga hereinmarschierte, flüchteten wir.
    Am Abend schlenderten wir durch die engen dunklen Gäßchen von Trastevere, dem ehemaligen jüdischen Getto, das auch heute streckenweise aussieht wie im Mittelalter.
    »Hier treffen wir garantiert niemanden von der Herde«, hatte Frau Marquardt gesagt, »die sitzen jetzt alle auf der Via Veneto oder in diesem auf Alt-Heidelberg getrimmten Mammutschuppen und betrachten Rom aus der Bierglasperspektive.«
    Wie recht sie hatte! Das Restaurant, in dem wir endlich einen Tisch im Freien fanden, war bevölkert von italienischen Großfamilien einschließlich Urahne und Säugling, der ungeachtet des lebhaften Treibens um ihn herum in seinem Korbwagen schlief. Kein deutscher Tourist war zu sehen, kein gummikauender Collegeboy mit University-of-Columbia-Sweatshirt, kein Besucher aus dem Fernen Osten mit schußbereiter Kamera und Stadtplan in der Hand.
    »Hier gefällt’s mir! Das ist Rom, wie ich es mir vorgestellt habe! Eine warme Frühsommernacht, Straßenmusikanten, fröhliche Gesichter überall – sogar der Mond scheint ordnungsgemäß fast rund. Ob die hier frische Scampi haben?«
    Hatten sie. Auch die Minestrone war hervorragend und der Prosciutto mit eisgekühlter Melone und der Bardolino und die frischen Erdbeeren hinterher… wir merkten gar nicht, wie die Zeit verging. Um halb zwölf mahnte Frau Marquardt zum Aufbruch.
    »Wir müssen zusehen, daß wir noch vor Ende des Spektakels am Petersplatz vorbeikommen, nachher ist dort die Hölle los!«
    Nicht gerade ein passender Vergleich für die heilige Handlung, aber ein durchaus berechtigter, wie sich am nächsten Morgen herausstellte. Die letzten Besucher der Papstmesse waren nachts um drei ins Hotel gekommen.
    Als unser Taxi den riesigen Platz umfuhr, war die Zeremonie noch in vollem Gange.
    »Ich denke, die Messe hat um acht angefangen? Jetzt haben wir gleich Mitternacht. Wie lange dauert denn so was?« Schließlich bin ich evangelisch und nicht sehr bewandert, was die Rituale der katholischen Kirche anbelangt.
    »Wenn der Papst erst mal anfängt zu predigen, hört er so schnell nicht wieder auf«, sagte der Taxifahrer, »er ist ja so selten hier, dann hat er natürlich eine ganze Menge zu sagen.«
    Der Vatikan muß einen exzellenten Zeremonienmeister haben, denn der optische Eindruck dieser Massenveranstaltung war überwältigend. Auf der Treppe zum Petersdom schimmerte alles in Rot und Gold, dazwischen ein bißchen Violett. Die Goldtupfer stammten von den Stuhllehnen, das Lila wahrscheinlich von jenen Kardinälen, die aus Versehen das falsche Käppchen aufgesetzt hatten. Das allerdings ist meine private Vermutung, denn wie schon gesagt, kenne ich mich nicht so genau aus.
    Ein paar Stufen tiefer in gebührendem Abstand von den
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