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Das Grauen von Bookerhole - Ein Fantasy-Thriller (German Edition)

Das Grauen von Bookerhole - Ein Fantasy-Thriller (German Edition)

Titel: Das Grauen von Bookerhole - Ein Fantasy-Thriller (German Edition)
Autoren: Vanessa Farmer
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unternehmen?“
    „ Die Wahrheit finden, Sir!“ Stanley Hard stand auf. Er mußte sich etwas bücken, um nicht mit dem Kopf gegen den Kronleuchter zu stoßen. Sein vom Kaminfeuer gemalter Schatten bog sich an der Wand herab. Er strich sich die Hose glatt, zupfte an seiner Weste, richtete seinen Binder, griff nach seinem modischen Cut und seinem Bowler.
    Thomas Dombey blickte seinem Mitarbeiter hinterher. Er drückte den Stumpen seiner Virginia aus und machte ein besorgtes Gesicht.
     
     
     
    Stanley mietete sich am Hannover Square eine Droschke. Über die Blackfriars Bridge ließ er sich Richtung Südosten fahren, überquerte den St. Georges Circus und verließ hinter Panton Place den Kern der Stadt.
    Kühler Herbstwind wirbelte Blätter von den Ästen. Wie flirrende Riesenkonfetti schneiten sie auf die feuchten Straßen herab. Nebelschwaden lagen wie schmutzige Geisterbetten auf dem Pflaster und Laternenmänner lehnten ihre Leitern gegen Gaslichter.
    Maronenverkäufer hatten Hochkonjunktur und bedienten in dunkle Mäntel gemummte Männer und Frauen. Hinter Schaufenstern leuchteten Kerzen, die in verzierte Kürbisse gestellt worden waren, Blendlaternen mit funkelnder Silberfolie davor zauberten irisierende Lichtreflexe auf billige Auslagen; Kinder, deren bloße Füße in Pfützen standen, drückten sich beim Zuckerbäcker die Nasen platt, bis sie verjagt wurden und quietschend in alle Richtungen davonliefen.
    Die Häuserfassaden verloren mit der zunehmenden Dunkelheit ihren Glanz, Stuckverzierungen machten brüchigen Backsteinwänden Platz. Tuschelnde Menschenhäuflein standen um Tonnen herum, in denen Feuer loderten und der Geruch von heißem Wein zog durch die Gassen. Torwege führten ins schwarze Nichts, und weiße Gesichter lauerten in geöffneten Fenstern und starrten der Droschke hinterher, die über die von Hitze und Kälte zerrissene Straße rumpelte.
    Stanley schloß seine Augen und gähnte.
    Die letzten Tage hatten ihn angestrengt, weniger die Arbeit bei Gericht, vielmehr die Tatsache, daß er Cecilias Verurteilung nicht hatte verhindern können. Er war vor die Wahl gestellt worden: Abschiebung in eine Anstalt oder Tod!
    Seine Ansicht zur Juristerei hatte sich auch nach sieben harten Jahren und Entbehrungen nicht geändert. Recht mußte Recht bleiben. Man konnte es nicht verdrehen. Recht war eine feste Größe und für diese lohnte es sich zu kämpfen, egal ob ein Klient arm oder reich war. Vor dem Gesetz waren alle gleich.
    Die Droschke schob sich in eine steile Kurve, und der Kutscher ließ die Peitsche knallen.
    Stanley erwachte aus seinen Überlegungen und streckte den Kopf aus dem Fenster. In dieser Gegend war London nur noch schwach besiedelt, vor zehn Jahren hatten sich hier noch fette Weiden erstreckt; im Sommer ein Meer von Blumen, im Winter eine weiße Ebene bis zum Horizont.
    Jetzt gab es eine Ansammlung ärmlicher Gebäude, schmieriger Straßen, holperiger Wege und Müllhaufen, die sich unter verrotteten Bäumen auftürmten. Es stank, und Stanley wollte gerade seinen Kopf zurückziehen, als sich in der Ferne der Schattenriss von Bookerhole aus der Dämmerung schälte.
    Die Irrenanstalt glich einem düsteren Spukschloß, allerdings ohne Zinnen und Türmchen. Dafür hoben sich Gitter vor der Fassade in die Höhe und Wächter patrouillierten auf einem Dachgang.
    Stanley fröstelte es. Die Droschke hielt an. Er stieg aus dem Verschlag, schob sich seinen Bowler zurecht und zupfte seine Handschuhe über die Finger. Sein Spazierstock glänzte im Schein vieler Laternen, ein Stock, in dessen Inneren ein Degen lauerte, scharf wie eine Rasierklinge. Er hatte ihn an seinem letzten Geburtstag – er war dreißig geworden - von Dombey geschenkt bekommen.
    Viele Handlaternen empfingen ihn. Droschken, Kutschen und zwei einfache Fuhrwerke kauerten im Dämmerlicht. Was war hier los?
    Er bat den Kutscher zu warten und orientierte sich.
    Ein scharfer Wind pfiff über die Ebene.
    „ Wer sind Sie?“ Ein Polizeidiener vertrat ihm den Weg. Er trug den üblichen glänzenden Hut, die steife Halsbinde, den faltenlosen Überrock und einen ledernen Gürtel, an dem massige Handschellen klimperten.
    „ Stanley Hard, Anwalt!“
    „ Was suchen Sie hier?“
    „ Gibt es einen Grund dafür, daß Sie mich aufhalten?“
    „ In diesem Haus ist ein Mord geschehen, Sir! Sie können Bookerhole nicht ohne besondere Genehmigung betreten.“
    „ Ich bin Anwalt.“
    Der Polizeidiener zögerte.
    „ LASSEN SIE DEN MANN!“,
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