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Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Gold der Lagune: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Gerit Bertram
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wiegte Elisabeth und beobachtete, wie ihr Gatte, den Kopf über den Teller gebeugt, stumm das Essen zu sich nahm. Dabei hatte sie mit Eiern gefüllte Teigtaschen zubereitet, Baldos Lieblingsspeise, und frisches Brot dazugelegt, in der Hoffnung, damit sein eisiges Schweigen endlich beenden zu können. Doch er war sturer als jeder Ochse. Cristin fühlte sich unbehaglich, fasste sich jedoch ein Herz.
    »Du hast ja recht, mein Lieber«, räumte sie ein. »Die Spinnerei zu schließen ist so kurz nach der Eröffnung gewiss nicht klug. Aber bedenke doch …«
    Baldo hob den Kopf. »Ich?« Er legte den Löffel beiseite. »Du bist es, die nachdenken sollte! Wüsste nicht, was es da noch zu reden gibt.«
    Cristin betrachtete seine schwieligen Hände. »Denkst du, mir ist wohl dabei, den weiten Weg nach Polen anzutreten und hier alles stehen und liegen zu lassen?« Ihre Stimme klang brüchig. »Aber wenn Jadwiga ruft, sollte ich da nicht folgen? Hast du schon vergessen, was sie alles für uns getan hat?«
    Baldo schob den Teller von sich. »Natürlich nicht. Aber wir können Minna hier unmöglich allein lassen, oder wie hast du dir das gedacht?« Er erhob sich und ging zur Tür, ohne sie noch eines weiteren Blickes zu würdigen. »Ich bin in meiner Werkstatt, falls du mich suchen solltest.«
    Eine Weile später unterbrach Cristin ihre Arbeit. Sie gab Minna Anweisung, derweil in der Spinnerei zu bleiben, und legte den kurzen Weg zu dem kleinen, an die Goldspinnerei angrenzenden Holzhaus zurück, in dem ihr Mann seine Werkstatt eingerichtet hatte. Durch den schmalen Spalt der angelehnten Tür lugte sie hinein. Baldo stand mit nacktem Oberkörper an der Werkbank und wandte ihr den Rücken zu. Stumm beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln, während er im immergleichen Rhythmus auf ein glänzendes Stück Metall einschlug. Seine Haut glänzte vor Schweiß.
    Baldo schien seine Frau nicht zu bemerken. Oder er hatte beschlossen, sie nicht zu beachten. Die Luft war schwer und heiß. Zögernd trat sie näher.
    Baldo hielt inne, drehte sich zu ihr herum und ließ die Hände sinken. Worte waren nicht nötig, an den aufeinandergepressten Lippen und den Falten auf der Stirn waren seine Gefühle deutlich abzulesen. Er zog sie an sich, presste seine Wange gegen ihre. Erleichtert lehnte Cristin sich gegen seine Brust. Er hob ihr Kinn und sah ihr eindringlich in die Augen.
    »Ich kann dich also nicht von dem Vorhaben abbringen, in wenigen Tagen schon die Reise nach Polen anzutreten?«
    »Nein, Liebling, das kannst du nicht«, erwiderte sie und schluckte. »Mein Entschluss steht fest. Und Elisabeth kommt mit mir.«
    Baldo hielt sie ein Stück von sich weg, er atmete hastig. »Wenn du dich in Gefahr bringen möchtest, ist es eine Sache. Aber meine Tochter bleibt hier bei mir, in Sicherheit!«
    Mit versteinerter Miene blickte er auf sie hinab. Cristin wich vor seiner Kälte zurück.
    »Das … das kannst du nicht von mir verlangen, Baldo.«
    Er streckte die Hände nach ihr aus, doch sie schüttelte den Kopf und ließ sich auf einen Holzschemel sinken.
    »Du weißt, ich werde sie hüten wie meinen Augapfel. Allein die Vorstellung«, sie wischte sich übers Gesicht, »unsere Tochter über Monate allein lassen zu müssen … Baldo, das kann ich nicht.«
    Plötzlich konnte sie die stickige Luft der Werkstatt kaum noch ertragen. Schweiß brach ihr aus allen Poren.
    »Verdammt, Weib! Komm zu Verstand! Bin ich etwa nicht gut genug für Elisabeth?« Mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen stand er vor ihr, umfasste ihre Arme und schüttelte sie leicht. »Antworte!«
    Cristin fuhr zusammen und blickte auf. Sie wusste nicht, was sie mehr erschreckte – der wilde Ausdruck in Baldos Miene oder der Griff, mit dem er ihr die Finger ins Fleisch grub.
    »Natürlich bist du der beste Vater, den Elisabeth sich wünschen kann. Sie vergöttert dich geradezu.«
    In seinem Gesicht erkannte sie nun neben Wut auch Furcht und Sorge. Sein tiefer Atem glich eher einem Seufzen, als er seinen Griff lockerte.
    »Wir brauchen einen zuverlässigen Mann, der auf unser Hab und Gut achtet, Cristin. Den können wir uns aber nicht leisten, verstehst du? Und deshalb werde ich hierbleiben müssen.«

4
    Krakow, im Süden des polnischen Königreiches
    E s war beinahe Mittagszeit, und die Maisonne ließ ihre Strahlen verschwenderisch auf den Rynek scheinen, den größten Marktplatz der polnischen Stadt. Eine seltsam gekleidete Gestalt hatte sich dort eingefunden, ein junger Mann in
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