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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman
Autoren: Annette John
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mich nur kräftig gegen die Tür zu lehnen, da ging sie schon auf. Das war’s im Prinzip. Ich versteckte mich, wartete einen günstigen Zeitpunkt ab und verkroch mich in einer der Kutschen hinten im Gepäckkasten. Für einen unterernährten Jungen ist das kein Problem. Da hätten noch zwei von meiner Sorte reingepasst.‹
    ›Und die Helferlein?‹, fragte ich. ›Wann hast du die Helferlein verbrannt?‹
    ›Ach die‹, lachte er. ›Die habe ich nicht verbrannt. Clarisse hat es selbst getan.‹
    Ich muss wohl sehr dumm geschaut haben, denn er lachte noch breiter. ›Es war so schwierig, zu den Wagen zu kommen, solche Prinzen und Prinzessinnen reisen ja nie alleine. Sie hatten Leibwachen dabei und einige von denen blieben die ganze Zeit bei den Kutschen und passten auf wie Schießhunde. Keine Möglichkeit für mich, ungesehen zu den Wagen zu gelangen. Dann kam die ganze Gesellschaft von ihrem Ausflug zum Turm zurück, noch mehr Leibwachen und jede Menge andere Leute. Ich lag auf dem Verandadach, platt wie eine Flunder und von der Sonne gut durchgebraten – ich war vom Haus aus da drauf gekrabbelt, durch eins der roten Fenster – und sah meine Chancen immer mehr schwinden.
    Aber ich sah auch den Käfig mit den Helferlein, der so über Eck vorn auf dem Geländer stand. Man glaubt gar nicht, was auf so einem Verandadach alles rumliegt, Steine, Blätter, Äste und jede Menge Schieferplatten vom Dach, flach und scharfkantig, gute Wurfgeschosse. Ich robbte mich in Wurfposition und schleuderte die Schieferplatte auf den Käfig. Der fiel runter, ging natürlich kaputt und die kleinen Kerle stürzten sich mit Begeisterung in die Arbeit. Sie putzten und zupften und schabten die Pferde, die Hofdamen, die Soldaten, sogar die Hoheiten. Die Hoheiten kreischten, die Hofdamen fielen in Ohnmacht, die Pferde scheuten, die Soldaten schossen, und Clarisse zwischendrin wie ein aufgescheuchtes Huhn, dem man gerade seine goldenen Eier entreißt. Ihr Traum, Hoflieferantin, vielleicht sogar Palasthexe zu werden, drohte in einer Riesenpeinlichkeit zu ersaufen.
    Sie beschwichtigte und beruhigte und entschuldigte sich, sammelte die Helferlein ein, und ich konnte in dem ganzen Durcheinander von der Veranda springen und in den Gepäckkasten schlüpfen. Ich zog die Plane über mich und sah nicht, was danach passierte, aber ich hörte, wie die Prinzessin darauf bestand, dass diese bösen Holzstücke sofort verbrannt würden, vor ihren Augen und denen der gesamten Gesellschaft. Ja, und das musste Clarisse dann tun.
    Ich aber fuhr mit der vornehmen Kutsche bis in die Stadt und machte mich gleich auf den Weg zu eurer Jovinda. Danach hab ich auf einem Schiff angeheuert, als Küchenjunge. Über ein halbes Jahr hat’s gedauert, bis sie mich wieder einfing.‹
    ›Du warst ganz schön gerissen‹, sagte ich anerkennend.
    ›Nichts gegen dich‹, erwiderte er. ›Ganz ehrlich. Als ich dich zum ersten Mal da oben stehen sah, auf der Plattform, da hab ich gedacht: ›Die hat was. Vielleicht schafft sie es und bringt uns raus!‹
    ›Merkwürdig‹, lächelte ich. ›Das Gleiche hab ich von dir auch gedacht.‹
    Wir schwiegen. Schließlich hob ich mein Glas. ›Auf die Toten‹, sagte ich.
    ›Und auf uns‹, erwiderte er. ›Auf die einzigen Überlebenden des Rosenhauses.‹«
    »Auf die einzigen Überlebenden des Rosenhauses!«, summte ehrfürchtig der Chor.
    Was für eine Geschichte! Die Nacht war sehr weit fortgeschritten, Tau senkte sich herab und Kälte brach herein. Doch niemand wollte den Anfang machen und die Tafel aufheben. Alle saßen mit verschränkten Armen und hingen in Gedanken Graviatas Erzählung nach. Lulu dachte an Robert, den kleinen Jungen, der ihr Onkel gewesen war oder geworden wäre, wenn er lange genug gelebt hätte. Und dann dachte sie, dass er auf keinen Fall lange genug gelebt hätte, weil er ja kein Magier geworden war, und sie wurde wieder ganz verwirrt wegen diesem Zeitding.
    »Und die Lizenz?«, wandte sich Rafaela zähneklappernd an Jovinda. »Habt ihr die wenigstens nachgemacht?«
    »Schon mal was von einer Lizenz für Katzen gehört?«, fragte Jovinda zurück.
    »Gib endlich Ruhe mit dieser Lizenz«, brummte Churro.
    Lulu versuchte in Gedanken nachzurechnen, wie alt ihre Mutter nun eigentlich war, aber sie kam nicht weit damit, weil Wanda plötzlich so ein komisches Gesicht machte. Stocksteif saß sie da und schaute entgeistert an Lulu vorbei.
    »Was ist denn das?«, fragte sie entsetzt.
    Lulu drehte sich um. Auf der
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