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Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman

Titel: Das Geheimnis des Rosenhauses - Roman
Autoren: Annette John
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Liebes‹, fauchte sie und befahl einer Rolle Blumendraht, mich ans Treppengeländer zu binden. ›Erstaunlich, was manchen Leuten alles so einfällt, bevor man ihnen mit der Gartenschere ein paar Körperteile abtrennt!‹ Bösartig schnappte die Schere vor meinem Gesicht. ›Die Nase?‹, fragte Clarisse. ›Oder erst mal ein Ohr?‹
    ›Es gibt ein Buch‹, hauchte ich.
    ›Ein Buch?‹, kreischte sie. ›Was soll ich mit einem Buch?‹
    ›Ein Sprechendes Buch‹, sagte ich schnell. ›Jovinda hat die Sprüche in ein Sprechendes Buch gepackt.‹
    ›Was?‹ Vor Verblüffung vergaß sie ihr drohendes Scherenklappern. ›Warum sollte sie so etwas tun? – Rede mit mir oder dein Blut fließt. Warum hat sie so etwas Blödes getan?‹
    ›Für mich und Robert‹, erklärte ich leise. ›Bald würde das Rosenhaus uns gehören, sagt Jovinda. Mit dem Buch könnten wir selbst, er und ich, die Rosen zum Leben erwecken. Sie wollte …‹ Ich brach ab.
    ›Was?‹, fragte Clarisse lauernd. ›Mich töten? Diese Dilettantin, diese Herstellerin von Kinderspielzeug will mich töten?‹
    ›Vergebt mir, Herrin!‹, flehte ich verzweifelt. Ich konnte nicht mehr. Immer wieder hatten wir zu Hause geprobt, wie ich Stück für Stück die Informationen herausgeben sollte, nur nicht zu schnell, damit Clarisse nicht misstrauisch würde. Auch wusste ich Evchen in der Nähe, sie würde das Schlimmste verhindern, aber ich konnte nicht mehr. Ich wollte nur noch, dass diese Quälerei ein Ende fand.
    ›Vergebt mir, Herrin! Das war Jovindas Plan, nicht meiner. Und jetzt ist alles schiefgegangen und das Sprechende Buch ist hier …« In scheinbarer Verzweiflung brach ich ab, wie jemand, der sich verplappert hat. Wären meine Hände frei gewesen, hätte ich sie mir auf den Mund geschlagen.
    ›Hier?‹, wiederholte Clarisse. ›Du hast es mitgebracht?‹
    Ich senkte den Kopf.
    ›Unmöglich‹, sagte sie verwirrt. ›Ich habe doch eben die Bücher gehört, die du dabeihattest. Alles nur der übliche Schund!‹
    ›Ich hab’s ins Regal gestellt, zu den anderen.‹
    ›Ganz schön schlau, Liebes‹, nickte sie anerkennend. ›Nur leider nicht schlau genug. Welche Farbe hat es?‹
    ›Golden.‹
    ›Hol es!‹, befahl sie dem Scherenjungen.
    Nein, das durfte nicht sein.
    ›Jovindas Sprüche wirken vom Turm aus‹, flüsterte ich.
    ›Was brabbelst du da?‹
    Ich sank zusammen, soweit es der Blumendraht zuließ. ›Jovindas Sprüche wirken vom Turm aus! Auf alle Felder zugleich!‹
    Sie stand wie vom Donner gerührt, die Schere fiel ihr aus der Hand. Und dann rannte sie los. Es war vorbei, ich hatte sie besiegt. So schnell ihre Füße sie trugen, eilte Clarisse ihrem Verderben entgegen.
    Der Scherenjunge zerschnitt mir den Draht. Erschöpft ließ ich mich auf die Treppe sinken.
    ›Sollten wir nicht schleunigst verschwinden?‹, fragte der Junge. Ich schüttelte den Kopf. ›Hätte wohl auch keinen Zweck‹, seufzte er und setzte sich neben mich. ›Unser Vorsprung wäre zu klein.‹
    Aus dem Schatten unter der Treppe glitt eine Katze und sprang mir auf den Schoß.
    ›Deine?‹, fragte der Scherenjunge.
    ›Eigentlich nicht‹, sagte ich. Evchen schnurrte. Es war so ein schöner, heller Frühlingstag.
    Clarisse hatte den Turm erreicht. Wir sahen, wie sie die Tür öffnete und hineinging.
    ›Wenn sie das Buch nicht findet‹, prophezeite der Scherenjunge düster, ›wird sie uns beide lebendig häuten.‹
    ›Sie wird es finden‹, sagte ich.«
    Graviata schwieg. Alle schwiegen. Doch nur kurz, dann brach die Hölle los.
    »Sie hat das Buch gefunden und den Fluch gesprochen«, kreischte ein Rattenkind.
    »Der Turm stürzte ein!«, schrien die anderen. Sie sprangen von ihren Stühlen, warfen sich auf die Erde, schleuderten Kiesel und Staub in die Höhe, der Captain umsprang sie, bellte begeistert, Bumbum vergaß, dass er groß geworden war. »Bumbum!«, schrie er außer Rand und Band. Die Krähen erwachten und lärmten in den Bäumen. Kralle kreischte und schlug seine Riesenwelle. Es war unbeschreiblich. Doch man konnte nichts tun. Man musste warten, bis es vorbei war.
    »War es so?«, fragte Lulu danach.
    Graviata nickte. »Wenn ich jetzt zurückdenke, sehe ich Clarisse oben auf der Plattform stehen, die Seiten des Buchs umblättern und trunken vor Glück die Sprüche rufen, die es ihr vorsagte. Doch da muss meine Erinnerung mir einen Streich spielen. Von unserem Platz auf der Treppe hätten der Scherenjunge und ich sie niemals so deutlich
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