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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Autoren: Simon Beaurfort
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Geoffreys fetter, feiger Hund war zurückgekehrt, nun, da die Gefahr vorüber war, und er schlug sich an den Feigen den Wanst voll.
    Â»Ja, ich habe sie gesehen«, sagte Courrances. »Und ich habe gehört, die Tatwaffe war ein langer, gebogener Dolch mit edelsteinbesetztem Griff. Ihr wisst, was ich meine? Die Art, die gefährlich aussieht, aber billig und protzig ist. Man kann sie auf dem Markt kaufen.«
    Geoffrey rieb sich nachdenklich das Kinn und sah Courrances an. »Beinahe so, als wollte der Mörder nicht seine eigene Waffe benutzen?«
    Courrances erwiderte Geoffreys Blick. »Genau. Als wollte der Täter sichergehen, dass ihn nichts mit den Opfern in Verbindung bringen kann.«

    Â»Ich hoffe, du hast Edouard de Courrances angemessen für seine rechtzeitige Hilfe gedankt«, meinte Hugo von Monreale, der es sich vor dem kleinen Feuer in Geoffreys Unterkunft bequem gemacht hatte. Trotz der feuchten, dicken Wände der Festung war es nicht kalt, aber Geoffrey ließ gerne ein Feuer brennen, wenn er im Zimmer war. Es verschaffte ihm ausreichend Licht zum Lesen, und außerdem schuf es ein gewisses Maß an Heimeligkeit in einem Raum, der ansonsten bar der meisten Annehmlichkeiten war.
    Entrüstet schnaubte Geoffrey. »Er hat unbewaffnete Leute umgebracht.«
    Â»Unbewaffnete Leute gibt es doch gar nicht«, sinnierte Hugo. Er vollführte eine zupackende Bewegung in Richtung seines Freundes. »Mit den Händen kann man schlagen, jemandem die Arme verdrehen, ihm die Augen ausdrücken und kratzen.« Er deutete auf seine Beine. »Mit den Füßen kann man treten und auf jemandem herumtrampeln.« Dann wies Hugo auf seinen Mund. »Und mit den Zähnen kann man beißen und reißen. So etwas wie einen unbewaffneten Menschen gibt es nicht. Du als Krieger solltest das wissen. Und außerdem hast du selbst erzählt, dass diese unbewaffneten Leute gerade dabei waren, dich umzubringen.«
    Geoffrey musterte seinen Freund aus zusammengekniffenen Augen. Sie waren einander während der langen, zermürbenden Reise durch die Ödländer jenseits von Konstantinopel begegnet. Wie Geoffrey war Hugo der jüngere Sohn eines normannischen Edelmannes und würde keinen Besitz erben. Er war auf Sizilien geboren und stand seit der Kindheit im Dienste von Bohemund, einem der Anführer des Kreuzzuges. Anders als Geoffrey aber grollte Hugo den Launen des Schicksals, das seinem ältesten Bruder mehr Land und Reichtümer schenkte, als dieser vertragen konnte, während er selbst mit leeren Händen zurückblieb.
    Allerdings war Hugo niemand, der sich in Selbstmitleid suhlte: Wie so viele andere Normannen nahm er den Kreuzzug als gute Gelegenheit, um sich selbst zu verschaffen, was ihm durch die Umstände seiner Geburt verwehrt blieb. Und während die gewaltigen Armeen der Kreuzfahrer vom Westen her plündernd ins Heilige Land vorgedrungen waren, hatte er denn genug Möglichkeiten gefunden, sich ein Vermögen anzueignen. Die meisten Ritter besaßen wohl gefüllte Truhen mit Kriegsbeute, und Hugos Truhe war größer und voller als die der meisten anderen, da er weder zu Trunk, Hurerei noch Glücksspiel neigte.
    Â»Ãœbrigens ist ein Brief für dich angekommen«, meinte Hugo lässig und hielt das Schreiben hoch. »Es sind Grasflecken darauf, und die Handschrift ist fürchterlich. Er stammt also gewiss von der edlen Burg Goodrich in England.«
    Geoffrey warf Hugo einen finsteren Blick zu und riss ihm den Brief aus der Hand. Die lange Reise von der walisischen Grenze hatte auf dem Pergament ihre Spuren hinterlassen. Und die kantige, ungelenke Handschrift gehörte tatsächlich dem Schreiber, der seinen Lebensunterhalt der Tatsache verdankte, dass Geoffreys Vater des Lesens und Schreibens unkundig war und eine schöne Schrift nicht von einer schlechten zu unterscheiden wusste.
    Mit einer Mischung aus böser Vorahnung und Neugier erbrach Geoffrey das Siegel. Sein Vater hatte ihm erst zweimal geschrieben, seit er ihn vor zwanzig Jahren fortgeschickt hatte, damit er sich zum Ritter ausbilden ließ: einmal, um vom Tod seiner jüngeren Schwester zu berichten, das andere Mal, um ihm mitzuteilen, dass sich die neue Schafherde auf dem Besitz gut machte.
    Geoffrey glättete das billige Pergament und entzifferte mühevoll die Worte: »Mein lieber Sohn Godfrey«, las er laut vor. Geoffrey seufzte und überlegte, ob es
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