Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Autoren: Simon Beaurfort
Vom Netzwerk:
auf der Straße stand eine Frau. Sie war von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet und umklammerte mit beiden Händen einen langen Krummdolch. Der Dolch war blutverschmiert, wie Geoffrey sofort sah. Einige Leute standen ringsum und plapperten laut und aufgeregt durcheinander.
    Geoffrey bedeutete seinen Männern, stehen zu bleiben, und eilte mit Helbye weiter. Die Menge bemerkte die schwer bewaffneten Krieger und teilte sich, um sie durchzulassen. Es wurde still.
    Â»Was ist geschehen?«, fragte Geoffrey die Frau, die offensichtlich der Grund für die ganze Aufregung war.
    Er hatte normannisches Französisch gesprochen, und sie starrte ihn nur mit ängstlich aufgerissenen Augen an, bis einer der Umstehenden die Frage in Griechisch übersetzte. Die Frau schaute kurz auf den Dolmetscher und überwand sich dann, Geoffrey erneut anzusehen.
    Â»Da liegt ein toter Ritter in meinem Haus«, sagte sie leise, und ihre Stimme zitterte. Sie betrachtete den Dolch in ihren Händen, als sähe sie ihn zum ersten Mal, und schleuderte ihn entsetzt fort. Klirrend landete er vor Geoffreys Füßen. Jemand übersetzte die Antwort der Frau für die Schaulustigen, und eine Welle von Aufregung lief durch die Menge. Erwartungsvoll richteten sich alle Blicke auf Geoffrey.
    Â»O Gott!«, raunte Helbye in Geoffreys Ohr. »Diese Frau hat einen Ritter um die Ecke gebracht, Herr Geoffrey. Was fangen wir jetzt an? Zwei Wochen jagen wir ungläubige Banditen in dieser Hölle, die sie Wüste nennen, und man sollte meinen, da hätten wir ein wenig Ruhe und kühlen Wein verdient. Aber nein! Wir laufen ausgerechnet einer Mörderin über den Weg. Ob das eine Finte ist? Vielleicht wollen sie über uns herfallen, sobald wir sie festnehmen?«
    Geoffrey antwortete nicht, sondern ließ den Blick über die Menge schweifen und suchte nach verräterischen Hinweisen auf einen Hinterhalt. Helbye hatte Recht, wenn er misstrauisch war und sich nicht gerne in diese Angelegenheit verwickeln ließ. Es war gerade ein Jahr her, seit Jerusalem in die Hände der Kreuzritter gefallen war. Tausende Menschen waren dabei niedergemetzelt worden, auf eine Weise, an die sich Geoffrey nur mit Abscheu erinnerte, obgleich er als Krieger einiges gewohnt war. Es herrschte Unruhe in der Stadt, obwohl nur wenige Einwohner Jerusalems die Plünderungen überlebt hatten – oder vielleicht gerade deswegen. Überall gab es Widerstand gegen die Besatzung der Kreuzritter.
    Â»Wie lautet Euer Name?«, fragte Geoffrey die Frau auf Griechisch. Sie sah ihn überrascht an, als er in ihrer Sprache redete, und es dauerte einige Augenblicke, ehe sie antwortete.
    Â»Melisende Mikelos«, antwortete sie leise.
    Â»Zeigt mir diesen toten Ritter, Frau Mikelos«, sagte er und musterte sie streng. Mit einer Geste wies er sie an, vorauszugehen und ihm den Weg zum Haus zu zeigen. Sie riss die Augen noch weiter auf und wich erschrocken ein Stück zurück.
    Â»Bitte nicht!«, rief sie. »Bitte zwingt mich nicht, dorthin zurückzugehen!« Sie sah aus, als wollte sie gleich davonlaufen, aber die Zuschauer zogen den Kreis enger und ließen sie nicht fort.
    Â»Wohnt Ihr hier?«, fragte Geoffrey und beobachtete sie genau. Argwöhnisch nickte sie. »Dann müsst Ihr ohnehin irgendwann ins Haus zurückkehren. Außer natürlich, Ihr möchtet Eure Wohnung aufgeben und den Plünderern überlassen.«
    Sie schaute ihn flehentlich an. »Ich würde lieber hier warten, bis Ihr die … Leiche aus meinem Heim entfernt habt. Wenn sie fort ist, werde ich das Haus wieder betreten.«
    Â»Ihr müsst jetzt mit mir mitkommen«, sagte Geoffrey, der mit seiner Geduld am Ende war. Je länger er hier auf der Straße stand und mit dieser Frau verhandelte, die ebenso gut die Mörderin sein konnte, desto länger brachte er seine Männer unnötig in Gefahr. Als sie sich nicht rührte, trat er vor und fasste sie entschlossen am Arm. Unwillkürlich wehrte sie sich, doch er war kräftig. Sie erkannte schließlich, dass sie ihm nicht entkommen konnte, und gab auf.
    Helbye winkte drei Kriegsknechte heran, die mit Geoffrey zusammen das Haus betreten sollten. Er selbst blieb mit dem Rest der Männer draußen und teilte sie in zwei Gruppen auf, um einen Angriff aus dem Hinterhalt zu erschweren. Geoffreys fetter, schwarz-weiß gefleckter Hund fand einen schattigen Winkel und streckte sich dort
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher