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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Autoren: Simon Beaurfort
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Jerusalem, hatte dort sein Hauptquartier eingerichtet, und viele Ritter, Geoffrey eingeschlossen, hatten diesen Ort als Quartier gewählt.
    Trotz der glühenden Mittagssonne versammelten sich immer mehr Menschen auf der Straße. Geoffreys Leute wurden zusehends unruhiger: Zwei hatten ihre Bogen bereitgemacht und Pfeile auf die Sehne gelegt. Geoffrey setzte sich über die empörten Proteste des Feigenhändlers hinweg und lud den Toten auf den Karren. Dann packte er Melisendes Handgelenk, rief seinen Männern Befehle zu und marschierte los. Der untröstliche Feigenhändler lief nebenher und jammerte darüber, dass seine Früchte zerquetscht wurden.
    Die Menge teilte sich, um sie durchzulassen, aber Geoffrey bemerkte einen Groll, der zuvor nicht da gewesen war. Ein kleines Kind schoss vor und versuchte, Melisende ein Messer in die Hand zu drücken. Eine bedrohliche Stille herrschte, und Geoffrey bemerkte, wie sich seine Gefolgsleute auf einen Kampf vorbereiteten. Hier und da blitzte Stahl in der Sonne auf, als Einheimische eine eigenartige Auswahl verborgener Waffen aus ihrer Kleidung zogen – Küchenmesser, Stöcke und sogar ein verlorenes Hufeisen. Das Schweigen der Leute war inzwischen düster und fühlbar bedrohlich.
    Â»Lasst mich frei«, wisperte Melisende Geoffrey zu. »Diese Leute sind zornig, weil Ihr mich mitnehmt. Lasst mich frei, und Ihr werdet unbehelligt mit Euren Männern weiterziehen können.«
    Â»Wenn Ihr keine Schuld am Tod dieses Ritters tragt, wie Ihr behauptet, dann habt Ihr nichts zu befürchten«, meinte Geoffrey und ging nicht langsamer.
    Die Frau schnaubte verächtlich. »Wer in der Zitadelle wird mir glauben?«, fragte sie. »Ihr jedenfalls nicht.«
    Sie hat Recht, dachte Geoffrey. Ich glaube ihr nicht.
    Einer seiner Leute schrie auf und hielt sich den Kopf.
    Â»Nicht stehen bleiben«, sagte Helbye in ruhigem Tonfall zu den aufgeregten Kriegern. »Sie werfen nur Steine. Ihr tragt Rüstungen. Sie können euch nicht verletzen.«
    Â»Nicht allzu sehr!«, murmelte der Soldat mit dem blutenden Kopf, aber er lief weiter. Geoffrey übergab Melisende an Ned Fletcher, einen schwerfälligen, aber zuverlässigen Waffenknecht in den Vierzigern. Er zog das Schwert. Der Pöbel folgte ihnen die Straße entlang und ließ einen wahren Hagel von Steinen und anderen Geschossen auf sie herabregnen.
    Als die Krieger um eine Ecke bogen, begann die Menge zu laufen. Geoffrey befahl seinen Leuten zu rennen. Sein Hund hatte wie üblich die Gefahr schon gespürt und war längst geflohen. Mehrere Soldaten machten ihre Bogen schussbereit, aber Geoffrey gebot ihnen Einhalt. Solch eine Situation konnte leicht in einem Blutbad enden, und er wollte nicht die Verantwortung für den Tod der Frauen und Kinder tragen, die er in der Menge erblickte, und auch nicht für den seiner Männer.
    Als Geoffrey sich noch einmal nach der Menge umdrehte, traf ihn ein Stein hart an der Brust. Die vorderste Reihe des näher rückenden Pöbelhaufens kommentierte den Treffer mit Beifall. Geoffreys Kettenhemd und der ausgepolsterte Wappenrock schützten ihn vor einer Verletzung, aber die Wucht des Wurfes ließ ihn taumeln. Er stieß mit Helbye zusammen, und noch ehe er sich wieder fangen konnte, rutschte er auf einigen Feigen aus, die vom Karren gefallen waren. Jubelnd stürmte die Menge vor, und Geoffrey versuchte vergebens, auf die Füße zu kommen. Er schrie Helbye zu, er solle fliehen, doch dieser stellte sich mit gezogener Waffe vor seinen Anführer, bereit, ihn zu verteidigen.
    Verzweifelt schloss Geoffrey die Augen. Was für eine dumme Art zu sterben, nach all den Strapazen und Qualen der aufreibenden dreijährigen Reise von England nach Jerusalem! Er hatte sich nie viele Gedanken über den Tod gemacht, aber bei den wenigen Gelegenheiten, wo er darüber nachdachte, stellte er sich vor, in der Schlacht zu fallen oder friedlich an Altersschwäche im Bett zu sterben. Niemals hätte er erwartet, von einer wütenden, mit Steinen und Stöcken bewaffneten Horde in Stücke gerissen zu werden, weil er auf ein paar Feigen ausgerutscht war.
    Die aufgebrachten Stadtbewohner kamen heran, und schon fiel ihr Schatten auf Geoffrey – doch bereits im nächsten Augenblick lag er wieder offen im Sonnenlicht. Dumpfer Hufschlag hämmerte auf der festgetretenen Erde der Straße, und Geoffrey spürte ihn mehr, als
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