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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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fuhr Frank den Truck auf die Wiese, um das Haus herum und hinunter bis zur Scheune. Henry trat mit dem Fuß die Tür auf und ging nach hinten, wo sein Onkel neben der Ladeklappe stand. Vier Steppenläufer hatten sich im Seil verfangen und baumelten am hinteren Ende des Trucks herunter. Franks Flohmarktlampe hatte ihren Schirm verloren, und der Schuber mit den Lexikonbänden war vornübergekippt und hatte seinen Inhalt gegen die Ladeklappe gespuckt.

    »Hm«, machte Onkel Frank. Henry schwieg. »Manchmal wünschte ich, Henry, ich wäre ein bisschen mehr wie deine Tante Dotty. Schnapp dir dieses Unkraut und wirf es in einen der Pferdeställe. Ich hole eine Plane und komme dann gleich wieder zurück. Du bleibst hier. Und erzähl deiner Tante nicht, was wir gemacht haben.«
    »Ist gut«, sagte Henry.
     
    Nach dem Abendessen gingen Dotty und Frank vor die Haustür, für die einzige Zigarette, die Frank täglich rauchen durfte. Henry ging mit den Mädchen in ihr Zimmer hinauf und sank zu Boden. Er war Onkel Franks Aufforderung gefolgt, das Fleisch aufzuessen, das die Mädchen übrig gelassen hatten, und jetzt hatte er mehr Fleisch im Magen, als sich dort im gesamten Verlauf seines Lebens je zuvor befunden hatte. Und wahrscheinlich auch mehr Ketchup. Um ihn herum schnatterten seine Cousinen, aber es gelang ihm nicht, sich darauf zu konzentrieren.
    Ganze Heerscharen von Puppen bevölkerten das Zimmer. Einige, mit Porzellanhaut und sehr zerbrechlichen Körpern, standen in einer Reihe auf dem Schrank, jede in einem eigenen Metallständer. Andere, mit biegsamen Armen und Beinen und gestickten Gesichtern, streckten sich in Betten. Und wieder eine andere, ein Plastikbaby, lag auf der Seite und sah Henry an. Ein Auge war geschlossen.

    Irgendwie unheimlich, dachte Henry. Aber andererseits - er war noch nie einer Puppe begegnet, die nicht zu primitiven Ritualen verwendet worden war. Solange er denken konnte, hatten seine Eltern solche immer von ihren Reisen mitgebracht.
    An einer Wand des Zimmers stand ein Etagenbett, an der anderen Seite ein kürzeres Bett. Dazwischen lag das große Fenster, das auf die Scheune hinausblickte. Die Sicht aus Henrys Zimmer wäre fast identisch gewesen, wenn er ein solches Fenster gehabt hätte.
    »Warum wohnt ihr alle drei zusammen in einem Zimmer?«, fragte er und versuchte, sich aufzusetzen. Dann legte er sich aber schnell wieder hin. »Das Haus ist doch riesig groß.« Er unterbrach damit eine Auseinandersetzung über die Frage, ob man zusammen Piraten oder Monopoly spielen sollte.
    Die Vertreterin des Brettspiels war Henrietta; Anastasia war für die Piraten. Penelope lag vollkommen gleichgültig auf dem oberen Bett. Sie wusste genau, dass sie das Zünglein an der Waage war. Die Diskussion ignorierte sie aber zur Gänze. Sie las.
    »Weil es nun mal so ist«, antwortete sie auf Henrys Frage und legte ihr Buch weg. »Im Erdgeschoss gibt es noch einen Raum, aber das ist Moms Nähzimmer. Und Dads Zimmer für den Fernseher. Ob er uns heute Abend wohl fernsehen lässt?«

    »Auf dieser Etage gibt es drei Schlafzimmer«, sagte Anastasia. Sie saß zu Pennys Füßen auf dem oberen Etagenbett. »Das von Mom und Dad, das hier und …«
    »Das von Großvater«, beendete Henrietta den Satz. Sie sah Henry in die Augen. »Er ist tot.«
    »Tatsächlich?«, fragte Henry. »Ich dachte …« Er unterbrach sich rasch. Er wusste, dass sein Großvater gestorben war. Er erinnerte sich noch daran, wie seine Mutter ihn damals in der Schule angerufen hatte. Aber er erinnerte sich auch noch an etwas anderes. Allerdings nicht genau. Nicht richtig. Er wusste nur, dass er etwas vergessen hatte.
    Seine Cousinen starrten ihn an. Er blinzelte.
    »Ja«, sagte er dann. Sein Gesicht glühte. »Das weiß ich.«
    »Großvaters Zimmer ist das schönste von allen«, fuhr Penelope fort. Anastasia und Henrietta versuchten ihr beide ins Wort zu fallen, aber Penelope sprach einfach lauter. »Es hat ein riesiges Bett, weil er so groß war, und zwei Fenster zur Vorderseite des Hauses. Mom und Dad werden es irgendwann übernehmen, wenn sie es aufbekommen. Aber Dad kann den Schlüssel nicht mehr finden. Er meint, er muss irgendwo auf seinem Schreibtisch liegen.«
    »Und er weigert sich, den Schlosser zu bestellen, obwohl Mom das will«, fügte Henrietta hinzu. »Dad meint,
der Schlosser sei ein Schlaffi und er könne es selbst reparieren.«
    »Die Fenster lassen sich auch nicht öffnen«, sagte Penelope.
    »Und dann gibt es noch den
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