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Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
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dem steht, wie man in eine geheime Stadt kommt. Die Schlüssel zu einer vergessenen Tür. Oder auch Diamanten.«
    »Tja«, sagte Henry. »Jedenfalls finde ich, ich sollte versuchen, sie zu öffnen. Ich werde von hinten anfangen. Ich werde den Pfeil auf das letzte Schriftzeichen stellen und dann alle römischen Ziffern der Reihe nach durchprobieren. Danach werde ich das nächste Schriftzeichen mit allen römischen Ziffern ausprobieren, bis ich alle 418 durchhabe.«
    »Gut«, sagte Henrietta. Sie ließ sich auf das Bett zurücksinken und sah zu, wie Henry an den Knöpfen drehte und schraubte. »Ich hoffe, es ist eine Landkarte«, seufzte sie.
    Henry hatte dreieinhalb Schriftzeichen durchprobiert, bevor sie ihn das erste Mal unterbrach.
    »Wie viele sind es noch, Henry?«
    Henry hielt inne und dachte nach. »76 habe ich schon. Ich kann zwar im Kopf nicht 418 minus 76 rechnen, aber es sind auf jeden Fall noch mehr als 300.«

    Als sie ihn erneut unterbrach, war er fünf Buchstaben weitergekommen.
    »Henry, was bedeuten denn die anderen Zeichen auf dem Knopf?«
    »Was für Zeichen?«, fragte er.
    »Die da«, sagte Henrietta. Sie kniete sich hin und leckte an ihren Daumen. Henry ging ihr ein wenig aus dem Weg und sah zu, wie sie die Knöpfe blank rieb. Die großen Pfeile, an denen er gedreht hatte, ragten weit aus den Knöpfen hinaus. Als Henrietta fertig war, konnte Henry sehen, dass sich auf jedem Knopf noch drei weitere Pfeile befanden. Sie waren viel kleiner, saßen auf der Oberfläche der Umrandungen, und sie unterteilten die Knöpfe in vier Viertel.
    »Die sehen aus wie zwei Kompasse«, meinte Henrietta. »Siehst du? Der große Pfeil sieht aus wie bei einer Windrose, mit der man auf einer Karte den Norden anzeigt. Und dann sind da Süden, Osten und Westen. Ich wette, hinter der Tür befindet sich eine Karte. Worauf soll eine Kompassnadel denn sonst hindeuten?«
    Henry antwortete nicht. Er sackte in sich zusammen.
    »Stimmt was nicht?«, fragte Henrietta.
    Henry ließ sich mit dem Rücken auf das Bett fallen und knirschte mit den Zähnen. »Wir werden nie dahinterkommen!«

    »Werden wir nicht? Warum denn nicht?«, erwiderte Henrietta. »Hör auf, mit den Zähnen zu knirschen! So schwierig kann das ja wohl nicht sein.«
    »Es ist noch viel schwieriger! Ich weiß ja noch nicht mal, wie viele Kombinationen jetzt dazukommen! Mit vier Zeigern auf jedem Knopf - das können Tausende Kombinationen sein!«
    »Oh«, sagte Henrietta. »Dann sollten wir jetzt vielleicht besser schlafen gehen. Wir können es morgen herausfinden.«
    »Ja. Wir sollten schlafen gehen.« Er sah auf seine Decke. »Aber erst mal sollte ich das hier sauber machen.«
    Henrietta stand auf und reckte sich. »Nimm sie mit nach unten und schüttle sie draußen aus.«
    Henry nahm die Decke an ihren vier Ecken und warf sie sich wie einen Sack über die Schulter. Dann verließen die beiden leise sein Zimmer und schlichen vorsichtig die Treppe hinunter. Sie kamen am Mädchenzimmer vorbei, flüsterten sich eine Gute Nacht zu, und Henrietta kroch schnell in ihr Etagenbett. Henry ging weiter nach unten zur Abstellkammer. Während er hinaustrat, überlegte er, dass er ein paar Schritte vom Haus weggehen sollte, damit niemand den Putz auf der Wiese entdeckte. Seine nackten Füße versanken im kühlen Gras, aber er bemerkte es nicht. Er sah zu einem wunderbaren Himmel hinauf, der über und über mit Sternen bedeckt war.
    Ein schimmernder Zweidrittelmond hing tief über dem Horizont. Henry lief zur Scheune, schlich seitlich an ihr vorbei, schüttelte seine Decke aus und setzte sich.
    Von Dingen wie einer vergessenen Tür hatte er noch nie gehört. Daheim in der Schule hätte er niemals geglaubt, dass es so etwas gab. Aber hier war das anders. Irgendetwas war hier merkwürdig. Er fühlte sich genau wie damals, als er herausgefunden hatte, dass Kinder in seinem Alter nicht mehr in Kindersitzen angeschnallt werden und dass Jungs im Stehen pinkeln. Er erinnerte sich, wie er im Internat seine Tasche ausgepackt und ihm sein Zimmergenosse dabei zugesehen hatte. Sein Zimmergenosse hatte ihn gefragt, wozu der Helm sei, und mit einem Mal hatte Henry das dumpfe Gefühl gehabt, dass man ihn im Dunkeln gelassen hatte, dass sich die Welt nicht nur auf eine bestimmte Art und Weise drehte, während er, Henry, einen Helm trug. Er hatte es gerade noch unterdrücken können, seinem Zimmergenossen wahrheitsgemäß zu antworten. Die Worte: »Das ist ein Helm, den mir meine Mutter für den
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