Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der 100 Pforten

Das Geheimnis der 100 Pforten

Titel: Das Geheimnis der 100 Pforten
Autoren: N D Wilson Dorothee Haentjes
Vom Netzwerk:
Dachboden, auf dem du jetzt wohnst«, sagte Anastasia. »Du hast ihn ganz allein für dich. Mom sagt, wir dürfen da nicht mehr spielen. Nur wenn wir vorher fragen.«
    »Psst«, machte Penelope.
    »Wer hat Großvaters Zimmer denn abgeschlossen?«, wollte Henry wissen.
    »Mom meint, das Schloss ist gar nicht abgeschlossen, sondern nur kaputt«, sagte Penelope. Die anderen Mädchen nickten. »Dad sagt, alte Türen haben ihren eigenen Willen.«
    »Wie lange ist das Schloss denn schon kaputt?«
    »Seit Großvater gestorben ist«, sagte Penelope. »Vor zwei Jahren.«
    »Das Zimmer ist seit zwei Jahren abgeschlossen?«, fragte Henry nach.
    Penelope nickte.
    »Und seitdem ist niemand mehr dort drin gewesen?« Henry rappelte sich auf. Er öffnete die Tür des Mädchenzimmers und trat auf den Flur hinaus. »Es ist die da drüben, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete Henrietta.

    Henry ging langsam den Flur entlang, an Frank und Dottys Zimmer und am Bad vorbei. Die Mädchen sahen ihm schweigend zu. Die Tür von Großvaters Zimmer sah alt aus, aber ansonsten völlig normal. Die angelaufene Messingklinke hing schief herab. Henry streckte die Hand aus, doch dann hielt er inne. Seine Augen waren nicht auf das gerichtet, was vor ihm lag. Er konzentrierte sich auf ein Bild in seinem Kopf. Ein kleiner alter Mann. War er violett? Oder violett gekleidet? In einen violetten Mantel? Ein kleiner Mann in einem violetten Mantel, der ihm beim Baseballspielen zusah.
    »Pass auf! Siehst du?« Henry fuhr zusammen, als Henriettas Stimme dicht neben ihm ertönte. Sie rüttelte an der Klinke. »Jetzt komm. Lass uns etwas machen.«
    »Ich will aber nicht Monopoly oder Piraten spielen«, sagte Anastasia.
    »Na gut«, sagte Penelope. »Dann eben Menschenfresser-Hüpfekästchen. Ich spiele sogar ausnahmsweise ein bisschen mit euch Kleinen mit.« Sie sah zu Henry. »In der Scheune.«
    »Als wenn du so alt wärst!«, meinte Anastasia. »Sie hat Menschenfresser - Hüpfekästchen erfunden .«
    Penelope machte sich auf den Weg die Treppe hinunter. »Als ich noch klein war«, sagte sie.
    »Warst du letzten Sommer noch klein?«, fragte Henrietta.

    Die drei Mädchen verschwanden die Treppe hinunter. Henry blieb noch einen Moment lang stehen und betrachtete Großvaters Tür.
    »Henry!«, rief Anastasia. Und Henry folgte ihnen.
     
    Henry versuchte zu spielen. Und obwohl es ihm eigentlich Spaß machte, oben in der Scheune herumzuspringen und zu sehen, wie der Staub aufwirbelte, war ihm das Spiel ein wenig peinlich. Nicht dass er sich überlegen gefühlt hätte. Aber normalerweise spielte er für sich, allein in seinem Zimmer.
    Schließlich ließ er die Mädchen allein, stieg die Leiter hinab, lief hinüber zum Haus und ging hinein. Er ließ sich von Onkel Frank ein zerfleddertes altes Buch mit dem Titel »Unterseeboot Periskop« geben und stieg damit die Treppen hinauf zu seinem Zimmer auf dem Dachboden. Im Vorbeigehen warf er einen Blick auf Großvaters Zimmertür. Die Sonne war noch nicht lange untergegangen und er saß auf seinem Bett und sah durch die Türen über den gesamten Dachboden und aus dem runden Fenster hinaus auf die flackernden, kaputten oder schlecht funktionierenden Straßenlaternen der Stadt Henry in Kansas. Nach einer Weile schloss er die Türen, streckte sich auf dem Bett aus, überlegte, was das für ein merkwürdiges Buch war, das Frank ihm gegeben hatte, und schlief bei eingeschalteter Lampe ein.

    Mit einem Ruck wachte Henry auf und blinzelte in die Helligkeit. Zuerst wusste er nicht, warum er aufgewacht war. Er musste nicht aufs Klo, seine Arme waren nicht eingeschlafen und er hatte auch keinen Hunger. Er konnte noch nicht lange geschlafen haben.
    Er setzte sich auf. Ein Stückchen Putz rutschte von seiner Stirn, prallte an seiner Nasenspitze ab und landete auf seiner Brust. Er strich sich mit der Hand durch das Haar und noch mehr Wandputz fiel in seinen Schoß. Henry sah auf.
    Über ihm ragten zwei kleine Knöpfe aus der Wand. Einer der Knöpfe drehte sich kaum merklich. Ein feines kratzendes Geräusch war zu hören, das sich schließlich zu einem Schlag steigerte, der feinen Mörtelstaub auf Henry und sein Bett herabrieseln ließ.
    Für ein paar Augenblicke sah Henry einfach nur gebannt zu. Er hielt den Atem an, schnaufte heftig und hielt dann wieder den Atem an. Die Knöpfe standen so still, dass er sich fragte, ob sich der eine tatsächlich bewegt hatte. Er hatte geschlafen. Vielleicht hatte er es geträumt?
    Ich habe nicht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher