Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe der Pandora

Das Erbe der Pandora

Titel: Das Erbe der Pandora
Autoren: Diane Pugh
Vom Netzwerk:
vorbereitet. Die Tür des Aufzuges
schloß sich, und in der Leitung knisterte es. »Ich bin in einem Aufzug. Ich
höre dich nicht mehr.«
    »Ich meine es ernst, Iris. Ich werde
nicht zulassen, daß sie...«
    Ein Rauschen war zu hören, dann war
die Leitung unterbrochen.

2
     
     
    I nnerhalb von zehn Minuten hatte sich
Iris mit Louise getroffen, ihre Haare und ihr Make-up in Ordnung gebracht, sich
in die Feinstrumpfhose gezwängt, die Louise ihr mitgebracht hatte, und nun
stieg sie im elften Stock aus dem Fahrstuhl. Ihre Aktentasche hielt sie sicher
in der linken Hand, während sie die schwere Glastür aufmachte, auf der in
erhabenen Messingbuchstaben die Aufschrift zu lesen war: McKinney Alitzer
Financial Services. Nach dem Geklapper ihrer Pumps auf dem Zement der Garage
und dem Granit der Flure im Haus klangen ihre Schritte auf dem
Plüsch-Teppichboden der Bürosuite ihrer Firma beunruhigend leise. Außerdem kam
ihr dadurch das Geklapper ihrer Gedanken um so lauter vor. Bridget wollte die
Scheidung, und Sam Eastman wippte in ihrem Büro ungeduldig mit den Füßen. Nach
einem köstlichen Beginn entwickelte sich dieser Morgen langsam aber sicher zu
einem verdammt schlechten Tag.
    Iris ging nach links in die
Wertpapierabteilung und setzte ihre Maske auf: Sie lächelte und strahlte
Zuversicht aus. Mittlerweile fiel es ihr leicht. Sie machte es seit langem. Ein
hüftschwingender Gang mit großen Schritten war normalerweise im Paket
inbegriffen, aber heute tippelte sie so vor sich hin, daß sie sich wie eine
Geisha vorkam. Abgesehen von ihren anderen Sorgen hatte sie ein unmittelbares
Problem: Die Feinstrumpfhose, die Louise gekauft hatte, war zu klein. Sie war um
die Hüften herum heruntergerutscht und, so befürchtete Iris, auf dem Weg in die
Kniekehlen.
    Sie ging durch das Großraumbüro — der
Ansammlung von offenen Schreibtischnischen, in denen die jüngeren Broker mit
den geringeren Umsätzen und die Assistenten arbeiteten —, winkte und stellte
Blickkontakt zu jedem einzelnen her. Sie kam an den Büros vorbei, die zum
Norden hinaus lagen und die den hochrangigen Brokern als zweite Heimat dienten.
Sie winkte Kyle Tucker und Amber Ambrose zu, die dort an ihren Schreibtischen
saßen. An nahezu jedem war sie vorbeigekommen und nun fast in ihren eigenen
vier Wänden angelangt — erfreut, daß ihr niemand viel Aufmerksamkeit schenkte
ebensowenig wie ihrem abgenutzten lindgrünen Kostüm und ihren vom Wind
zerzausten Haaren. Anscheinend waren alle zu beschäftigt. Jeder einzelne von
ihnen telefonierte und sprach angeregt in das Mikrofon seines Headsets. Ihre
Freude wandelte sich in Sorge, als sie spürte, daß niemand guter Laune war.
Broker waren glücklich, wenn gute Handel zustande kamen. Aber keiner schien
glücklich zu sein.
    Iris erreichte Louises Schreibtisch,
der in einer verglasten Nische am Ende des Flures stand. Gleich daneben befand
sich das Eckbüro von Iris. Louise schaute über ihre halbe Brille hinweg und
unter ihren wohlgeformten Augenbrauen zu Iris auf. »Guten Morgen, Iris. Gut
sehen Sie aus.« Sie zog einen Stift aus dem Wall ihrer gräulich blonden Haare,
die sie immer zu einer Rolle im Nacken hochsteckte. Sie benutzte den Stift als
Zeigestock, um eine Aufstellung von Zahlen durchzugehen.
    »Einen wunderschönen guten Morgen
wünsche ich auch Ihnen, Louise.« Iris wirbelte in ihr Büro.
    Sam Eastman saß in einem der beiden
mit Damast bezogenen Sessel im Queen-Anne-Stil, die gegenüber von Iris’
Schreibtisch aus Kirschbaumholz standen. Iris hatte ihr Büro umgestaltet, kurz
nachdem ihre Beförderung verkündet worden war. Das männliche Moosgrün, schwere
Mahagoni und dunkle Leder ihres Vorgängers hatte sie hinausgeworfen. Dafür
waren Farben wie Pfirsich, Mintgrün und Creme, Damast- und Gobelinstoffe, Möbel
aus Kirschbaumholz und Lampen aus Kristall und Messing hineingekommen. Ihr
Prunkstück war der mit Messingösen beschlagene Schreibtischstuhl aus weichem,
cremefarbenem Leder.
    Sam runzelte die Stirn und grüßte sie
nicht, sondern legte sofort los. »Ich bin gespannt, wie Sie die generelle
Lohnerhöhung von sechs Prozent erklären wollen.«
    Sam war erst Mitte Fünfzig, aber er
gehörte zu den Männern, die sich im Alter unvorteilhaft veränderten. Er war ein
Mann der konservativen, privilegierten Schicht mit glatten Haaren und dünner
Haut und hatte in seiner Jugend wahrscheinlich gut ausgesehen. Nun bedeckte das
platte Haar gerade noch den rosafarbenen Schädel, die matten grauen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher