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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück
Autoren: dieverse Autoren
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Licht gesehen hatte.
     Das traurigste war, daß man sie für die Diebin hielt, als sie kündigte.
     Nun, man kann nicht jedem die Okulare vor die Nase halten, ihn vor die Anlage setzen und sagen: »Schauen Sie hinein, und Sie werden ein anderer Mensch! Bemühen Sie sich ein bißchen um Ihre Seele, was kostet Sie das schon?«
     Interessanterweise kamen zu den Sitzungen meist dieselben Leute, von denen ohnehin bekannt war, daß sie ein Gewissen hatten. Viele kamen aus Faulheit nicht, und es war einfach, die Schurken von Arsiks Anlage fernzuhalten. Das Institut spaltete sich in zwei Lager.
     Ich mußte Rechtfertigungen verfassen. Darin hatte ich zu erklären, warum ich die Experimente erlaubt hatte, warum Außenstehende zugelassen wurden und welches Ziel die Forschungen verfolgten.
     Konnte ich etwa schreiben: »Die Experimente verfolgen das Ziel, alle zu ehrlichen Menschen zu machen«?
     Im Institut verbesserte sich die Arbeitsdisziplin. Man rauchte weniger auf den Korridoren. Vielen war nicht mehr alles egal. Arsik und ich bemerkten, was alles nicht egal war, und freuten uns insgeheim. Einige Kreaturen, die sich früher außer Gefahr geglaubt hatten, regten sich auf. Sie schrieben Beschwerden und sogar anonyme Briefe. Man erinnerte uns an die Moral, die Arbeitsdisziplin, die Nichterfüllung der Norm. Die Atmosphäre im Institut wurde immer gespannter. Fast so wie bei uns im Labor, als wir gerade begonnen hatten.
     Aber in unserem Labor waren fünf Personen, und alle wurden von dem Licht geläutert. Das Institut hatte über tausend Mitarbeiter. Deshalb waren die Maßstäbe der Erscheinung ganz anders.
     Eines Morgens war die Anlage zerstört. Jemand hatte mit einem Vorschlaghammer die Okulare zerhauen, den Kommutationsblock zertrümmert, und die Tafel mit den Lichtgebern hatte er gestohlen.
     Arsik stand mit Tränen in den Augen vor der verstümmelten Anlage, an dem Grab von Spektren der Freude und des Gewissens, und sagte fassungslos: »Wie ist das möglich, Gescha? – Ich wollte, daß alle besser…«
     Katja und Schurotschka weinten. Ignati Semjonowitsch seufzte deprimiert.
     »Ich habe es geahnt, ich habe es gespürt…«, murmelte er.
     Ich ging zum Direktor. Er hörte mich an und setzte eine Kommission ein. Das war immerhin ein Ausweg – eine Kommission einzusetzen. Zur Kommission gehörten der Kaderleiter Derjagin, Professor Galilejew, Tatjana Pawlowna Sisowa und ich. Nebenher liefen die Ermittlungen der Miliz. Kriminalisten in Zivil erschienen, betrachteten die zerstörte Anlage, wickelten den Vorschlaghammer in einen Lappen und nahmen ihn mit.
     Ein paar Tage später wurde unsere Kommission zusammengerufen. Die Mitarbeiter meines Labors sollten befragt werden. Ich als befangene Person stellte keine Fragen und saß schweigend da. Als erste wurde Katja gerufen.
     Sie kam in Derjagins Büro, wo wir unsere Sitzung abhielten, und setzte sich auf den Stuhl. Mehrere Sekunden war es still, niemand entschloß sich, als erster mit dem Verhör zu beginnen. Dann räusperte sich Tatjana Pawlowna und wandte sich an Katja. In einem Ton, in dem man dreijährige Kinder befragt.
     »Katjuscha, erzählen Sie uns mal… Was haben Sie in der Anlage von Arseni Nikolajewitsch gesehen?«
     »Sie haben doch selber reingeguckt, Tatjana Pawlowna«, erwiderte Katja. »Sie wissen das doch.«
     Tatjana Pawlowna preßte die Lippen zusammen.
     »Ich habe das zu wissenschaftlichen Zwecken getan…«, sagte sie.
     »Hat Sie jemand zur Teilnahme an den Experimenten gezwungen?« fragte Derjagin.
     »Nein«, antwortete Katja kurz.
     »Sagen Sie mal…«, begann Professor Galilejew. »Wie bewerten Sie persönlich die Wirkung der Experimente auf Sie? Was fühlen Sie?«
     Katja schlug die Augen nieder. Ich wußte, daß sie nicht die Unwahrheit sagen könnte – zu lange hatte sie Arsiks Bilder gesehen.
     Dann hob Katja ruckartig den Köpf und lächelte. Das Lächeln war furchtlos, offen, so daß der Kaderleiter dem Direktor einen erschrockenen Blick zuwarf.
     »Ich fühle mich großartig«, sagte Katja. »Ich liebe. Ich bin glücklich. Sie können sich nicht vorstellen, wie glücklich ich bin.«
     Derjagin sah mich forschend an. Er hatte schon den Mund geöffnet, um etwas zu sagen, aber Tatjana Pawlowna kam ihm zuvor: »Das ist ja interessant! Das ist herrlich! Genossen, ich denke, es gibt keine weiteren Fragen?«
     Galilejew schüttelte den Kopf. Katja konnte gehen. An ihre Stelle trat Schurotschka. Sie war aufgeregt und
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