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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück
Autoren: dieverse Autoren
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aber ich spürte den Bruch, der nach meiner Promotion zwischen uns entstanden war. Professor Galilejew war leicht pikiert, als ich den Wunsch äußerte, selbständig zu arbeiten. Gewöhnlich behielt er seine Schüler unter seinen Fittichen, bis sie habilitiert waren. Vielleicht hatte ich unrecht, als ich mich selbständig machte. Aber, wie gesagt, äußerlich blieb alles beim alten.
     »Ich habe den Bericht von Arsik und Ignati Semjonowitsch über die Mnemokonstruktion gelesen«, sagte er. »Originell. Man muß sie patentieren… Und wie geht deine Arbeit voran?«
     »Vorläufig nicht besonders«, antwortete ich. »Ich habe zwei Zählwerke gebaut. Die Anordnung der Eingabe ist ein schwieriges Problem, ich erreiche nicht die notwendige Operationsgeschwindigkeit…«
     »Wird schon werden«, sagte der Professor und ließ seinen Blick über die Anlage gleiten. »Übrigens hat man mir von Tomaszewiczs Gerät berichtet. Wo ist es?«
     Ich zeigte auf Arsiks Anlage. Dort saß gerade Tatjana Pawlowna Sisowa, die wissenschaftliche Sekretärin. Arsik half ihr, den Zeiger auf »pfeildurchbohrtes Herz« einzustellen: Professor Galilejew trat zu ihnen, und den Kopf zur Seite geneigt, betrachtete er die Einzelheiten der Anlage.
     Tatjana Pawlowna riß sich von den Okularen los und errötete.
     »Ich hätte Sie kaum erkannt, Tatjana Pawlowna«, sagte Galilejew. »In letzter Zeit sind Sie viel jünger geworden.«
     »Aber Konstantin Jurjewitsch!« erwiderte sie verwirrt.
     »Darf man hineinsehen?« fragte Professor Galilejew. Tatjana Pawlowna stand auf und überließ ihm ihren Platz an den Okularen. Der Professor ließ sich von Arsik die Manschette anlegen, wobei er gutmütig scherzte. Er sagte etwas von einem Behandlungsraum für Physiotherapie. Dann preßte er die Augen an die Okulare und betrachtete das ganze Spektrum. Das tat er ungefähr eine halbe Stunde lang. Für den Anfang war das eine sehr starke Dosis.
     »Ja… Interessant«, sagte er und erhob sich. Sein Gesicht war undurchdringlich. »Übrigens, wenn Sie hineinschauen und ich an das Spektrum angeschlossen bin, kann der Effekt anders sein. Haben Sie schon darüber nachgedacht?« wandte er sich an Arsik.
     »Nein…«, sagte Arsik nach einer Pause.
     »Aha«, meinte Professor Galilejew und verließ das Labor;.
     Arsik komplimentierte Tatjana Pawlowna hinaus und lief aufgeregt von Tisch zu Tisch.
     »Darauf mußte erst der Alte kommen!« rief er. »Wie konnten wir das nur versäumen?«
     »Was kann das schon ergeben?« sagte ich, allerdings wenig überzeugend.
     »Gescha, überleg doch mal! Wir beide denken, daß jeder Mensch edle Gefühle kennt. Daß er eine Seele hat, das Bedürfnis, jemanden zu lieben… Und wenn das nicht so ist? Stell dir vor, ich lege die Manschette einem abgefeimten Halunken an, und Katja und Schurotschka betrachten die Bilder… Wer garantiert, daß die Spektralbereiche nur edle Gefühle erwekken? Haß, Neid, Bosheit sind ebenfalls äußerst emotional…«
     »Das muß überprüft werden«, sagte ich.
     Arsik blickte mich entsetzt an.
     »Wie?« schrie er. » Weißt du, was du sprichst? Wen willst du als Versuchsperson nehmen?«
     »Jeden von uns«, antwortete ich ruhig. »Oder glaubst du, wir seien alle Engel? Steckt denn nicht in jedem genügend Bosheit und Gemeinheit?«
     »Ich kann das nur von mir wissen. Mir täte es weh, wenn du…«, sagte Arsik. Er wandte sich um und ging hinaus.
     Später berührten wir dieses Thema nicht mehr. Arsik wurde immer nachdenklicher und nervöser. Ich wußte, was ihn quälte. Seit je kann eine wissenschaftliche Entdeckung den Menschen nutzen oder schaden. Es geht nur darum, wer sie benutzt. Arsik dachte wahrscheinlich ständig daran, und seine Gedanken wurden durch die Spektren, die er auswählte, noch gereizt.
     Von den langen Beobachtungen waren Arsiks Augen gerötet.
     Auf einmal entstand unsertwegen im Institut eine gespannte Atmosphäre. Die unterschiedlichsten Gerüchte gingen um. In anderen Abteilungen, in anderen Stockwerken des Instituts geschahen seltsame Dinge, die man stets mit Arsiks Anlage in Verbindung brachte, weil es überall Leute gab, die sie benutzt hatten.
     Im Röntgenlabor wurde eine Geldbörse gestohlen. Eine Mitarbeiterin kündigte unverzüglich, weil sie nicht weiterarbeiten konnte. Der Gedanke, daß jeder jeden verdächtigt, war ihr unerträglich. Die unausgesprochenen Verdächtigungen waren eigentlich nichts Besonderes. Aber die Frau kündigte, weil sie Arsiks
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