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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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er alles zerstören muß, was für andere einen Wert hat.«
    Hjalti sah ihn während ihres schnellen Ganges überrascht an. »Das wäre aber Neiding-Art.«
    »Trotzdem. Ich denke, Wertizlaw hat Sven beim Anbohren des Schiffes beobachtet. Er hatte große Angst, ich habe das selber gesehen, aber nicht verstehen können. Wertizlaw dachte wohl, Sven wollte uns auf der Stelle versenken. Jedenfalls, vermute ich, konnte Sven nicht riskieren, daß er uns darauf aufmerksam macht.«
    »Du findest für alles eine Erklärung, Folke. Du bist ein Mann der Gedanken. Und Gedanken sind mitunter eine schärfere Waffe als Worte.« Hjalti sagte es ohne Neid, und Folke nickte ohne Stolz. »Aber man kann sie nicht zurückhalten, und deswegen sind sie gefährlich. Du mußt lernen, sorgsam mit ihnen umzugehen.«
    Darüber dachte Folke noch nach, während sie an den Bauern vorbeikamen. Seitdem er als Jugendlicher seine kindlichen, runden Formen verloren hatte, waren auch seine Gedanken schärfer geworden, in den letzten Jahren besonders schnell. Und nachdem ihn bereits Aslak und nun auch Hjalti gewarnt hatten, wurde es Zeit, sie ein wenig zu bändigen. Er zog bei weitem gute Freunde guten Feinden vor. Die Bauern machten keine Anstalten, Hjalti und Folke aufzuhalten, denn für die Taten eines Neidings fordert niemand Rechenschaft oder Buße. Immer noch hatten sie Ragnar nicht geholt. Dafür war Zeit genug, sobald die Norweger abgefahren waren. Ihre angespannten Gesichter zeigten, daß sie ihnen nicht trauten.
    In Auds Haus war alles ruhig, und die Tür stand offen. Hjalti und Folke traten ein, begleitet vom Hund, der Folke nun schon kannte.
    Aslak saß auf einem Hocker und sah ihnen entgegen. Er war wieder recht munter, wie Folke zu seiner Genugtuung feststellte, als seine Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten. »Nun, Folke, bist du gekommen, um dein Versprechen einzulösen, mir von den Kaufleuten zu erzählen? Es wird Zeit.«
    »Ja, es wird Zeit«, erwiderte Hjalti, »aber nicht für Geschichten. Noch sitzt du nicht am heimischen Feuer.« Aslak verstand und erhob sich.
    Er trug nun ein anderes Wams als vorher, es war tief dunkelblau eingefärbt und paßte kaum in das Dorf, in dem alle in Grau gehüllt waren. Aber auch Aud hatte ja nicht immer hier gelebt, fiel Folke ein. Die Flammen des abendlichen Kochfeuers warfen helle und dunkle Schatten auf Aslaks Wangen, die rötlich aufleuchteten.
    »Meine Mutter Aasa würde mit dir zufrieden sein«, sagte Folke, als er außer sauberem Fleisch weder herausstehenden Knochen, noch freiliegende Zähne oder schwarzverbrannte Haut in Aslaks Gesicht entdecken konnte. »Und mit dir.«
    Aslak verzog seinen Mund etwas ungewohnt, aber er konnte doch sprechen. Dann zeigte er ungebeten seine Hände vor. »Aud hat unerbittlich getupft und gekühlt. Jedes Mal, wenn ich sagte: nun ist es genug, hat sie sich auf dich berufen und gesagt, sie sei es dir schuldig. Freyr verhüte, daß sie dir jemals noch mehr schuldet! Dann läßt sie mich wohl gar nicht mehr aus ihren Fängen.«
    Aber Aud sah ohnehin nicht aus, als beabsichtige sie, Aslak je wieder freizugeben. Sie lächelte sehr zufrieden, wie jemand, der plötzlich statt eines Kalbs auf der Weide zwei vorfindet. Hjalti lachte schallend. Er kniff Aud in die Wange. »Nun, dann werden wir dir wohl in Zukunft öfter die Verbrannten schicken. Und Aslak wird sich endlich einen eigenen Hof bauen müssen. Es hat auch seine Vorteile, wenn einer seßhaft wird.«
    Aslak legte seine Hand auf Auds Schulter. »Wir haben alles besprochen. Bjarke wird am Ende der Wintermonate das Brautgeld erhalten, und ich werde Aud im nächsten Sommer zu mir holen. Bis dahin wäre ich froh, sie unter der Obhut deiner Mutter zu wissen, Folke.«
    Folke, der sich für Aud freute, daß sie Herrin eines Hofes werden würde, nickte überrascht.
    »Sie ist hier nicht mehr sicher«, erklärte Aslak ernst. »Nun, wo auch Ragnar tot ist, schäumen sie vor Wut über Aud. Ich fürchte, sie werden sich an ihr rächen wollen. Nach Auds Meinung sind diese Bauern nicht berechenbar.«
    »Sie waren nie berechenbar. Aber nun könnte es sein, daß sie Bjarke und mich töten, weil sie vor Sven zuviel Angst haben. Als Ersatz.«, ergänzte Aud ruhig.
    »Meine Mutter wird sich freuen«, versicherte Folke. »Ich bin nur ein stümperhafter Lehrmeister, aber sie wird dir alles zeigen, was sie selber weiß. Du wirst Aslak mehr zu bieten haben als die Behandlung von Brandwunden.« Auds Augen leuchteten auf. Es war schwer,
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