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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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ohne Sippe ganz auf sich allein gestellt zu sein, und fast unmöglich war es für eine Frau, unter solchen mißlichen Umständen in eine gute Familie hineinzuheiraten. Aber wenn sie mit heilkundigen Händen kam, würde niemand Rechenschaft über ihre Sippe verlangen.
    Aslak, dessen Gedanken wie die von Hjalti an Land besser ihr Ziel fanden als auf See, war mit seinen Gedanken anderswo. »Es ist sogar fraglich, ob wir Folke, Aud und Bjarke überhaupt hier zurücklassen können.«
    »Aber ich fahre doch nicht auf einem alten Knorr nach Norwegen«, lehnte Folke empört ab, »die Schande tue ich weder mir noch meinem Vaterbruder Thorbjörn an. Ich warte, bis ein Schiff hier vorbeikommt, das nach Haithabu bestimmt ist. Es ist ja schließlich noch nicht Winter! Und gegen die Bauern werden wir wohl standhalten können, Bjarke und ich.«
    Bjarke sprang sofort, um seinen alten Sax zu holen, und die Männer sahen ihm schmunzelnd nach, während sie unentschlossen verschiedene Möglichkeiten abwogen. Aud, die sich bereits träumerisch als Herrin über ihr künftiges Haus sah, hatte schon fast vergessen, daß sie ihr bisheriges mit dem Schwert in der Hand zu verteidigen pflegte. Nun konnte sie diesen Teil des Überlebens ihren Männern überlassen. Aber vorläufig wurden sie einer Entscheidung enthoben. Hrolf und mit ihm Ulf tauchten in der Türöffnung auf. »Es wird Zeit abzulegen, hatte ich dir eigentlich sagen wollen«, begann Hrolf, kaum daß er im Haus stand, und an seiner Atemlosigkeit merkten alle, wie eilig es ihm war, »aber wir haben gerade festgestellt, daß Alf fehlt. Niemand weiß, wo er ist. Der Hühnerhof meiner Bera ist gar nichts gegen dieses Durcheinander! Keiner ist, wo er sein sollte!«
    »Wieso, fehlt noch jemand?« fragte Hjalti.
    »Nein«, knurrte Hrolf und lief unruhig mit den Händen auf dem Rücken zum Feuer und wieder zurück zur Tür, »aber Aslak sollte nicht auf Land sein, und die Frau sollte nicht auf dem Schiff sein. Aber Bolli will sie unbedingt
    mitnehmen!«
    »Wie gut, daß nicht noch eine Frau mit euch fährt«, stichelte Folke und lachte. Aber als Hrolfs Verblüffung sich langsam zu eisiger Abwehr wandelte, verging ihm sein Lachen. Er wußte aber nicht, ob Hrolf die Frauen meinte oder ihn. Hjalti verließ das Haus und sah sich draußen um, als ob er Alf zwischen den Häusern oder auf den Weiden finden könnte. »Wie lange ist er fort?«
    Hrolf, der ihm folgte, schüttelte unschlüssig den Kopf. »Um ehrlich zu sein: wir wissen es nicht. Nach der Auseinandersetzung mit Aslak hat niemand auf ihn geachtet, auch Ulf hat ihn nicht gesehen.«
    Ulf nickte, obwohl er nicht gerne zugab, daß er nun von Alf abhängig war und öfter im Zusammenhang mit Alf genannt werden würde.
    »Ich nehme an, daß er bald zurück sein wird. Er weiß ja, daß wir abfahren wollen.« Hjaltis ruhige Überlegung machte Hrolf jedoch nicht sehr zuversichtlich und Aslak erst recht nicht.
    Aslak verzog den Mund und dachte bei sich, daß Hjalti immer noch nicht vom guten Glauben an Alf geheilt war. »Dann solltet ihr jetzt gehen«, drängte Folke und schob sie mit ausgebreiteten Armen vom Hauspfad auf die Dorfstraße. »Ich werde Aud mit meinem Leben verteidigen«, sicherte er Aslak zu. Aslak blickte unruhig um sich. Er würde sich weigern, die Insel zu verlassen ohne Alf; um Auds willen wollte er den unberechenbaren Verwandten von Geirmund lieber in seiner eigenen Nähe haben. Insbesondere, wenn Alf erfuhr, daß Aud nun zu Aslak gehörte.
    Als sie am Strand ankamen, waren zu ihrem Erstaunen sämtliche Männer um ein Feuer versammelt, auf dem im Kochtopf eine Suppe brodelte. Von nervöser Aufbruchhast war keine Spur. Angesichts der Verärgerung in Hjaltis und Hrolfs Gesichtern beeilten sich die Männer zu erklären, daß sie überall schon nach Alf gesucht hatten. Aber er war nicht da. Es blieb ihnen nichts übrig, als auf ihn zu warten. Und da sie heute nacht ohnehin nur auf die Ostseite von Erri fahren wollten, um ihre Sachen und die zwei Ruderer zu holen, hatten sie gedacht.
    Sie hatten recht. Durch übermäßige Eile konnten sie an diesem Abend nichts gewinnen. Hjalti und Hrolf ließen sich überzeugen. Die Fleischsuppe gab einen intensiven, lockenden Duft von sich und war wohl fertig. Über einem anderen Feuer brieten Fleischstücke an Spießen. Es sah nach Rehbraten aus, fand Folke und bekam sofort großen Hunger. Während sie das Dorf ständig beobachteten, ohne daß sich die aufgebrachten Bauern sehen ließen, aßen
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