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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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alle Frauen mit ihren Männern einverstanden waren. Aber sie wußte auch, was die Männer trieb.
    Sie trat sofort vor Hjalti, der ihnen entgegenkam. »Ihr müßt Sven mit euch nehmen - oder ihn totschlagen«, setzte sie nach kurzem Überlegen hinzu. »Ihr könnt doch die Menschen nicht diesem Werwolf überlassen!«
    Hjalti blickte unbewegt auf Aud hinunter. »Er verdient es nicht, daß wir uns mit ihm abgeben. Er hat sich außerhalb des Menschengeschlechts gestellt. Er wird in Todesangst leben, bis sie ihn irgendwann erschlagen, so, wie man einem Untier den Kopf zerschmettert, und bis dahin wird er jeden Tag darauf warten und dabei ständig nach allen Richtungen sichern und sich nicht zu schlafen getrauen. Und die Bauern - nun, denen ist die Angst zu gönnen. Dich haben sie nicht geschont, und du solltest sie auch nicht schonen wollen.«
    Aud neigte den Kopf und ging davon. Sie trauerte um diese Menschen, die sie aufgenommen hatten. Sie trauerte auch um ihr Haus, seitdem sie das Feuer gelöscht und Erde aus den vier Ecken in einem Tuch verwahrt hatte. In jenem Moment hatte sie endgültig das Band zwischen sich und den Visbyern durchgeschnitten. Wie blind lief sie umher, bis Aslak sie umarmte, festhielt und in ihr Ohr flüsterte. Hjalti, der Aslak und Aud nicht stören wollte, ging zu Folke, um sich von ihm zu verabschieden. Er faßte ihn um die Oberarme und drückte sie kräftig. »Ich habe dir einiges zu verdanken«, sagte er und lächelte. »Den >Grauen Wolf< konntest du nicht retten, aber wir schulden dir unser Leben, und dafür wird dir König Geirmund dankbar sein. Und ich selber bin auch noch nicht so wild darauf, bei meinem Vorfahren im Hügel zu sitzen, daß ich es nicht abwarten könnte.«
    »Irgendwann rettest du meins«, sagte Folke leichthin, »vielleicht wenn ich mal bei Aud und Aslak nach dem Rechten sehen will.«
    »Das ist gut. Dann werde ich auf dich aufpassen«, versprach Hjalti. »Einer wie du gerät leicht in Gefahr.«
    Folke lachte auf. »Stimmt. Das ist mir auch schon aufgefallen. Aber ich bin es nun schon gewöhnt, in merkwürdige Dinge hineingezogen zu werden. Vielleicht, weil ich kein Kaufmann bin. Die Högnis dieser Welt schleichen sich immer davon, und selbst aus ihrer Flucht ziehen sie noch Gewinn.«
    Hjalti brummelte Zustimmung. »Aber ehrlich ist er. Immerhin hat er eine Anzahlung abgeliefert. Geirmund wird erfreut über ihre Höhe sein.«
    »Ja«, sagte Folke und fragte listig: »Aber weißt du auch, für wen er bezahlt hat?«
    »Nun, für Wertizlaw, denke ich.«
    Folke schüttelte den Kopf. Er hatte sich schon gedacht, daß Hjalti ahnungslos war. Hjalti würde im nächsten Sommer aufpassen müssen wie ein Bussard auf dem Pflock. »Er ließ bestellen: für den ersten lebenden Sklaven«, sagte Folke und ließ es sich fast genüßlich auf der Zunge zergehen. Der Schiffsführer sperrte Mund und Augen auf und fragte dann wütend: »Du meinst, er wußte bereits, daß Wertizlaw tot war?«
    Folke nickte. »Deshalb hatte er es plötzlich so eilig.«
    »Wenn das so ist, müssen wir Norweger uns vor den Kaufleuten hüten«, sagte Hjalti. »Sie werden die Welt auffressen, bis nichts mehr übrig ist - als das, was durch ihre Hände und durch ihren Darm gegangen ist! Christen und Kaufleute! Wahrscheinlich sind christliche Kaufleute am schlimmsten.«
    »Die ganze Zeit wollte ich von Folke hören, was er von ihnen weiß, aber entweder weiß er nichts, oder er will sein Wissen für sich behalten«, sagte Aslak lächelnd und kam über den Strand herbei, Aud an der Hand. »Vielleicht, um uns wilden Nordleuten immer voraus zu sein«, fügte er hinzu und blinzelte Folke zu. »Aber im Frühjahr, an seinem eigenen Herdfeuer - da wird er mir nicht entwischen können.«
    Folke lachte. »Uns bleiben unsere Schiffe. Um die zu führen, werden die Kaufleute immer uns Bootsleute bitten müssen. Ohne Boote taugt der ganze Handel nichts.«
    »Und du mußt deins jetzt besteigen; ohne Boote taugen auch wir nicht sehr viel«, sagte Hjalti und dachte dabei mehr an sich selber als an den Bootsbauer, und er fragte sich, ob das für ihn selber auch noch zutraf. Dann schlug er Folke kräftig auf die Schulter und wanderte davon.
    Aslak blieb noch bei Folke. »Übrigens«, sagte er, »im Frühjahr mußt du nicht nur mit mir rechnen, sondern auch mit Hrolf. Er beabsichtigt, sich an der Schlei bei den Schiffbauern umzusehen. Es gebe dort gute Leute, sagt Hrolf, und er habe von einem gehört, der Boote bauen könne, die fast so
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