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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot
Autoren: Kari Köster-Lösche
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schnell ihr Ziel fänden wie die Gedanken des Mannes. Zu dem will er.« Aslak kniff ein Auge zusammen, bis es in den Runzeln seines wettergegerbten braunen Gesichtes fast verschwand, und Folke lachte vor Erleichterung. Aslak hob die Hand und rannte Hjalti nach.
    Kurze Zeit später lichteten beide Schiffe Anker und verließen den Hafen von Visby. Am Ufer blieben die Bauern zurück und wagten jetzt wieder zu drohen und zu rufen. Aber es war zu spät. Sie waren allein mit ihren ungebüßten Toten, und oben am Wald wartete ein Werwolf auf sie. Die Schiffsführer drehten sich zum Ärger der Bauern noch nicht einmal um. Auf offener See trennten sich die Kurse der beiden Schiffe. Skekkil steuerte sein Schiff mit gutem Wind und guter Sicht nach Südwesten, und es würde nicht lange dauern, bis das Festlandsufer in Sicht kam. Am frühen Nachmittag schon rauschten sie mit unverminderter Fahrt bei Gathmünde in die Schlei, und zwei Stunden später schwenkte das Schiff durch das Palisadentor in den Haithabuer Stadthafen.
    Folke half dem Schiffer beim Festmachen und sprang dann an Land, während Aud ihre Sachen zusammensuchte, die verstaut worden waren, wo immer zwischen der Ware des Händlers noch ein Plätzchen freigeblieben war. Der Hafen sah aus wie immer, und trotzdem blickte Folke sich um wie einer, der lange weggewesen ist, zufrieden und doch mit ein wenig Wehmut, aber auch Stolz über das, was er durchgestanden hatte.
    Sein neues Selbstbewußtsein bewog ihn auch, erstmals Kaufmann Högni nicht mehr aus dem Weg zu gehen. Dieser eilte am übernächsten Steg geschäftig zwischen zwei seiner Boote hin und her, befahl und kontrollierte. Der anscheinend unvermeidbare Eystein stelzte hinter ihm her. »Ich komme gleich zurück«, sagte Folke zu Skekkil und trabte zielstrebig zu Högni, um ihn zu stellen. »Daß du mein Werkzeug ankaufst, obwohl es mit dem Zeichen meines Vaterbruders versehen ist und ich praktisch danebenstehe, will ich einem gierigen Kaufmann durchgehen lassen«, fuhr er ihn hitzig an, »nicht aber, daß du eine Frau für deine Zwecke mißbrauchst!«
    Dem Schweden sackte der Kiefer nach unten. Was Folke mit der Frau meinte, war ihm klar, und der Vorwurf perlte an ihm ab wie Regen auf einem Schafsvlies. Das andere aber ..., das war für ihn weitaus gefährlicher. »Sprichst du von Diebesgut?« fragte er vorsichtig und sah sich nach der Stadtwache um.
    »Natürlich«, bekräftigte Folke scharf und war ganz dankbar, daß sich bereits einige neugierige Müßiggänger bei ihnen einfanden. Eystein würde um so weniger wagen, den Kaufmannsfrieden der Stadt zu brechen. »Du kannst wohl kaum behaupten, daß du Thorbjörns Marke nicht kennst.«
    Högni atmete auf. Das hörte sich nach einer Verwechslung an. »Ich kaufe und verkaufe seit vielen Jahren nur im großen Stil. Das solltest du doch wohl seit Erri spätestens wissen«, entgegnete er und fand schon wieder zu seiner gewöhnlichen Form zurück. »Und Werkzeug interessiert mich gar nicht.«
    »Aber der Bohrer lag in deinem Zelt«, sagte Folke überrascht und glaubte ihm trotz allem.
    »Ach?« fragte Högni und drehte sich mit einer Schnelligkeit, die man ihm nicht zugetraut hätte, zu seinem gut bezahlten Wachmann um. Dessen Gesicht überzog sich mit tiefer Röte. »Du mischst dich also immer noch in meine Geschäfte? Kaufst Sachen an?«
    Während Eystein nicht zu widersprechen wagte, nickte Högni dem Bootsbauer hochmütig zu. »Keiner soll behaupten, ich hätte ihn übervorteilt. Überbringe mir deine Forderung in den nächsten Tagen, und sie wird ausbezahlt werden. Da Eystein in meinem Namen gehandelt hat, wird er auch mir gegenüber Rechenschaft abzulegen haben. Mit dir hat er nichts zu tun.«
    Eystein aber sah sehr wohl so aus, als ob er hundertmal lieber seine Rechnung mit Folke als mit seinem Herrn gemacht hätte. Furcht stand in seinen Augen, aber auch Haß, als er Högni hinterhertappte.
    Es konnte wohl keine kleine Strafe sein, die ihn erwartete, jedenfalls würde sie härter ausfallen als ein Messerstich. Folke verspürte keinen Triumph, daß er sich erfolgreich in die Geschäfte von Eystein gemischt hatte. Aber verdient hatte er es: sicherlich hatte sich nicht nur ein Sven in seiner Not an ihn gewandt.
    Aud erwartete ihn bereits mit funkelnden Augen, als er sie abholen kam. Viel hatte Aud unterwegs nicht gesprochen, weil sie auf See etwas ängstlich war, aber jetzt, beim Anblick der Häuser, blieb ihr Mundwerk kaum stehen. Allein die vielen Schiffe im
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