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Das Blutgericht

Das Blutgericht

Titel: Das Blutgericht
Autoren: Matt Hilton
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unter dem Mantel verschwunden war.
    Mit schwungvoller Geste zog der Killer seine Hand heraus. Der Klient zuckte zusammen, dann sah er, was Dantalion in der Hand hielt: ein Buch, das an einer silbernen Kette hing. Mit dem Daumen schnippte Dantalion das Buch auf. Er durchblätterte einige Seiten. Sie waren voller Zahlenreihen.
    »Sie sind alle hier aufgeführt«, erklärte Dantalion. »Die Namen in Nummern umgewandelt. Jede Zahl steht für eine Person, die ich getötet habe. Wissen Sie, wie viele das sind in dem Buch?«
    Der Klient erstarrte, er schüttelte den Kopf.
    Dantalion unterließ es, ihn aufzuklären. Die Vielzahl handbeschriebener Seiten sollte für sich sprechen.
    »Ich bin immer noch auf freiem Fuß«, sagte Dantalion. »Keinem meiner Klienten konnte bisher eine Verbindung zu meiner Arbeit nachgewiesen werden. Sind Sie damit glücklich?«
    »Ich bin glücklich«, sagte der Klient. Er schob die Hände in die Taschen seines Leinenjacketts und krampfte seine verschwitzten Finger in den Stoff. Vorsichtig trat er einen Schritt zurück. Er sah sich nach den Männern bei der Statue um.
    »Die Alternative ist, dass ich jetzt gehe«, bot Dantalion an. »Das hat allerdings den Nachteil, dass … na ja, Sie haben mich gesehen. Sie können mich identifizieren. Wenn Sie nicht glücklich sind, dann sollten Sie jetzt am besten Ihre Bluthunde auf mich hetzen.«
    Draußen in der Biscayne Bay glitt ein Speedboat vorbei und ließ eine phosphoreszierende Gischt hinter sich. Musik aus dem nahe gelegenen Hard-Rock-Café lag in der Luft. Spazierende Pärchen unterhielten sich leise. Der Springbrunnen begann unter den verzückten Beifallsbekundungen der versammelten Touristen zum Leben zu erwachen. Es war eine seltsame Kulisse für das kleine Machtspiel, das Dantalion gerade angezettelt hatte.
    Schließlich drehte sich der Klient um und ging davon. Über die Schulter sagte er: »Ich verstehe Ihre Geschäftsbedingungen, und ich vertraue Ihnen. Ich bin glücklich, okay?«
    »Okay«, sagte Dantalion. »Dann bin auch ich glücklich.«
    Der Handel war abgeschlossen, er stand auf. Er glättete den langen Mantel über seinem mageren Körper und rückte den Hut zurecht. Er drehte sich zu den beiden Männern beim Amphitheater. Sie beobachteten ihn mit verbissenen Gesichtern. Dantalion lupfte den Hut – damit sie es wussten.

4
    Es war heiß in Miami. Aber das war okay. Ich genoss die Sonne auf meinem Gesicht und machte das Beste aus der sich bietenden Gelegenheit zum Sightseeing. Bei früheren Besuchen in Miami war ich, kaum aus dem Flugzeug, sofort irgendwo anders hin weitergeflogen. Ich rauschte mit meinem Ford Explorer über den Causeway, hatte die Klimaanlage voll aufgedreht, und eine John-Lee-Hooker-CD tönte aus den Surround-Lautsprechern. Für meine Vorstellung war das schon ziemlich cool.
    Die Interstate 195 verbindet Miami Beach mit dem Festland. Als Hauptverbindung zur Insel überquert sie die Biscayne Bay, und zu dieser Tageszeit war sie in beiden Fahrtrichtungen relativ frei von Verkehr. Obwohl manche Leute von Miami und Miami Beach im gleichen Atemzug sprechen, ist Miami Beach eine eigenständige Stadt und gehört zu Dade County. Ich war auf dem Weg nach South Beach – auch das war nicht nur ein Strand, sondern ein ausufernder Stadtteil –, einer Gegend, die heutzutage als ziemlich wohlhabend angesehen wird. Bevor es von dem Ruhm profitierte, den ihm die Fernsehserie Miami Vice einbrachte, hatte auch South Beach unter dem Verfall der Innenstädte gelitten, doch heute war es eins der reichsten Gewerbegebiete. Ich wusste, dass das nur Fassade war: In SoBe, wie man es nannte, waren Armut und Verbrechen immer noch nur einen Arschtritt entfernt.
    Ich nahm die Washington Avenue durch die Stadt und folgte ihr nach Süden, bis ich den Portofino Tower sah, ein prächtiges terrakottafarbenes Bauwerk, von dem mir Rink schon erzählt hatte. Dort bog ich nach Westen ab, zurück zum Yachthafen mit Blick auf Baker Island. Nach Baker Island führt keine Straße – die Reichen und Berühmten hängen an ihrer Privatsphäre. Man kam nur per Boot oder Helikopter hinüber.
    Früher gehörte die gesamte Insel den Vanderbilts, aber nachdem sie in den sechziger Jahren verkauft worden war, hatte man über zweihundert Häuser auf der künstlichen Landaufschüttung errichtet. Baker Island ist den Superreichen vorbehalten und galt einstmals neben dem nahe gelegenen Fisher Island als der Ort mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen in den USA. Vielleicht
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