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Der Tag an dem ich erwachte

Der Tag an dem ich erwachte

Titel: Der Tag an dem ich erwachte
Autoren: Emilia Miller
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1. Der Tag, an dem ich erwachte

    „Geht es Ihnen gut, können Sie mich hören?“, hörte ich eine Stimme, die aus dem dichten Nebel, in dem ich ängstlich schwebte, zu mir sprach und immer lauter wurde. „Können Sie mich sehen?“
    Ich wollte nicht, ich wollte es einfach nicht! Dennoch nickte ich brav mit dem Kopf, was mich meine ganze Kraft kostete.
    „Na also, geht doch!“, sagte die Stimme zufrieden. „Ihr Gehör funktioniert!“ Dann leuchtete wieder das ekelhaft grelle Licht in meine Augen, ich blinzelte und stöhnte gequält. „Sie kann auch wieder sehen“, stellte die gleiche Stimme erfreut fest. „Wie heißen Sie?“
    Und dann wurde mir endlich klar, was mir fehlte: Es war mein Gedächtnis! Ich wusste nicht mehr, wie ich hieß, wer ich wahr, und weshalb ich mich in dieser misslichen Lage befand. An ein hässliches, ungemütliches Krankenhausbett festgebunden, mit einer Infusion, die in meinen blassen, mit vielen blauen Ä derchen gezeichneten Arm hineinfloss. Das Einzige, was mir blieb, waren die Bruchstücke meiner wirren Träume, die mir so etwas wie eine verblasste Erinnerung an die Zeit vermittelten, in der ich noch existierte und vielleicht sogar glücklich gewesen war.
    „Wie heißen Sie, Miss?“, hörte ich wieder die gleiche, nervige Stimme und schüttelte irritiert mit dem Kopf.
    „Kann sie sich wirklich nicht erinnern oder spielt sie uns etwas vor?“, schaltete sich eine neue, nicht minder nervige Stimme ein.
    „Ich weiß nicht“, sagte die Stimme Nummer eins, „sie hat ein mittelschweres Schädeltrauma und einen schweren Schock erlitten. Der Schlag war so heftig, dass es an ein Wunder grenzt, dass sie keine schlimmeren Verletzungen davongetragen hat. Abgesehen davon war sie viel zu lange bewusstlos. Es ist also nicht auszuschließen, dass sie unter einer Amnesie leidet. Am besten ist es, wenn wir ihr Zeit lassen, damit sie sich vollständig erholen kann.“
    „Tja, Doktor, so leid es mir tut“, zischte die zweite Stimme aufgebracht, „die Zeit ist ein Luxus, den wir uns nicht erlauben können!“
    „Dessen bin ich mir durchaus bewusst“, hörte ich die Stimme Nummer eins, die anscheinend einem Arzt gehörte, „doch in ihrem Zustand bringt es absolut nichts, sie unter Druck zu setzen. Der Schuss wird definitiv nach hinten losgehen, es könnte sogar eine viel längere Amnesie auslösen. Ich rate Ihnen also dringend davon ab, sie weiter zu befragen.“
    Wie aus weiter Entfernung hörte ich Schritte, jemand ging energisch auf und ab und stampfte sogar mit dem Fuß. Dieser jemand muss ziemlich sauer sein, dachte ich schläfrig, bevor mir die Augen endgültig zufielen. Den Tag, an dem ich erwachte, konnte ich wahrhaftig nicht zu den schönsten in meinem Leben zählen. Was für ein abwegiger Gedanke für jemanden, der sich an sein Leben gar nicht erinnern konnte! Es blieb nur zu hoffen, dass mein vorheriges Leben angenehmer war als dieser grauenvolle Tag. Als ich wieder aufwachte, sah ich davon ab, meine Augen zu öffnen und stellte mich weiterhin schlafend. Gleichzeitig versuchte ich, meine Gedanken zu sortieren und stellte erneut fest, dass mein Kopf vollkommen leer war. Konzentriere dich, streng dich an! Was weißt du noch? Nichts, lautete die frustrierende Antwort. Dann denk einfach logisch nach! Sie sagen „sie“, wenn sie von dir reden, also musst du eine Frau sein, und da sie dich mit „Miss“ ansprechen, musst du noch ziemlich jung sein, soviel steht fest. Fakt ist auch, dass jemand dir einen heftigen Schlag auf den Kopf verpasst hat, so heftig, dass du nun ein Schädeltrauma hast, ein klares Zeichen dafür, dass nicht die ganze Welt dir freundlich gesinnt ist. Außerdem scheint dir jemand dringende Fragen stellen zu wollen, so dringend, dass er nicht mal abwarten will, bis du dich wieder erinnerst. Du steckst in irgendwelchen Schwierigkeiten, was hast du nur angestellt? Ich hörte, wie jemand die Tür aufmachte, sie gab ein hässliches Quietschen vor sich, bevor sie laut ins Schloss fiel. Und dann wieder diese wütenden Schritte, auf und ab, auf und ab…
    „Aufwachen, Dornröschen!“, hörte ich eine tiefe, raue Stimme, der man einen jahrzehntelangen Zigarettenkonsum anhörte. Die Quelle dieser unangenehmen Stimme musste sich mir genähert haben, denn auf einmal roch ich Kaffee und abgestandenen Rauch. „Ich weiß, dass du wach bist, Schätzchen, deine Augenlider flattern und dein Atem geht viel zu schnell für eine schlafende Schönheit. Wie wäre es also, wenn du
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