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Das Blut von Magenza

Das Blut von Magenza

Titel: Das Blut von Magenza
Autoren: Claudia Platz
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römischen Feldherrn Drusus gebaut worden und diente heute als Wachturm. Der Gedanke, Soldaten in der Nähe zu wissen, beruhigte die beiden Männer etwas. Das Kloster selbst lag in tiefer Dunkelheit. Nur im Torbogen brannte ein schwaches Licht, das den Ankömmlingen den Weg wies. Als der Fuhrmann davor anhielt, meinte er, entfernten Gesang zu hören. Wahrscheinlich befanden sich die Mönche gerade in der Kapelle bei der Komplet.
    Während der Bursche mit der Faust an das Tor hämmerte, schreckte ein Kauz hoch und schwang sich mit heiserem „Kiwitt“ schwerfällig von einem Baum in den Nachthimmel. Dem Fuhrmann stellten sich die Nackenhaare. Passender hätte ihr Eintreffen nicht angekündigt werden können.
    Eine kleine Luke öffnete sich und der Wächter schaute heraus. „Wer stört zu nachtschlafender Zeit?“
    „Lasst uns ein, wir bringen Bruder Anselm“, flehte der Bursche und gab den Blick auf das Fuhrwerk frei.
    „Du lügst mir was vor! Ich sehe ihn nicht“, erwiderte der Wächter.
    „Ich sage die Wahrheit. Du kannst ihn auch nicht sehen, weil er nicht auf dem Bock sitzt, sondern auf der Ladefläche liegt. Bruder Anselm ist nämlich tot. Er ist in einer Herberge in der Nähe von Worms gestorben und die Stadtoberen hielten es für das Beste, seinen Leichnam zu euch zu bringen. Überzeug dich doch selbst.“
    Jetzt trat der Mann aus der Pforte, ging zum Wagen und lüpfte ohne langes Zögern das Laken.
    Beim Anblick des Leichnams erbleichte er. „Du hast die Wahrheit gesagt“, bemerkte er. „Ich lasse euch herein.“
    Kaum waren sie im Innenhof, kamen die Mönche aus der Kapelle, um sich ins Dormitorium zum Schlafen zurückzuziehen. Beim Anblick des Gespanns stockten sie. Störungen um diese Zeit kamen selten vor, und wenn, verhießen sie nichts Gutes. Der Torhüter ging zu Abt Manegold und raunte ihm etwas ins Ohr. Manegold folgte ihm zum Fuhrwerk, warf einen Blick auf den toten Mitbruder und wechselte dann leise ein paar Worte mit dem Fuhrmann.
    Die Mönche schienen das Unglück zu ahnen und bildeten einen Halbkreis um das Gefährt, während Manegold zu ihnen sprach. „Ich habe euch eine äußerst traurige Mitteilung zu machen. Unser geliebter Bruder Anselm wurde heim zu unserem Schöpfer gerufen. Er starb im Schlaf, wie mir dieser redliche Mann hier versicherte.“
    Dann ordnete er an, dass der Leichnam in das Untersuchungszimmer von Bruder Lukas gebracht werden sollte, der sich auf die Heilkunst verstand. Er kurierte nicht nur die Krankheiten der Mönche, sondern linderte auch unentgeltlich die Gebrechen der Bürger, die sich keinen Physicus leisten konnten.
    „Bereite ihn noch heute Abend für die Beerdigung vor, damit er gleich morgen früh beigesetzt werden kann. Undihr beiden“, sagte er zum Fuhrmann und seinem Begleiter, „folgt Bruder Athanasius. Er gibt euch Essen und ein Nachtquartier. Zuvor könnt ihr die Ochsen in den Stall bringen. Dort werden sie von unseren Knechten versorgt. Seid ihr entlohnt worden?“
    „Noch nicht ausreichend“, sagte der Fuhrmann schnell, eine zusätzliche Einnahme witternd.
    „Dann erhaltet ihr euer Geld, bevor ihr aufbrecht.“
    Der Abt ging mit den übrigen Mönchen zurück in die Kapelle, um ein kurzes Gebet für den Verstorbenen zu sprechen. Bruder Lukas war von dieser Pflicht entbunden, da er den Totendienst versah. Während er den Leichnam entkleidete, um ihn zu waschen, tasteten seine geschulten Augen den Körper ab und er bemerkte, wie abgemagert Anselm am Ende seines Lebens gewesen war. Jeder Knochen stach unter seiner hellen, blaugeäderten Haut hervor, sodass er den Eindruck vermittelte, er sei an Auszehrung gestorben. Arglos machte Lukas weiter, bis er verräterische Hämatome entdeckte. Er sorgte für mehr Licht und inspizierte den Körper genauer. Ein zaghafter Verdacht keimte in ihm, und je intensiver er ihn untersuchte, umso mehr bestätigte sich seine Annahme. Anselm war nicht friedlich eingeschlafen, sondern Opfer eines Verbrechens geworden! Doch bevor er diese ungeheuerliche Vermutung dem Abt mitteilte, brauchte er eine Bestätigung, und zwar von den Männern, die ihn überführt hatten.
    Bruder Lukas spürte sie in der Klosterküche auf, wo sie gerade einen Eintopf löffelten. „Berichtet mir alles, was in Zusammenhang mit seinem Tod stehen könnte und lasst nichts aus!“, forderte er streng.
    „Ich weiß gar nichts, ich lenkte nur den Wagen“, entgegnete der Fuhrmann erschrocken und verschluckte sich fast anseinem Essen.
    „Und
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