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Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet
Autoren: Georges Simenon
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Schultern.
    »Er ist Deutscher, Herr Kommissar«, rief ihm die Concierge entgegen. »Während des Krieges war er schon einmal hier, weil er wissen wollte, ob Monsieur Bouvet tatsächlich in unserem Haus wohnte, und zwei Tage später hat uns dann die Gestapo überfallen. Ganz sicher hat er sich vor zwei Tagen ins Haus geschlichen und die Wohnung durchsucht. Sehen Sie ihn sich nur an! Er wird nicht wagen, das abzustreiten.«
    Die Ruhe und Gelassenheit des Mannes brachten sie auf die Palme. Sie hätte ihn am liebsten gekratzt und ihm weh getan, nur damit er sie nicht mehr so ruhig, gleichgültig, ja fast wohlwollend ansah.
    »Ich möchte Sie kurz unter vier Augen sprechen, Herr Kommissar.«
    Bevor er ihn in das Büro hineinließ, tastete ihn der Polizist ab, um sich zu vergewissern, daß er nicht bewaffnet war. Die Tür schloß sich wieder, und die Neugierigen blieben draußen. Niemand richtete Fragen an Madame Jeanne. So begann sie, ihre Geschichte einer Frau zu erzählen, die auf weiß Gott was für Papiere wartete und dabei ihr Baby stillte. Ihre Brust war schön und weiß, größer als der Kopf des Kindes.
    Der Kommissar nebenan ließ sich telefonisch mit irgend jemandem verbinden, dann rief er einen der Inspektoren zu sich hinein, und die Tür schloß sich wieder.
    Endlich, nach einer guten Viertelstunde, durfte die Concierge eintreten, aber der Mann und der Inspektor waren nicht mehr da.
    »Sie haben recht gehandelt, und ich danke Ihnen, Madame. Sie können beruhigt nach Hause gehen.«
    »Haben Sie ihn verhaftet? Ist er im Gefängnis?«
    »Wir werden das Nötige unternehmen, glauben Sie mir.«
    Er hielt es für überflüssig, ihr mitzuteilen, daß er auf Ersuchen des Mannes, der bedächtig gesprochen hatte, den Leiter der Kriminalpolizei angerufen und ihm wortwörtlich den Satz wiederholt hatte, der ihm von dem Mann aufgetragen worden war:
    »Ich habe hier ›den Mann, den Sie am 14. Juli getroffen haben‹. Er möchte Sie sprechen.«
    Ohne zu zögern, hatte Monsieur Guillaume geantwortet:
    »Schicken Sie ihn mir her.«
    Daß er von einem Inspektor begleitet werden sollte, hatte er nicht erwähnt. Diese Vorsichtsmaßnahme hatte der Kommissar von sich aus getroffen.
    Die beiden Männer saßen in einem offenen Taxi. Sie brauchten nur ein paar Minuten zu fahren. Dann stiegen sie nebeneinander die ewig staubige Treppe am Quai des Orfèvres empor.
    Der Direktor betrachtete den Inspektor mit einem gewissen Erstaunen. Dann jedoch verstand er und sagte:
    »Sie können gehen. Ich danke Ihnen.«
    »Soll ich nicht warten?«
    »Ist nicht nötig.«
    Er schloß die Tür selbst ab, setzte sich, lächelte seinen Besucher an und fragte:
    »Wie kommt es denn, daß man Sie festgenommen hat?«
    »Mehr aus Langeweile als aus Neugier habe ich heute morgen den Fehler gemacht, mir ein gewisses Haus am Quai de la Tournelle anzusehen, und die Concierge hat mich wiedererkannt.«
    »Die Concierge kannte Sie?«
    »Als Monsieur Guillaume den Mann kennengelernt hatte, nannte er sich O’Brien. Aber er hatte außer seinem richtigen Namen noch ein paar andere. Er hatte zwei Jahre zuvor am 14. Juli mit ihm zu tun gehabt, in einer Angelegenheit, die sowohl das Deuxième Bureau als auch den Intelligence Service interessierte, und O’Brien hatte als Vertreter der Engländer an der Konferenz teilgenommen.«
    »Seien Sie doch so nett und klären Sie mich ein wenig auf, denn ich muß gestehen, daß ich da nicht ganz mitkomme. Waren Sie während des Krieges in Frankreich?«
    »Ich war nicht nur hier, ich habe sogar als Dolmetscher in einem deutschen Büro gearbeitet.«
    Wie ein Engländer sah er nicht aus. Vermutlich stammte er aus Irland.
    »Haben Sie sich im Auftrag der Deutschen um Monsieur Bouvet gekümmert?«
    »Genauer gesagt habe ich durch sie von ihm erfahren. Später hatte ich Gelegenheit, die Informationen, die ich erhalten hatte, zu überprüfen.«
    »Einen Moment. Sind Sie etwa vorletzte Nacht in die Wohnung am Quai de la Tournelle eingebrochen?«
    »Ganz recht. Ich hätte Sie verständigen können, hielt es aber für angebrachter, es nicht zu tun.«
    Lucas hatte sich also gar nicht so sehr geirrt, als er gesagt hatte, das könne nur einer vom Bau gewesen sein.
    Auch O’Brien war ›vom Bau‹. Was er tat, ging jedoch weder die Sûreté noch die Kriminalpolizei etwas an. Manchmal nahm er mit diesen Organisationen allerdings Kontakt auf.
    »Haben Sie Zeit, Herr Direktor?«
    »Bis zum Rapport habe ich noch gut zwanzig Minuten.«
    Also steckte
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