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Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet
Autoren: Georges Simenon
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Schubkasten zu lassen. Würden Sie der Concierge Bescheid geben?«
    Er hatte O’Brien dem Inspektor nicht vorgestellt, und der Mann vom Intelligence Service verschwand. Er wurde auf der Straße wieder der Einzelgänger, dessen Anblick den Passanten nicht gefiel.

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    E s wurde nicht ganz so, wie die Concierge gehofft hatte, aber Madame Lair hielt sich so sehr im Hintergrund, daß sie doch den Eindruck haben konnte, es sei ihr Toter. Bevor man den Sarg brachte, hatte die Concierge noch Zeit gefunden, die Wohnung im dritten Stock gründlich sauberzumachen und durchzulüften. Weil der Junge keine Vernunft annehmen wollte, hatten die Sardots ihre Abreise um einen Tag verschoben, und Monsieur Sardot hatte zum Bahnhof gehen und die Fahrkarten umtauschen müssen.
    »Glauben Sie nicht«, hatte Madame Jeanne gefragt, »daß eine Aufbahrung für das Viertel zu protzig wäre? Also ich meine, daß ein Trauerbehang an der Haustür …«
    Es gab also einen Trauerbehang; auf dem stand der Anfangsbuchstabe des Namens in Silber, und er hatte Fransen. Der Sarg war prachtvoll, und Madame Jeanne hatte die kleinen Stearinkerzen durch richtige Wachskerzen ersetzt. Es waren riesige Blumengebinde eingetroffen, und man wußte gar nicht mehr, wo man sie hinlegen sollte.
    Das Wetter war schön, ebenso schön wie an dem Morgen, als Monsieur Bouvet gestorben war und die bunten Bilder, in denen er gestöbert hatte, um ihn herum zu Boden gefallen waren.
    Mrs. Marsh hatte Schwierigkeiten machen und das Begräbnis nach ihrem Geschmack organisieren wollen, aber ihr Anwalt hatte ihr das behutsam ausgeredet.
    Sie traf noch nicht einmal als erste ein. Aus Nervosität wahrscheinlich hatte sie zuviel Zeit auf ihre Toilette verwendet. Als sie aus dem Taxi stieg, war Madame Lair schon im Totenzimmer. Auch das Ehepaar Gervais war gerade gekommen.
    Keine der Frauen grüßte die anderen. Nur der Schwiegersohn grüßte seine Schwiegermutter durch ein leichtes Kopfnicken, das jedoch nicht erwidert wurde.
    Man konnte Monsieur Bouvet nicht mehr sehen; er lag eingeschlossen in seinem schweren Sarg, erdrückt unter der Last der Blumen und Kränze.
    Wie immer hatte Madame Jeanne Ferdinands Schuhe weggeschlossen, sogar seine Pantoffeln, hatte ihn in Socken zurückgelassen und ihm den Schwur abgenommen, daß er nicht aus dem Haus gehen werde. Es war schließlich schon einmal vorgekommen, daß er barfuß ins nächste Bistro gegangen war.
    Sie war sehr geschäftig. Sie hatte sich am Abend vorher einen neuen Hut gekauft. Die Sache mit den Autos machte ihr Sorgen, und jetzt kamen noch Leute, die sie gar nicht kannte, aus Roubaix und von anderswo: Monsieur Costermans und sein Rechtsbeistand, Neugierige, Journalisten, Fotografen.
    »Sind Sie sicher, daß mit den Autos alles klappen wird?« fragte sie den Vertreter des Beerdigungsinstituts immer wieder.
    Punkt zehn Uhr hörte man einen dumpfen Lärm im Treppenhaus, und alsbald sah man die Leichenträger, die den Sarg herunterbrachten.
    Diesmal verließ Monsieur Bouvet das Haus für immer. Ein Schluchzen stieg in Madame Jeanne empor, während neben ihr eine alte Frau mit einem Mondgesicht leise zu weinen anfing.
    Mrs. Marsh stieg eigenmächtig in den ersten Wagen. Der Vertreter des Beerdigungsinstituts versuchte vergeblich, auch ihre Tochter und ihren Schwiegersohn dort unterzubringen. Schließlich setzte sich Costermans gemächlich hinein, nachdem er zuvor Monsieur de Greef hatte einsteigen lassen.
    »Wollen Sie nicht einsteigen, Madame?«
    Madame Lair zögerte, schaute auf ihre eigene Tochter und ihre beiden Schwiegersöhne, die hinter ihr standen. Irrtümlich teilte man ihr Plätze neben den Gervais zu, aber sie ließ es geschehen. Warum auch nicht? Hatte ihr Bruder etwa Unterschiede gemacht?
    Es waren hier nur einige Frauen versammelt. Es hatte in seinem Leben noch mehr gegeben, auch all die jungen Negerinnen aus Ouélé, denen er Kinder gemacht hatte.
    Er hatte sie alle verlassen, eine nach der anderen. Er war fortgegangen. Er war sein Leben lang fortgegangen, und dies hier war seine letzte Abreise. Nicht ohne Mühe hatte sie bewerkstelligt werden können, und fast wäre sie fehlgeschlagen.
    Als der letzte Wagen vorfuhr, standen noch drei Personen am Bordstein, und diese drei Personen kümmerten sich nicht darum, wer von ihnen zuerst einstieg.
    Die Concierge ließ der dicken Mademoiselle Blanche den Vortritt, wollte dann selbst einsteigen, besann sich jedoch und sagte zu dem kleinen alten Mann, der schon damit
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