Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Das Begräbnis des Monsieur Bouvet

Titel: Das Begräbnis des Monsieur Bouvet
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
übernommen, sondern schon vor dem Krieg der Kammerdiener des Botschafters gewesen war.
    Niemand mißtraute ihm also. Der Botschafter am allerwenigsten, weil Corsico, was gewisse Dienste anbelangte, sein Vertrauensmann war. Ich spreche von seinem Privatleben. Der Botschafter hatte in der Tat ein ziemlich kompliziertes Sexualleben. Er hatte Wünsche, die diskret und gefahrlos zu befriedigen nicht immer leicht war.
    Eine Frau auf einmal genügte ihm nicht. Er brauchte immer mehrere und …
    Ich möchte hierauf nicht weiter eingehen. Der Kammerdiener, so scheint es nun, war ein exzellenter Organisator dieser Art Orgien, die in einem kleinen Haus stattfanden, das extra zu diesem Zweck in einem entfernten Stadtviertel gemietet worden war.
    Das ist alles.
    Bei solchen Gelegenheiten fiel es ihm nicht schwer, sich den Tresorschlüssel zu verschaffen und sich an die Arbeit zu machen, da er ja genau wußte, wieviel Zeit ihm zur Verfügung stand.
    Die Deutschen brauchten lange, bis sie hinter das Geheimnis kamen, und Klein hatte den Botschafter in Verdacht, den Kammerdiener höchstpersönlich vor seiner bevorstehenden Verhaftung gewarnt zu haben, weil er peinliche Enthüllungen vermeiden wollte.«
    »Wie haben Sie denn in Paris seine Spur wiedergefunden?«
    »Die Deutschen waren es, nicht ich. Diese Leute haben ein Gedächtnis wie Elefanten und sind rachsüchtig wie nur etwas. Sie hatten Fotos von ihm und, ich weiß nicht, wieso, Grund zu der Annahme, er habe sich in Paris niedergelassen.
    Ob sie sich nur rächen wollten? Oder ob sie sichergehen wollten, daß er keine für sie belastenden Dokumente mehr aufhob?
    Jedenfalls fanden sie schließlich seine Spur, und in ihrem Büro erfuhr ich, daß der Corsico von früher ein Kleinbürger geworden war und in einem Haus am Quai de la Tournelle unter dem Namen Monsieur Bouvet lebte.
    Ich kam diesen Herrschaften also zuvor, um ihn zu warnen und zur Flucht zu veranlassen.
    Daher mein Besuch bei der Concierge, die mich schon deshalb für einen Deutschen halten mußte, weil ich einen preußischen Haarschnitt trug.
    Ich war beruhigt, als ich erfuhr, daß er nicht in Paris war, daß er höchstwahrscheinlich das nichtbesetzte Gebiet erreicht hatte.
    Zwei oder drei Tage später begab sich die Gestapo ihrerseits in das Haus am Quai de la Tournelle.«
    »War denn nach Kriegsende der Intelligence Service nicht so neugierig, sich um Monsieur Bouvet zu kümmern?«
    »Wozu? Ich schickte meinen Vorgesetzten einen Bericht. In den Jahren nach Hitlers Ende hatte ich in Deutschland sehr viel Arbeit. Klein und einige andere wurden erschossen oder erhängt.
    Ich kam ab und zu nach Paris zurück, aber immer in einer bestimmten Mission, und hatte nie Zeit für etwas anderes.
    Rein zufällig sah ich neulich das Foto in der Zeitung. Ich handelte auf eigene Faust, da ich mir dachte, es sei besser, das offizielle Räderwerk nicht in Gang zu setzen.
    Letzten Endes ging es ja nur um eine einfache Überprüfung. Ich wollte sicher sein, daß Monsieur Bouvet keine Papiere in seiner Wohnung hatte, die in der Presse vielleicht Aufsehen erregt hätten.
    Ich muß Ihnen gleich gestehen, daß ich nichts fand, nicht ein einziges Schriftstück.
    Daß ich heute morgen dort vorbeiging, war ein Fehler, und die gute Concierge fiel über mich her wie über einen Dieb.
    Sie wird sehr enttäuscht sein, wenn sie in der Zeitung nichts über meine Festnahme findet.«
    Es klopfte an der Tür.
    »Entschuldigen Sie, Chef, ich dachte, Sie wären allein.«
    »Kommen Sie herein, Lucas. Gerade Sie sind ja zuständig dafür. Es geht um Monsieur Bouvet.«
    Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    »Noch ein Name, den Sie auf Ihre Liste setzen können: Corsico! Und noch ein Beruf: Kammerdiener.«
    »Ich habe gerade jemanden in meinem Büro, der unseren Mann 1908 in Tanger kannte, als er nahe am Sperrbezirk eine Bar hatte.«
    »Es werden noch mehr kommen. Wahrscheinlich auch Frauen. Übrigens, Madame Lair hat mich heute morgen in aller Frühe angerufen.«
    »Was hat sie denn für Neuigkeiten?«
    »Sie hat sich im Einvernehmen mit ihrem Anwalt entschlossen, die Ehe ihres Bruders nicht anzufechten und das Erbe Mrs. Marsh und ihrer Tochter zu überlassen.«
    »Die werden dann beide gegeneinander prozessieren.«
    »Voraussichtlich. Sie hat mich auch gefragt, wann die Beisetzung stattfinden kann.«
    »Und was haben Sie geantwortet?«
    »Wann sie will. Wir haben genug Fotos und Dokumente und brauchen den alten Mann nicht länger in seinem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher