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Das Auge der Ueberwelt

Das Auge der Ueberwelt

Titel: Das Auge der Ueberwelt
Autoren: Jack Vance
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konnte mit Mühe ausmachen, daß sie ein Land schwarzer Berge und dunkler Abgründe überflogen. Nicht lange, und der Nebel löste sich auf, um eine bleifarbene See zu enthüllen. Hin und wieder blickte er auf, aber das Dach des Käfigs verbarg den Dämon bis auf die Spitzen der lederigen Schwingen.
    Zuletzt erreichte der Dämon die nördlichen Gestade des Ozeans. Er stieß auf die Küste herab und ließ den Käfig aus einer Höhe von fünf Metern fallen.
    Cugel kroch aus dem zerbrochenen Käfig und rief dem davonfliegenden Dämon einen Fluch nach, dann stapfte er durch den Sand und niedrige Dornsträucher den sanften Hang hinauf, der sich hinter dem breiten Strand erhob. Als er die Anhöhe gewann, sah er im Norden marschige Einöden und eine ferne Gruppe niedriger Hügel, im Osten und Westen Ozean und leeren Strand.
    Wenige hundert Schritte westlich von seinem Standort waren Spuren einer alten Kaimauer zu sehen. Cugel spielte mit dem Gedanken, sie genauer zu untersuchen, hatte aber kaum drei Schritte getan, als Firx Stacheln in seine Leber trieb. Cugel drehte hastig um und folgte der Küste nach Osten.
    Bald hungerte ihn, und er erinnerte sich des Zaubers, den Iucounu ihm gegeben hatte. Er hob ein Stück Treibholz auf, rieb es mit der Tafel und hoffte auf eine Verwandlung in gebratenes Geflügel. Aber das Treibholz erweichte nur, behielt aber den Geschmack von Treibholz. Cugel kaute und würgte. Wieder eine Kerbe gegen Iucounu! Wie würde der Lachende Magier für all das bezahlen!
    Der Abend kam, und endlich stieß Cugel auf eine menschliche Siedlung: ein primitives Dorf am Ufer eines kleinen Flusses, der unweit davon ins Meer mündete. Die Hütten waren wie Vogelnester aus Lehm und Zweigen und stanken nach Kot. Zwischen ihnen bewegten sich Menschen, die so primitiv wie ihre Hütten aussahen. Sie waren gedrungen, roh und fettleibig; ihre derben Gesichter waren mit wirrem Haar bedeckt. Ihr einziges bemerkenswertes Attribut waren ihre Augen: blind scheinende violette Halbkugeln, die in jeder Beziehung dem Gegenstand in Iucounus Besitz glichen.
    Cugel näherte sich dem Dorf vorsichtig, aber die Bewohner beachteten ihn kaum. Wenn die von Iucounu begehrte Halbkugel mit den violetten Augen dieser Leute identisch war, dann war die Mission ein rein taktisches Problem.
    Cugel beobachtete die Dorfbewohner und fand manches, was ihm Kopfzerbrechen verursachte. So benahmen sie sich nicht wie die übelriechenden, zerlumpten Barbaren, die sie waren, sondern mit einer bemerkenswerten Erhabenheit und Würde. Cugel wunderte sich: waren sie ein Stamm von Narren? Jedenfalls schienen sie keine Bedrohung darzustellen, und Cugel wagte sich ins Dorfinnere vor. Einer der Einheimischen geruhte nun, von seiner Anwesenheit Notiz zu nehmen, und redete ihn mit gutturaler Stimme an: »Nun, Herr: was wollt Ihr? Was schleicht Ihr in unserer Stadt Smolod herum?«
    »Ich bin ein Wanderer«, sagte Cugel. »Ich bitte nur, zum Wirtshaus geführt zu werden, wo ich Nahrung und Unterkunft finden kann.«
    »Wir haben kein Wirtshaus; Wanderer und Reisende sind uns unbekannt. Trotzdem seid Ihr willkommen, an unserem Überfluß teilzuhaben. Dort drüben ist ein Pfarrhof.« Der Mann zeigte zu einer baufälligen Hütte. »Ihr mögt essen, was und soviel Ihr wollt; geht einfach in das Refektorium und wählt aus, wonach Euch zumute ist.«
    Cugel bedankte sich höflich.
    Er blickte vorsichtig in die halbverfallene Hütte, dann räumte er mit einiger Anstrengung den gröbsten Unrat hinaus und machte ein Gestell, um darauf zu schlafen. Die Sonne näherte sich dem Horizont, und er ging in den Nebenverschlag, den der Mann Refektorium genannt hatte. Die Schilderung des Dorfbewohners vom vorhandenen Überfluß war, wie Cugel bereits vermutet hatte, von hyperbolischer Natur gewesen. Auf einer Seite des Verschlags lag ein Haufen geräucherter Fische, auf der anderen stand ein Faß, das ein Gemisch aus Linsen und verschiedenen Samen und Getreiden enthielt. Cugel trug eine Portion davon in seinen Hüttenraum hinüber, wo er in trüber Stimmung sein frugales Mahl bereitete.
    Die Sonne war untergegangen. Cugel machte sich auf, um zu sehen, was das Dorf an Unterhaltung zu bieten hatte, fand die schmutzigen Gassen jedoch menschenleer. Er kehrte in seine Hütte zurück, brachte ein kleines Feuer in Gang und legte sich schlafen.
    Am folgenden Tag erneuerte Cugel seine Beobachtung des Dorfes Smolod und seiner violettäugigen Bewohner. Er bemerkte, daß niemand zur Arbeit ging, auch
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