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Ewiglich die Sehnsucht - Ashton, B: Ewiglich die Sehnsucht

Titel: Ewiglich die Sehnsucht - Ashton, B: Ewiglich die Sehnsucht
Autoren: Brodi Ashton
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Prolog
    VOR ZWEI WOCHEN
    Ich stellte mir gerade sein Gesicht vor – ein Junge mit weich fallendem Haar und braunen Augen –, als die Nährung endete.
    Zuerst wusste ich nicht, was passiert war. Ich wusste weder, wo ich mich befand, noch, warum es so dunkel war. Ich wusste nur, dass der Schmerz in mir – das Gefühl, von innen ausgesaugt zu werden – nachgelassen hatte und jetzt alles taub war. Vielleicht existierte ich einfach nicht mehr.
    »Es ist vorbei«, flüsterte Cole mir ins Ohr.
    Ich wollte antworten, doch mein Mund gehorchte nicht.
    »Nikki. Versuch, die Augen zu öffnen.«
    Deshalb war es dunkel. Weil meine Augen geschlossen waren. Ich hatte sie, ich weiß nicht, wie lange, fest zugedrückt. Die Muskeln um sie herum hatten vergessen, wie es sich anfühlte, zu entspannen. Daher dauerte es eine Weile, bis ich sie endlich aufbekam.
    Als es mir gelang, brannten sie, als käme eine frische Wunde mit kühler Luft in Berührung. Nach hundert Jahren wussten sie nicht mehr, wie sie Tränen erzeugen konnten.
    Es war noch immer dunkel um uns herum, doch als ich angestrengt blinzelte, trennten sich die schwarzen Formen, die mich an Cole gebunden hatten, nach und nach. Als würde sich eine Ölschicht von meiner Haut lösen.
    Ich konnte sehen.
    Ich schaute auf meinen Arm, von der Schulter bis zum Ellbogen, und noch etwas tiefer – dorthin, wo er hinter Coles Rücken verschwand. Meine Haut war so blass. Fast bläulich. Ich trug ein schwarzes Top. Ich überlegte, wann ich es angezogen hatte, aber es wollte mir nicht einfallen.
    »Nikki. Versuch, aufzustehen.«
    Ich schüttelte den Kopf und war überrascht, dass ich ihn überhaupt bewegen konnte. Die Schatten, mit ihren schwarzen, fließenden Formen, hatten uns so lange, so fest eingehüllt. Coles Kopf war neben meinem, seine Augen waren geschlossen, sein Kinn ruhte auf meiner Schulter, sein blondes Haar berührte meine Wange.
    »Lass dir Zeit.«
    »Mmm«, sagte ich. Mehr brachte ich nicht zustande.
    Ich fing mit kleinen Bewegungen an, krümmte die Finger und Zehen, schreckte die Muskeln aus ihrer Starre. Cole tat das Gleiche. Ich spürte den Druck seiner Fingerspitzen im Rücken, wie er die Durchblutung wieder in Gang brachte.
    Ich arbeitete mich zu den Knien vor, den Beinen, den Ellbogen, bewegte mich an Coles Körper entlang. Doch überall da, wo ich versuchte, meine Beine von seinen zu trennen, fing die Haut an zu brennen. Als wären wir zusammengenäht und ich würde uns auseinanderreißen.
    Ich stöhnte vor Schmerzen und zog ihn wieder eng an mich.
    Er ließ es zu. »Ich weiß, es wird schwer, Nik. Wir lassen es einfach langsam angehen, okay?«
    Ich schüttelte wieder den Kopf, und er hielt mich einige lange Minuten in den Armen, ehe wir erneut versuchten, uns voneinander zu lösen. Diesmal rieb er die frei werdenden Hautstellen, und für einen ganz kurzen Moment erinnerte ich mich an eine Frau, die mir ein Pflaster vom Knie riss und dann darüberstrich, um den Schmerz zu lindern.
    Aber als ich versuchte, mich auf das Bild zu konzentrieren, glitt es davon, und ich war wieder im Dunkeln.
    Ich zitterte und griff nach Cole, doch diesmal packte er meine Handgelenke, sanft und entschieden. Die Augen hatte er immer noch geschlossen.
    »Nik, es tut mir leid. Die Schatten sagen, die Nährung ist vorbei. Ich weiß, es fühlt sich unheimlich an, aber wir müssen uns daran gewöhnen.«
    Ich glaubte ihm nicht so recht. Ohne seine Umarmung fühlte mein Körper sich leer und hohl an. Als wären wir eine Person, geteilt. Nur dass es gar keine Teilung war. Er hatte mir alles genommen, was mich ausmachte … mich. Und ich würde erst wieder ich sein, wenn ich ihm nah war. Ich wusste nicht, ob mein Körper noch für sich allein bestehen konnte. Ich war nicht mehr ganz da, nicht mehr vollständig.
    Obwohl ich zitterte, setzte ich mich auf. Meine Beine hingen über die Felskante unserer Nische, und ich sah mich um. Wir waren in einer riesigen Höhle, deren Wände mit Hunderten von anderen Nischen übersät waren – alle genau wie die, in der wir uns befanden, doch sie alle waren leer.
    Irgendwo im Hinterkopf wusste ich, dass wir als Letzte mit der Nährung begonnen hatten. Deshalb waren wir als Einzige noch da. In die Felsen geschlagene Stufen führten im Zickzack zu den Nischen über uns. Der Höhlenboden war mit einem Meer aus schwarzem Schlamm bedeckt, der wogte und pulsierte wie ein See im Sturm.
    Noch mehr Schatten. Hunderte. Vielleicht Tausende.
    »Die strecken und recken
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