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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell
Autoren: Jina Bacarr
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mit meinem, wenn die Wellen der Leidenschaft durch uns hindurchrollen und wir dabei wissen, dass mein Hunger nach dir niemals gestillt wird.”
    “Das ließe sich einrichten”, zog sie ihn auf. Dann wurde sie einen Augenblick still, bevor sie ihm eine Frage stellte, die ihr anscheinend schon lange auf dem Herzen gelegen hatte. “Wirst du dein altes Leben vermissen, Paul?”
    Er holte tief Luft. “Nichts heilt so sehr wie die Liebe. Wenn ich in deine Augen sehe, dann vergesse ich meine Vergangenheit.” Seine Stimme verlor sich, und Traurigkeit umschattete sein Gesicht, als er in ihre Augen blickte. Eigentlich wollte er noch mehr sagen, aber er verfiel in eine schwere Stille, atmete den muffigen Geruch ein und verband die Vergangenheit mit der Zukunft. Unerwartete Erinnerungen tauchten plötzlich auf. Seine alten Freunde, Gauguin, Monet, Degas … alle waren sie inzwischen tot. Sogar sein Bruder, der Duke.
    Seltsam, dass er gerade an ihn dachte. Autumn hatte etwas getan, was sie eine Internetsuche nannte, und herausgefunden, dass der Duke von Malmont sich von seinen Wunden erholt hatte und nach England zurückgekehrt war. Er lebte dort bis ins hohe Alter und kehrte niemals nach Paris zurück.
    Noch einmal holte Paul tief Luft. Er durfte sich nicht in diesem Sog der Erinnerungen verlieren. Die Zukunft würde ihnen gehören, wenn sie sich nur trauten, zuzugreifen. Und mit Autumn an seiner Seite würde seine Kunst ihre gemeinsame Zukunft werden.
    Es hatte zwar einige Zeit gedauert, aber inzwischen waren seine Wunden verheilt, und er arbeitete jeden Tag sehr hart an sich. Kreative Funken schienen aus seinen Fingerspitzen zu schießen und den poetischen Dimensionen dessen, was er in dieser neuen Welt sah, Leben einzuhauchen. Er war bereit, die Kunstwelt herauszufordern.
    “Bist du bereit, zu gehen, Paul?”
    “Ja, das bin ich.”
    Er packte sein Malzeug zusammen, Skizzen, die er in der Zeit der Rekonvaleszenz angefertigt hatte, und andere Bilder. Mit Autumn an seiner Seite verließ er das Atelier und seine Vergangenheit. Der Morgennebel hatte sich während ihres kurzen Aufenthalts in dem Studio aufgelöst, die Sonne war hervorgekommen und leuchtete am Himmel so hell wie seine Zukunft. Die Schatten der Vergangenheit lagen hinter ihnen.
    “Ihr Ahnherr, Paul Borquet, war ein ziemlich attraktiver Teufel, Monsieur”, kicherte der alte Maler und zog an seiner Gauloise. Mit einem Nicken deutete er auf das lebensgroße Porträt hinter ihm an der Wand während er Pauls Bilder auf seiner Staffelei aufstellte und eingehend betrachtete.
    Ich habe irgendwie das Gefühl, dass er Paul kennt. Oder bilde ich mir das nur ein?
    “Und ein Casanova war er noch dazu, Monsieur. Zumindest erzählt man sich das”, ergänzte Paul und zwinkerte mir zu.
    Ich rolle die Augen und öffne meinen Mund, um zu sprechen. Aber dann behalte ich meinen Kommentar doch lieber für mich.
Er ist attraktiv und ein Genie, und nur ich werde jemals wissen, was für ein mutiger Mann er ist. Ich verdanke ihm mein Leben.
    Ich verlagere mein Gewicht auf den anderen Fuß und versuche, in meiner neuen Rolle als Kuratorin für Pauls Arbeiten geschäftlich zu wirken. Ich muss mich ganz schön zusammenreißen, um dem alten Künstler nicht von meinen Abenteuern in der Vergangenheit zu erzählen. In den letzten Wochen habe ich die Geschichte unzählige Male wiederholt. Dass ich von einem elektrischen Schlag getroffen wurde und die Straßen entlang in Richtung des
hôtel privé
irrte, wie Paul mich dort vor dem durch einen Blitzschlag in Brand gesetzten Haus rettete.
    Meine Mutter glaubt mir allerdings kein Wort davon.
    Auch wenn ich nur einen Nachmittag verschwunden war, so vermutet meine Mutter doch, dass ich eine Affäre mit dem attraktiven Maler habe und ihr nichts davon erzählen wollte. Ich werde nicht versuchen, sie vom Gegenteil zu überzeugen. Allerdings musste ich ihr versprechen, sie nächstes Mal, wenn ich Hilfe brauche, auf ihrem Handy anzurufen. Dann machte sie sich schon wieder auf den Weg in die
Cadolle Lingerie Boutique
, um sich einen neuen BH maßschneidern zu lassen.
    “Wusstest du, dass der BH vor über hundert Jahren hier in Paris erfunden wurde?”, fragte sie mich und musterte dabei Paul. Er schien ihr zu gefallen.
    Oh Mutter, und wie ich das weiß …
    Mein Herz schlägt wie wild, mein Verstand beginnt sich an den Rändern aufzulösen. Büstenhalter, Bordelle und mein schlimmer Maler.
    Ist das alles wirklich passiert?
    Nun bin ich wieder im
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