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Das Aktmodell

Das Aktmodell

Titel: Das Aktmodell
Autoren: Jina Bacarr
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er weiterlief, hörte er ein lautes Geräusch, das auf ihn zurollte und drohte, ihn mitzureißen, wenn er sich nicht am Geländer festhielte. Das dünne Geländer brach unter seinem festen Griff beinahe auseinander, schüttelte ihn hin und her, seinen Körper, sein Gehirn. Wurde er langsam verrückt, oder waren das tatsächlich die Schreie einer Frau, die direkt auf ihn zuschoss?
    Ich falle die Treppe hinunter, überschlage mich in der Luft, und die Petticoats wickeln sich um meine Beine. Ich habe keine Kontrolle mehr, versuche mich an etwas festzuhalten, als mein Körper abrupt durch irgendetwas oder irgendjemanden aufgehalten wird.
    Jemand?
fragt mein kritischer Verstand.
Wer sollte das sein?
    Selbst das laute Heulen kann die dunkle Stimme nicht übertönen, die meinen Namen ruft, oder das Gefühl seiner Hände von mir reißen, mit denen er sich an mich drückt. Starke Arme umfassen meine Hüfte, mit seinen verbrannten Händen bedeckt er meine nackten Brüste, streichelt mich, tröstet mich. Ich lege meine Hände auf seine, versuche ihm den Schmerz zu nehmen. Ich kann nicht sprechen, aber ein lautes Stöhnen dringt aus der Tiefe meines Innern. Sogar in der tödlichen Dunkelheit dieses Ortes fühle ich mich wieder lebendig, meine Seele wie neugeboren.
    Wie auch immer er es geschafft hat, aber Paul hat mich erneut gefunden.
    “Autumn”, höre ich ihn rufen, während er gegen den Wind ankämpft, der uns nach unten drängt.
    “Lass mich nicht los … lass mich nicht los!”, rufe ich und halte mich an ihm fest. Ich kann ihn zwar nicht sehen, aber ich spüre sein angstverzerrtes Gesicht.
    “Was passiert hier?”, ruft er mir ins Ohr.
    “Irgendjemand … irgendetwas zieht uns in meine Zeit zurück”, brülle ich zurück.
    “
Deine
Zeit?”
    “Ja, über hundert Jahre in der Zukunft.”
    Paul sagt nichts. Ich kann mir vorstellen, was er gerade denkt oder fühlt. Einige Minuten kämpft er sich langsam die Stufen nach unten und hält mich dabei um die Taille fest. Meine sensiblen Brustwarzen drücken sich gegen seinen Rücken, die ständige Reibung lässt mich überrascht aufstöhnen. Selbst in diesem Chaos und mit der Angst, die durch meinen Körper sprudelt, genieße ich seine Nähe.
    Den Strudel bekämpfend, der uns mit sich ziehen will, zwängen wir uns durch die Innereien des Monsters, das versucht, uns gefangen zu halten. Unsere Gesichter sind verbrannt vom Wind, unsere Glieder schmerzen vor Anstrengung, aber wir gehen weiter, stolpern immer wieder, wenn uns eine scharfe Windbö trifft. Die kosmischen Kräfte werden uns nicht schlagen. Das weiß ich so sicher, wie ich weiß, dass ich Paul mehr als alles in der Welt liebe, in der Vergangenheit wie in der Gegenwart.
    “Der Wind hat nachgelassen”, höre ich ihn sagen.
    “Wahrscheinlich nähern wir uns gerade dem Ende der Treppe.” Ich bemerke, dass meine Stimme wieder scharf und klar klingt.
    Wir bewegen uns langsam. Vorsichtig. Tasten uns mit den Händen vor auf der Suche nach einer Wand, irgendetwas, das uns anzeigt, dass eine Tür in Reichweite ist. Ich kann es kaum glauben, als meine Fingerspitzen tatsächlich einen harten Untergrund berühren.
    “Ich habe sie gefunden, Paul”, rufe ich aus und streiche über die kleine Tür. Ich kann ihn zwar nicht sehen, aber ich fühle, wie Paul sich an mich drückt. Seine Berührung schießt wie ein elektrischer Stoß durch meinen Körper. Er lehnt sich mit seiner Schulter gegen die Tür. Überrascht bemerke ich, dass sich der Boden unter uns nicht mehr bewegt und der Wind nicht mehr ist als ein kleiner Quälgeist, der sich um unsere Füße windet. Der plötzliche Wandel im Treppenhaus ist genauso seltsam wie vorher der starke Wind. Kann ich hoffen, dass wir die dunklen Kräfte besiegt haben?
    “Die Tür geht nicht auf”, sagt Paul. “Bleib hinter mir.”
    Ich höre sein lautes Keuchen, als er sich mit der Schulter gegen die Tür wirft, aber sie gibt nicht nach. Wieder spüre ich modrige Kälte in mir aufsteigen. Entsetzt schreie ich auf, als der Boden unter mir erneut nachgibt, mich nach unten zieht, fort von Paul. Mein Gott, die dunkle Kraft will mich für sich. Panik schießt durch meinen Körper.
    “Paul!”, schreie ich.
    “Ich hab dich.” Er greift nach meinem Arm und zieht mich nach oben. Fest hält er mich an seine Brust gedrückt, und ich fühle die gleiche sinnliche Verbundenheit wie am ersten Tag, als wir uns in seinem Studio getroffen haben. Noch bevor ich tief Luft holen kann, hat Paul die Tür
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